Tausendundeine Nacht mit dir
hatte nie denWunsch, von hier wegzugehen, nachdem man sie von einem Schiff … befreit hatte.“
Belles Augen wurden groß. Erstaunt schüttelte sie den Kopf. „Ihre Urgroßmutter?“
„Sie blieb mit Freuden, nachdem sie meinen Urgroßvater traf. Sie war auf dem Weg von England nach Indien, um dort einen hohen Militär zu heiraten, den sie gar nicht kannte. Die Familiengeschichte berichtet, dass die beiden die große Liebe miteinander gefunden haben.“
„Aber sie konnte doch nicht …“
„Was?“ Er runzelte die Stirn. „Sie konnte keinen Mann aus meiner Kultur lieben?“ Stolz ließ seine Stimme schärfer werden. Stolz auf das Herrscherblut von Generationen.
„Nein, das meinte ich nicht.“ Sie schüttelte den Kopf, dass die goldenen Strähnen flogen. „Ich meine, wie konnte sie akzeptieren, nur eine von vielen Frauen in einem Harem zu sein?“
„Ah.“ Er nippte an seinem Kaffee und setzte sich zurück, seltsam zufrieden über ihren Ausbruch. „Es geht Ihnen also nicht um die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden, sondern um ihre Stellung in seinem Herzen. Sie sind eine Romantikerin, Belle.“
Kampflustig hielt sie seinem Blick stand und schob das Kinn ein wenig vor, eine Geste, die ihm inzwischen vertraut war. „Es scheint doch, als hätte sie gar keine Wahl gehabt. Sie hat alles für ihn aufgegeben, während er sich genommen hat, was er wollte.“
„Natürlich könnte man es so betrachten … wäre sie nicht ebenso verrückt nach ihm gewesen wie er nach ihr.“ Er sah, wie sie verwundert die Augen aufriss. Offensichtlich war ihr nie in den Sinn gekommen, dass seine Ahnin genau das bekommen hatte, was sie wollte, auch wenn das erste Zusammentreffen mit ihrem Ehemann vielleicht etwas ungewöhnlich gewesen war. „Machen Sie sich deshalbkeine Gedanken, Belle.“ Er legte seine Hand auf ihre und umschloss ihre Finger. Starke, fähige Finger, genau wie die Frau selbst. „Ich sagte Ihnen doch, es war die wahre Liebe. Sie waren einander bis an ihr Lebensende treu. Er war ein junger Mann, als er sie eroberte. Und im Harem lebten die weiblichen Verwandten, nicht seine Frauen.“
Leicht strich er ihr über das Handgelenk, dort, wo ihr Puls hämmerte. Ihr frischer Duft bezauberte ihn. „Genau genommen hat mein Urgroßvater eine Lebensweise eingeführt, die zur Familientradition geworden ist.“ Von einem Dämon getrieben, den er nicht benennen konnte, beugte er sich weit vor, nahe zu ihr heran. „Seit jener Zeit wählen die Männer der al Akhtars nur eine Frau. Und wenn sie die eine finden, lassen sie sie nie wieder gehen.“
Belles Atmen durchschnitt laut hörbar die Luft. Die Spannung zwischen ihnen wuchs, wurde immer intensiver, Rafiq spürte es in jeder Muskelfaser. Abrupt ließ er ihre Hand los, und hastig zog Belle ihre Finger zurück. Doch das Verlangen in ihm, mehr von ihrer seidigen Haut zu spüren, ließ nicht nach.
Sie hatte jeden Grund der Welt, nervös zu sein.
Rafiq nahm eine Erdbeere und biss hinein, erfreute sich an der süßen Frische, ohne die Augen von Belles Gesicht zu wenden. Ob sie ebenso süß wie Sommerfrüchte schmecken würde? Reif und köstlich?
„Doch wir sollten uns wieder der Gegenwart zuwenden“, meinte er schließlich. „Gestern Abend sagten Sie, Sie wünschen in das Quartier der Forschungsmannschaft zurückzukehren.“
„Stimmt. Ich habe vieles nachzuholen und zu organisieren. Man wird wohl erst einen Ersatz für Duncan schicken und dann den Rest der Mannschaft. Außerdem möchte ich so bald wie möglich wieder zu dem Wrack hinuntertauchen.“
Er setzte seine Tasse ab. „Ganz so einfach wird es wohlnicht werden.“
Sie reckte die Schultern, so als würde sie sich für die schlechten Neuigkeiten wappnen. „Ist etwas mit dem Wrack passiert? Hat der Sturm es zerstört?“
Bei all den Wiederaufbauarbeiten nach dem Zyklon hatte wirklich niemand es für nötig gehalten, nach einem alten Schiffswrack zu sehen. „Unser Problem hat nichts mit Ihren Forschungen zu tun, sondern mit dem Lösegeld, das für Sie gezahlt wurde.“
Eine tiefe Falte erschien auf ihrer Stirn. „Aber Sie haben uns doch gerettet. Wieso sollte dann ein Lösegeld bezahlt worden sein?“
Sie hatte also im Krankenhaus nichts davon gehört. Er rechnete dem Personal die Diskretion hoch an. „Es gab berechtigten Grund zu der Annahme, dass Ihnen ernstes Leid widerfahren würde, sollte das Lösegeld nicht gezahlt werden.“ Er erinnerte sich nur zu gut an die hitzige Debatte mit seinen
Weitere Kostenlose Bücher