Tausendundeine Nacht mit dir
ihnen, doch das stimmt nicht. Daher traf ich mich heute in Shaq’ara mit einigen der respektiertesten Führer der Gesellschaft. Sie haben mir versichert, sie werden niemals jene unterstützen, die Gewalt einsetzen.“
Sie nickte, und Rafiq fühlte das Ziehen in den Lenden, als ihre Blicke sich begegneten. Wenn er ehrlich war … es würde ihm Vergnügen bereiten, seine Pflicht zu erfüllen. Wahrscheinlich hatte er aus diesem Grund die Idee abgetan – weil sie nichts anderes wäre als die Erfüllung seiner eigenen, höchst eigennützigen Wünsche.
„Diese Gruppe versucht das Land durch Gewalt zu destabilisieren. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass sie von einem Verwandten angeführt werden. Ein entfernterCousin, der alles daransetzt, selbst Scheich zu werden.“
Belle runzelte die Stirn. „Aber wenn er nur ein entfernter Cousin ist, wie kann er dann …?“
Rafiq hob die Hände. „Der Titel wird in direkter Linie weitervererbt, doch manchmal, in Zeiten großer Unruhe oder wenn der Herrscher unfähig ist, geht die Herrschaft an ein anderes männliches Mitglied der al Akhtar-Familie. Eine solche Entscheidung wird vom Ältestenrat getroffen.“ Offensichtlich glaubte Selim, mit Gewaltakten eine solche Entscheidung herbeizuzwingen. „Ihre Entführung gehörte mit zu diesem Plan. Der Tod zweier ausländischer Staatsbürger hätte enormen Druck auf das Parlament ausgeübt. Auch das Lösegeld für die Freilassung war eine sehr bewusst gewählte Forderung und das Kernstück dieser Strategie. Das Pfauenauge hat einen festen Stellenwert in der Geschichte unseres Landes. Es wird assoziiert mit der al Akhtar-Dynastie und der Bestimmung meiner Familie, die Regentschaft des Landes zu tragen. Ihnen mögen solche Vorstellungen antiquiert erscheinen, doch der Verlust des Pfauenauges ist gleichzusetzen mit dem Prestigeverlust des Herrscherhauses. Und beweist somit meine Unfähigkeit, das Land zu regieren.“
Er dachte an seinen Vater und seinen Großvater und ihre beharrlichen Anstrengungen, Q’aroum in die moderne Welt zu führen. Nein, er würde sie nicht enttäuschen.
„Mein Land ist erst seit dreißig Jahren eine Demokratie.“ Er hoffte, sie würde verstehen. „Viele glauben noch, dass die Scheichs die einzigen auserwählten Führer sind. Deshalb haben wir ein System, in dem Parlament und Staatsoberhaupt sich die Macht teilen. Die Stabilität unserer Nation hängt vom reibungslosen Funktionieren dieser Aufteilung ab.“
„Und wenn es nicht funktioniert?“
„Dann besteht die Gefahr, dass Chaos ausbricht.“ Erhob abwehrend die Hand. „Ich glaube nicht, dass es dazu kommt. Die Q’aroumis sind ein friedliebendes Volk, trotz ihrer bewegten Vergangenheit. Sie sehen auch die Vorteile einer modernen Regierung. Bombenattentate werden nicht ausreichen, Selim zu geben, was er haben will.“
Deshalb machten Rafiqs Sicherheitsleute auch ein solches Aufhebens um seine persönliche Sicherheit. Seine Ermordung würde viele von Selims Problemen auf einen Schlag lösen.
„Wir kennen die Verschwörer, nach ihnen wird im ganzen Land gefahndet“, fuhr er fort. „Lange werden sie nicht mehr auf freiem Fuß sein. Fraglich bleibt, wie viel Schaden sie bis zu ihrer Verhaftung anrichten können. Es ist von ungeheurer Wichtigkeit, dass es keine Anzeichen von Schwäche seitens der Regierung gibt. Oder von meiner Seite.“
„Was also werden Sie tun?“
Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Belle wusste genau, dass er nicht tatenlos darauf warten würde, bis etwas geschah. Er streckte den Arm aus und zog Belle langsam zu sich heran, bis er ihre Wärme fühlen konnte. Ja, sie gehörte an seine Seite, hierher und nirgendwo anders.
Vorsichtig nahm er ihre Hand und fuhr mit einem Finger über die Innenfläche. Belle erzitterte kaum merklich, doch er spürte es genau. Es gab sie, diese seltsame Verbindung zwischen ihnen, und sie wusste es ebenso gut wie er.
Er würde es genießen, seine Pflicht zu erfüllen. So, wie sie es ebenfalls genießen würde.
Rafiq hob den Blick. „Sie haben recht, habibti , ich muss etwas tun. Das Volk hält Sie für meine Auserwählte. Die Menschen denken, ich habe das Pfauenauge für Ihre Liebe hergegeben. Jede andere Erklärung wäre ein Zeichen der Schwäche, etwas, das sie bei ihrem Fürsten nie akzeptieren werden.“ Er hielt inne und sah ihr tief in die Augen. „Ich werde Sie also zu meiner Braut machen, Belle.“
6. KAPITEL
Nur gut, dass sie schon saß!
Rafiqs Worte hallten in
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