Tausendundeine Nacht mit dir
seiner zukünftigen Frau. Irgendwie würden sie also einen Weg aus diesem Dilemma finden müssen.
War es da verwunderlich, dass sie den ganzen Tag damit verbracht hatte, sich vorzustellen, sie sei seine … Ja, was? Seine Beute? Seine Braut? Die Seine?
Ein erregender Schauer durchlief sie, Sehnsucht und Verlangen erfassten sie.
Mit leeren Augen starrte Belle in ihrem Zimmer vor sich hin. Der Schock von der Entführung saß ihr noch in den Knochen. Sie erholte sich, aber sie stand noch immer unter Stress. Alles völlig logisch zu erklären. Kein Grund, sich Sorgen zu machen.
Und dennoch … da gab es mehr als diese wirren Fantasien. Zwischen ihr und Rafiq bestand eine Verbindung, wie sie sie nie zuvor erfahren hatte. Dieser drängende Wunsch, ihm nahe zu sein, ihm zu gehören …
Es kostete sie allen Mut, es sich selbst einzugestehen. Deshalb zogen sich die Stunden auch so endlos hin, deshalb waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt.
Sie sagte sich, dass er in Sicherheit sei. Er war das Staatsoberhaupt von Q’aroum, sein Volk würde nicht zulassen, dass dem geliebten Herrscher ein Leid geschah.
Sie brauchte unbedingt etwas, um sich abzulenken.
Zu Hause hatte sie schon angerufen. Über eine Stunde hatte sie mit ihrer Mutter geredet und sie überzeugt, dass es ihr gut ging, dass keine Notwendigkeit bestand herzukommen. Mit Rosalie, ihrer hochschwangeren Schwester, hatte sie auch gesprochen. Rose hatte ausgeglichener geklungen als je zuvor. Scheinbar hatte sie sich auf ihr Leben als alleinerziehende Mutter eingerichtet.
Belle marschierte unruhig durch das Zimmer. Auf ein Buch würde sie sich jetzt wohl kaum konzentrieren können. Da fiel ihr Blick auf die in die Wand eingelassene, mit reichen Ornamenten geschnitzte Verblendung.
Ja, das Holz ließ sich schieben und verschwand in der Wand, um einen großen Flachbildschirm freizugeben. Belle nahm die bereitliegende Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein, wechselte durch die verschiedenen internationalen Kanäle, bis das Bild eines nationalen Senders sie stutzen ließ.
Es waren die Nachrichten. Das schnelle Arabisch des Sprechers verstand sie nicht, aber die Bildeinschübe konnte sie lesen. Shaq’ara. Wohin Rafiq vor so vielen Stunden geeilt war.
Ihr Mund wurde trocken, als sie auf das Bild der Verwüstung starrte. Ein tiefer Krater war in einer breiten Straße zu sehen, rundherum standen verbrannte Autos, Scherben und Metallteile lagen auf dem aufgebrochenen Asphalt. Feuerwehr- und Notarztwagen rasten mit heulenden Sirenen heran.
In der heutigen Zeit schon fast vertraute Bilder – ein Bombenanschlag. Doch hier in Q’aroum? Belle schüttelte fassungslos den Kopf. Das Land war seit Langem für seineinnere Sicherheit bekannt.
Jetzt wurde die Nahaufnahme zweier Männer eingeblendet. Der eine, älter, mit grauem Bart und Turban, streckte die Arme einem anderen entgegen, gekleidet in Robe und mit typisch arabischer Kopfbedeckung, der die Oberarme des Alten mit festem Griff fasste.
Rafiq! Fast hätte sie ihn nicht erkannt. Doch es war unverkennbar sein Profil. Und selbst wenn sie ihn nur auf dem Bildschirm sah, zog sich ihr Magen zusammen.
Eine Menschenmenge hatte sich versammelt, applaudierte mit hocherhobenen Armen vor den beiden Männern, skandierte immer wieder Rafiqs Namen.
Frustriert schaltete Belle den Fernseher aus und begann erneut im Zimmer auf und ab zu laufen. Was immer in Shaq’ara passiert war, Rafiq wurde dort gebraucht, um sein Volk zu unterstützen.
Ihre Angst wuchs. Ohne auch nur einen Gedanken zu verschwenden, hatte er sich in eine gefahrvolle Situation begeben. Niemand konnte für seine Sicherheit garantieren. Doch das war ihm gleich. Nach nur vier Tagen kannte Belle ihn gut genug, um zu wissen, dass sein Pflichtbewusstsein es ihm verbot, an sich selbst zu denken, wenn das Leben anderer in Gefahr war.
Würde er unversehrt zurückkommen?
Es musste gegen elf Uhr nachts sein, als Belle vertraute Schritte hörte. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie sich zur Tür umdrehte.
Und dann stand er dort, und sie nahm nichts anderes mehr wahr. Er trug noch die Robe, mit der sie ihn im Fernsehen gesehen hatte, darüber eine reich verzierte Weste, die ihn exotisch und unendlich romantisch wirken ließ. Die Kopfbedeckung hatte er abgelegt, das schwarze Haar war straff zurückgebunden, betonte so die markanten Züge.
Er sah umwerfend aus.
„Rafiq! Geht es Ihnen gut?“
„Natürlich, Belle. Wieso schlafen Sie noch nicht? Stimmt etwas
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