Taxi 503 (German Edition)
Vorstellung.
„Hier“, sagte sie mit rauer Stimme, Marc hielt vor einem der riesigen Wohnblocks.
Er musterte das Haus, er kannte ja diese Gegend nun auch vom Ansehen, also war er nicht zu sehr geschockt.
„Soll ich mich mal deiner Mutter vorstellen?“
Abby sah ihn mit weit aufgerissenen Augen entsetzt an. „N… nein, Marc. Lass mal…“, stammelte sie erschrocken. „Das… das… also… lass uns das irgendwann mal machen…“
„Schon gut“, Marc streichelte über ihre Wange. „Wir machen es, wie du es für am besten hältst“, versprach er ihr.
Aber es widerstrebte ihm, dass er Abby jetzt hier abliefern sollte, alles in ihm schrie laut ‚Nein!’
Er wäre am liebsten mit ihr sofort wieder weggefahren, sie sollte hier nicht wohnen müssen, nie wieder.
Doch Abby stieg schon aus, Marc folgte ihr und holte ihren Koffer heraus.
Aus den Augenwinkeln sah er ein paar Typen, die ihn neugierig musterten. Er wusste nicht, ob es ihm galt oder seinem Auto, aber es war ihm auch egal, ob er hier auffiel oder man ihn erkannte.
„Danke fürs Herbringen. Ich glaube, du fährst besser“, Abby deutete mit dem Kopf in die Richtung der Kerle.
„Kennst du die?“, der Gedanke daran passte ihm so gar nicht.
„Vom Sehen“, Abby wusste nicht, ob sie ihm zum Abschied einen Kuss geben sollte, wo sie doch hier Zuschauer hatten.
„Wann hast du wieder frei?“, Marc zog sie in seine Arme und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals.
„Am Freitag“, sagte Abby heiser. Der Abschied fiel ihr sehr schwer, sie hoffte, dass er es ihr nicht so anmerkte, wieder hier zu sein, machte ihr doch zu schaffen.
„Oh nein“, stöhnte Marc auf. „Können wir uns vorher treffen? Bitte“, flüsterte er heiser. „Wie soll ich das so lange ohne dich aushalten? Nach diesen Tagen? Und den Nächten?“
„Ich melde mich, okay?“, Abby krallte sich noch einmal an ihm fest, dann löste sie sich von ihm, nur mühsam konnte sie gegen den dicken Kloß im Hals anschlucken.
„Ruf mich an, wenn deine Schicht heute zu Ende ist, ja?“, bat Marc sie.
„Okay.“
Marc gab ihr noch einen letzten leidenschaftlichen Kuss, dann nahm Abby ihren Koffer und ging auf den Hauseingang zu.
Er setzte sich in seinen Wagen und schaute ihr nach. Sie verschwand in einem der schäbig aussehenden Hauseingänge. Es tat ihm fast körperlich weh, sie gehen zu lassen, für ihn war die Lösung des Ganzen so einfach, doch er wusste nicht, inwieweit er Abby damit überfordern würde, wenn er ihr anbot, sofort zu ihm zu ziehen.
Da war ja noch die Mutter. Die Alkoholikerin. Und dieser Typ am Telefon, Marc wüsste nur zu gerne, wer das wohl gewesen war.
‚Geduld’ , ermahnte er sich immer wieder, damit war er bisher bei Abby am besten gefahren. Doch je länger er sie kannte, je mehr er sich in sie verliebte, desto schwerer fiel ihm das.
Die Typen grölten etwas, Marc startete den Wagen und fuhr fort. Ob sie ihn erkannt hatten, konnte er nicht sagen. Aber selbst wenn, war ihm das herzlich egal.
Abby atmete noch einmal tief durch, bevor sie den Schlüssel ins Türschloss steckte. Drinnen war es ruhig, wahrscheinlich schliefen noch alle, es war gegen zehn, da konnte das noch gut sein.
Als sie in die Wohnung eingetreten war, verzog sie erst mal widerwillig die Nase. Sie hatte diesen Geruch von Alkohol, Zigaretten und irgendwelchen Ausdünstungen schon erwartet, doch jetzt fand sie es nur noch unerträglicher.
Abby stellte den Koffer im Flur ab und ging erst mal Richtung Wohnzimmer. Sie hatte schon befürchtet, dass seine Freunde hier waren, aber sie fand diesmal nur Jürgen auf dem Sofa liegen. Abby stutzte. Hatte es Streit zwischen ihnen gegeben? Dieser Widerling von Markus war doch sonst immer dabei?
Abby überwand sich und betrat das Wohnzimmer. So wie es hier roch, war seit ein paar Tagen wohl nicht mehr gelüftet worden, angewidert öffnete sie das Fenster.
Sie musste aufpassen, dass sie nicht über die leeren Schnapsflaschen stolperte, die hier überall herumlagen, und unterdrückte nur mühsam ihre Wut, dass man es nicht für nötig befunden hatte, sie wenigstens mal wegzuräumen.
So wie es hier aussah, wollte sie die Küche am liebsten gar nicht erst betreten.
Abby schrie leise auf, als sie die Türe öffnete. Das Geschirr stapelte sich erwartungsgemäß in der Spüle und auf der Arbeitsplatte, und da niemand sich um den Abwasch gekümmert hatte, wurde wohl auf Plastikteller und -besteck zurückgegriffen, der Mülleimer quoll
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