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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Suckert
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geteilt, wenn auch nur per Telefon. Endlich meldete sich Wollinger.
    „Mit wem telefonieren Sie denn solange?“, war meine erste und die dümmste Frage, die ich stellen konnte.
    „Ach, Juliane. Sie sind es?“ Diesmal fügte er nichts von wegen, „schön Sie zu hören“ oder ähnliches hinzu. Und meine Frage ignorierte er.
    „Warum Siezen wir uns eigentlich noch?“
    Er erklärte mir, dass er sich mit dem Duzen schwer tut und war überhaupt kurz angebunden. Sogar ein bisschen gereizt. Nach fünf Minuten war das Gespräch beendet. Idiot!
     
    Whisky stupste mich sanft mit seiner Pfote an.
    „Du bist auch so einer. Wenn du etwas von mir haben willst, zeigst du dich von deiner lammfrommen Seite. Willst du ein Leckerli? Hast du dir das überhaupt verdient?“
    Der Kater guckte mich unbeirrt an, lauschte meinen Worten und stupste erneut mit seiner Pfote an mein Bein.
    „Ich habe keine Lust, mit dir zu spielen. Sag mir lieber einmal, warum ich so versessen darauf bin, mich wieder zu binden? Allein lebe ich viel besser. Nimm alleine die Tatsache, dass ich nicht täglich kochen muss. Weißt du, was das für verheerende Folgen hätte? Ganz schnell würde ich wieder die Kleidergröße 40 oder sogar 42 haben. Nicht auszudenken.“
    Whisky zeigte sich unbeeindruckt. Ich sprach weiter auf ihn ein.
    „Unsere Wohnung ist allzeit aufgeräumt, es gibt keine Spritzer von Rasierschaum und Zahncreme auf meinem Spiegel und der Klodeckel ist immer geschlossen. Ich muss mir keine stundenlangen Debatten über technische Details einer Küchenmaschine oder die Spielregeln beim Fußball anhören. Oder nimm das Ding mit den Socken. Ständig liegt nur eine Socke zum Waschen im Korb. Wo ist die zweite abgeblieben? Hast du eine Ahnung, wie es nervt, wenn man vor dem Wäschewaschen immer und immer wieder die Boxershorts aus den Jeans ziehen muss?“
    Mein Kater saß vor mir und maunzte. Sollte ich das als Zustimmung verstehen? 
    „Ich sehe, wir verstehen uns. Nimm zum Beispiel die Tatsache, dass ich als Single den Vorteil habe, mir mitten in der Woche ohne besonderen Anlass, eine Flasche Wein öffnen zu können. Als Nichtsingle gerate ich doch in den Augen meines Partners sofort in den Verdacht, Alkoholikerin zu sein. Apropos Wein, ich werde mir gleich einmal ein Glas einschenken.“
    Whisky folgte mir zum Kühlschrank. Er wusste, gleich daneben gab es einen Ort, an dem ich seine Leckerli aufbewahrte. Er sah mich erwartungsfroh an. Ich stützte meine Hände in die Hüften und sagte zu ihm: „Hm, du bist schon so ein Schlaumeier. Na gut, ich werfe dir ein paar deiner begehrten Käseröllchen, aber nur, wenn du mir weiter zuhörst.“
    Nachdem Whisky seine Käseröllchen „erjagt“ hatte, legte er sich zufrieden vor meine Füße.
    „Weißt du“, sprach ich weiter „das Singleleben ist gar nicht so schlecht. Schau mal, ich kann Lust empfinden, wenn ich das Bedürfnis dazu habe. Ich muss mich also nicht nach dem Spielplan der Bundesliga richten. Ich knabbere mir nicht aus Frust die Fingernägel ab, weil sich mein Partner im Baumarkt nicht entscheiden kann, welche der einhundertneunundneunzig Schrauben nun die richtige ist. Ja und ich  muss mich nicht als technisch unbegabt hinstellen lassen, nur weil ich den Computer abstürzen lasse.“
    Ich stand auf und ging erneut zum Kühlschrank. Whisky beobachtete mich verschlafen, er war zu faul, um erneut auf Käseröllchenjagd zu gehen. Ich nahm mir ein Stück Schokolade. Als ich es mir in den Mund schob, waren die Sinne meines Katers erneut geschärft. Er stellte die Vorderpfoten auf meinen Küchenstuhl und schnupperte intensiv den süßen, verführerischen Duft der Schokolade. Sein Blick war flehend.
    „Das ist auch so etwas. Ich höre förmlich, wie mir mein Partner die Anzahl der Kalorien vorrechnet, darauf kann ich gut verzichten. Oder nimm die Haare: ich kann sie tragen, wie es mir gefällt. Ich kann dich, Whisky, mit in mein Bett nehmen, ohne mir das Gezeter von einem Mann anzuhören. Ich kann bequeme Unterwäsche tragen und ausgewaschene T-Shirts zum Schlafen. Wozu also brauche ich einen Mann?“
    Mein Kater lag nun reglos vor mir. Hatte ich ihn tot gequatscht? „Siehst du, so seid ihr Männer. Wenn man mit euch ein ernsthaftes Gespräch führen will, schaltet ihr einfach ab.“
     
    Am nächsten Tag rief Doris an und weihte mich in sämtliche Details ihres Liebeslebens ein. So ausführlich wollte ich es gar nicht wissen, aber Doris ließ sich nicht bremsen. Sie hatte auf jeden

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