Tausendundeine Nacht mit dir
Moderne und Althergebrachtem. Es ist unerlässlich, dass ich als Staatsoberhaupt Stärke beweise, vor allem in der jetzigen Krise.“ Er lehnte sich in die Polster zurück und spreizte in einer ausdrucksvollen Geste die Finger. „Mein Volk ist romantisch genug, um zu glauben, dass ich ausLiebe handle. Alles andere – wie die Übergabe des Landesschatzes für das Leben einer ausländischen Staatsbürgerin – würde als Zeichen der Schwäche angesehen. Und das wiederum würde Selim freien Spielraum für seine Pläne geben. So sieht die Alternative aus, Belle. Und genau das muss ich unter allen Umständen verhindern.“
Auf schreckliche Weise ergaben seine Ausführungen Sinn. In dem einen Monat, den sie jetzt in Q’aroum war, hatte sie genug über das Leben hier erfahren, um zu wissen, wie sehr der Scheich verehrt wurde. Sein Prestige galt als Maßstab für das gesamte Land.
Und dann war da noch das, was er nicht ausgesprochen hatte. Die meisten Länder dieser Erde, einschließlich ihres eigenen, ließen sich nicht auf Verhandlungen mit Terroristen ein. Rafiq hatte diese allgemein übliche Vorgehensweise nicht befolgt, sondern sich ohne Rücksicht auf seinen Ruf für ihr Leben eingesetzt. Wären die Verhandlungen den Diplomaten und Politikern überlassen geblieben, wäre sie wahrscheinlich längst tot.
Wie konnte sie ihm da die vorgeschlagene Lösung verweigern?
Rafiq wartete, bis Belle ihre Familie informiert hatte. Am nächsten Morgen erfolgte dann die offizielle Ankündigung der Verlobung. Und bereits gegen die Mittagszeit drängten sich die ersten Gratulanten vor den Toren des Palastes.
Was für eine Frau habe ich da gewählt, dachte Rafiq mit einem leichten Lächeln, als er sich in die traditionelle Tracht kleidete. Bis in die frühen Morgenstunden hatte Belle protestiert und argumentiert und Gründe angeführt, weshalb eine Heirat unmöglich war.
Besäße sie nicht diese Leidenschaft für die Meeresarchäologie, sie hätte eine großartige Karriere als Anwältin vor sich gehabt.
Letztendlich jedoch hatte sie einsehen müssen, dass diese Heirat notwendig war, und ihre Zustimmung gegeben.
Ein anderer Mann wäre vielleicht über ihre anfängliche Zurückweisung in seinem Stolz verletzt, doch Rafiq konnte unter die Oberfläche blicken. Wer wäre nicht entsetzt über eine Heirat mit einem Fremden? Hatte nicht er selbst sich mit seinen einunddreißig Jahren immer gegen eine Ehe gesträubt? Belle wehrte sich, weil sie ihre Freiheit nicht aufgeben wollte. Und jetzt war ihr die Entscheidung wegen der Notwendigkeit aus der Hand genommen worden. Eine Frau wollte umworben, hofiert werden, von einem leidenschaftlichen Mann, der ihr Romantik bot.
Nun, es war seine Pflicht, sicherzustellen, dass Belle all diese Wünsche erfüllt bekam. Denn unter ihren Argumenten gegen die Heirat hatte eines gefehlt – dass sie beide nicht zusammenpassten. Und ihr Körper reagierte unmissverständlich auf ihn, war wie ein Spiegel seines eigenen Verlangens.
Ja, er würde dafür sorgen, dass sie das gleiche Vergnügen an dieser Verbindung fand wie er.
Rafiq zog die lange Weste über, reich bestickt mit den königlichen Symbolen von Falke und Pfau, und band sie zusammen. Als er sich auf den Weg zu der Frau machte, die auf ihn wartete, lag Schwung in seinem Gang.
Belle stand still wie eine Statue, während die Dienerinnen ihr die seidenen Roben anlegten. Es war wohl eine ausgesprochene Ehre für die Frauen, die Braut des Scheichs für den ersten öffentlichen Auftritt herzurichten. Sie freuten sich für sie, lachten glücklich und drückten ihr kleine Geschenke in die Hand, ein filigranes Fläschchen mit Parfüm, eine mit Perlmutt ausgelegte Schatulle, ein Sträußchen frisch gepflückter Blumen.
Doch trotz der traumhaften Umgebung kam sie sich allesandere als wie in einem Märchen vor.
Belle war eiskalt. In der Nacht hatte sie kaum Schlaf gefunden, hatte sich unruhig im Bett gewälzt. Ihr ganzes Leben war auf den Kopf gestellt worden. Aus politischer Notwendigkeit war sie an einen Mann gebunden, den sie kaum kannte. Sie würde Staatsbürgerin eines Landes werden, in dem sie sich erst vier Wochen aufgehalten hatte. Und trotz aller Versicherungen Rafiqs glaubte sie nicht daran, dass sie ihren Beruf weiter würde ausüben können. Als Prinzessin konnte sie wohl kaum durch die Welt reisen und nach alten Schiffwracks tauchen.
Rafiq hatte auch sofort zugesichert, sie könne häufige Reisen nach Australien unternehmen, um ihre Familie
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