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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Suckert
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Umschweife: „Sag mal, Leon, wie alt bist du?“
    „Fünfunddreißig.“
    Ich schluckte. „Oh, Entschuldigung, ich hätte dich so um die einundvierzig geschätzt. Die silbergrauen Haare, weißt du?“
    „Ja, gib es mir ruhig, bin Kummer gewöhnt.“
    Ich lächelte verlegen.
    „Du hast ein echt süßes Lächeln, das ist mir als erstes aufgefallen und du hast schöne Augen. Vor allem aber einen perfekten Körper.“
    Beim seinem letzten Satz verschluckte ich mich. Ich hustete unaufhörlich.
    „Du musst den Kopf nach unten halten, nur so kann die Flüssigkeit aus der Luftröhre raus. Was stört dich übrigens an meinem Alter?“
    „An deinem Alter stört mich nichts, eher an meinem. Ich bin fünfzig.“ Ich schlug mal schnell ein Jahr drauf, das erhöhte die Chance auf den „Wow-Effekt“.
    „Du lügst, Juliane. Du bist nie fünfzig. Und selbst wenn, du gefällst mir.“
    Bei mir bimmelten nun alle Alarmglocken. Doris und Henryk verabschiedeten sich, der Braten musste vernascht werden. Und auch ich beschloss, mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Ich drehte mich zu Leon um: „Also, ich gebe dir meine Telefonnummer, wenn du morgen immer noch der Meinung bist, du bist nicht zu jung für mich, dann rufe einfach an.“
    Ich steckte ihm den Zettel in die Brusttasche seines Hemdes und hoffte, ihn einmal ohne Oberteil zu sehen. Dann küsste ich ihn auf die Wange und hauchte „Träume süß“.
     
    Whisky lag auf dem Bett und gähnte mich an. Ohne mich zu waschen oder Zähne zu putzen legte ich mich neben ihn und schlief sofort ein. Die Nacht über musste ich dreimal aufs Klo, dann wachte ich von meinem eigenen Schnarchen auf und mein Kopfkissen hatte ich auch noch voll gesabbert. Drei Tatsachen, die dagegen sprachen, mich mit Leon einzulassen. Eigentlich vier, ich vergaß die Schlankstützhose.
    Leon rief mich tatsächlich an. „Tut mir leid, dass ich mich erst heute melde. Aber ich habe deinen Zettel gerade eben erst gefunden. Hatte wohl doch etwas viel getrunken.“
    „Wer ist da?“, fragte ich derb, um gleich danach zu sagen: „war ein Scherz, schön, dass du dich meldest, Leon.“
    „Ich würde dich gern zum Essen einladen. Passt es dir am Freitagabend?“
    Ich zögerte nicht eine Minute und sagte zu.
    Diese Neuigkeit wollte ich sofort Caroline mitteilen. Ich rief sie an. Aber ich kam gar nicht zum Zug. Sie hätte mich sowieso gleich angerufen, sagte sie, denn es gäbe etwas ganz Neues zu erzählen. Ihr Martin sei wieder zurückgekehrt. Er hatte sich von seiner Immobilientante getrennt. Diese Neuigkeit war natürlich brisanter als die Mitteilung, dass ich ein Date hatte.
    „Was heißt das jetzt?“, wollte ich wissen und fragte gleich weiter: „Du hast ihn doch hoffentlich nicht gleich in deine Arme geschlossen, oder?“
    Caroline schwieg eine Weile. Dann sagte sie: „Was soll ich machen? Ich liebe ihn noch immer. Wir haben zwanzig Jahre miteinander geteilt, die kann man doch nicht einfach wegwerfen. Das war nur eine kleine Krise bei ihm. Männer haben so etwas.“
    „Ach was, Caroline? Männer haben so etwas? Die Krise war aber denn doch etwas länger anhaltend, oder? Warum hat er sich denn von seiner Tussi getrennt?“
    Caroline schwieg schon wieder.
    „Ach, verstehe, sie hat sich von ihm getrennt. Und weil es schön bequem ist, kehrt er wieder zurück ins traute Heim?“
    „Also, ganz so ist es nicht“, verteidigte sie ihren Martin. „Evelyn wollte keine enge Bindung. Sie brauchte ihre Freiheiten und Martin ist doch der totale Familienmensch. Er wollte sich von ihr trennen, doch sie ist ihm zuvorgekommen.“
    „Hör mal, Caroline, wenn dein Martin so ein Familienmensch ist, warum hat er dann seine Familie im Stich gelassen? Was hat er denn zu seiner Entschuldigung gesagt?“
    „Eigentlich nichts.“
    „Eigentlich ist immer eine Einschränkung. Also, was hat er uneigentlich gesagt?“, fragte ich hartnäckig nach.
    Aber Caroline schwieg.
    „Hallo, bist du noch da? Du willst mir also sagen, dass kein Wort der Reue, der Entschuldigung fiel? Nicht ein Satz so in der Art, ich habe festgestellt, dass du die Eine bist oder so?“ Ich wurde zornig.
    „Juliane, du kannst das nicht verstehen, du kennst Martin nicht.“
    „Na, Gott sei Dank“, unterbrach ich sie, „ich will mich mit dir auch nicht streiten. Aber ich finde, du solltest es ihm nicht so einfach machen. Und ehe wir uns tatsächlich in die Haare kriegen, gib mir doch bitte die Telefonnummern von Nele und Doris. Ich finde die beiden sehr

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