Tausendundeine Nacht mit dir
Beide auf diese Weise zu verlieren!“ Tiefes Mitgefühl lag in ihrem Blick, als sie ihn jetzt ansah.
„Ich hatte meinen Großvater. Er war immer für mich da und hat sich liebevoll um mich gekümmert. Dafür muss ich dankbar sein. Er war ein großer Mann.“
„Dessen bin ich sicher.“ Und dann überraschte sie ihn mit dem ersten Kompliment: „Er hat großartige Arbeit geleistet. Er wäre stolz auf dich.“
Seltsam, aber ihre Worte bedeuteten ihm außerordentlich viel. „Ich fühle mich geehrt, dass du so denkst. Und ich bin sicher, deine Mutter muss eine erstaunliche Frau sein, wenn sie eine Tochter wie dich erzogen hat.“
Zufrieden beobachtete er, wie die Farbe in ihre Wangen zurückkehrte. Zeichen von Kummer auf ihrem Gesicht zu sehen, so wie vorhin, als die Rede von ihrem Vater gewesen war, missfiel ihm zutiefst. „Ich freue mich bereits darauf, sie kennenzulernen. Und darauf, mit ihr persönlich zu sprechen.“ Um ihr seine Aufwartung zu machen und ihr zu versichern, dass er alles in seiner Macht Stehende tun würde, um ihre Tochter zu schützen und zu versorgen. „Denn schon bald sind wir eine Familie.“
Sechs Tage später hatte sich Belles Welt von Grund auf verändert. Vor Tausenden von Q’aroumis gab sie dem herrschenden Landesfürsten ihr Jawort. Millionen von Zuschauern auf dem ganzen Erdball verfolgten die Hochzeitszeremonie am Fernsehbildschirm.
Und nichts davon schien Belle real zu sein. Bis jetzt.
Irgendwo schlug eine Uhr Mitternacht, und zum ersten Mal war sie mit Rafiq allein. In der Privatsphäre des luxuriösen Salons sah sie in die Augen des Mannes, den sie geheiratet hatte. Er musterte sie unverwandt, mit scheinbarunerschütterlicher Ruhe. Sein durchdringender Blick zehrte an ihrer Selbstbeherrschung und machte sie immer nervöser. Ihr Atem ging unregelmäßig und flach, ihre Handflächen wurden feucht.
Den ganzen Tag über hatte sie eine Rolle gespielt – die der glücklichen Braut. Hatte an Rafiqs Seite gestanden, erst bei der traditionellen Q’aroumi-, dann während einer westlichen Zeremonie. Lächelnd hatte sie Glückwünsche von Staatsmännern und Diplomaten entgegengenommen und beim Pressetermin in die Kameras gelächelt.
Und jetzt waren sie allein. Das unwirkliche Gefühl, das den Tag über angehalten hatte, zerstob, als Rafiq auf sie zukam. Das hier war keine Illusion.
Ihre Muskeln spannten sich an, Adrenalin schoss durch ihre Adern.
Aus Angst? Oder aus Erwartung?
Obwohl sie in kostbarer Seide und Satin gekleidet war, ließ das, was sie in den grünen Augen erkannte, sie sich verletzlicher fühlen als an jenem Tag ihrer Rettung, da sie nichts als einen dünnen Badeanzug getragen hatte. Damals war er ihr Retter gewesen. Jetzt war er ihr Mann. Sie erkannte heißes Verlangen und Besitzerstolz in seinem Blick, und es verbrannte sie bis in ihr Innerstes. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück.
Rafiq blieb stehen, kniff fragend die Augen zusammen. „Du musst müde sein. Es war ein langer Tag, für uns beide. Hilfst du mir?“ Er griff nach einem Ende seiner kunstvoll gewickelten Kopfbedeckung und begann, das Tuch zu lösen.
„Natürlich.“ Hauptsache, sie hatte etwas zu tun, womit sie sich ablenken konnte.
Sie achtete nicht auf das Rascheln der edlen Stoffe, ignorierte das Gewicht des goldenen Colliers an ihrem Hals. Luxus und Juwelen – sie waren Teil dieser königlichen Märchenhochzeit. Diese Dinge änderten nicht, was sie war: eine Karrierefrau aus einer anderen Welt, mit einer exzellenten Ausbildung, intelligent und unabhängig. Sie durfte es nur nicht vergessen.
Belle mied seinen Blick, als sie nach dem weichen Leinentuch griff. So schnell er es abwickelte, so schnell faltete sie es akkurat zusammen, konzentrierte sich völlig auf die einfache Aufgabe. Dennoch schloss seine Aura sie ein, sie spürte seinen Atem an ihrer Wange, sein Duft lockte all ihre Sinne.
Und sein Blick … er war wie eine Liebkosung. Glitt sanft über ihr Gesicht, blieb auf ihren vollen Lippen haften, strich weiter hinunter zu ihrem Hals, zu dem schweren Collier, zu ihren Brüsten. Sie fühlte, wie die Knospen sich aufrichteten, wie die Rundungen verlangend unter dem Satin der Korsage anschwollen.
Fast fertig. Sie zog leicht an dem Tuch, Rafiq ließ los, und sie trat zurück.
„Danke, Belle.“
Ihr Puls stockte, als sie ihn ansah. Unter der Kopfbedeckung hatte er sein Haar offen gelassen, jetzt fiel es ihm lang und schimmernd über die Schultern. Es hätte feminin aussehen
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