Te quiero heißt, ich liebe Dich
erklärt. “Und ich kann es nicht ertragen, wenn man vor lauter Soße das Essen nicht mehr sieht. Nutze deine Fantasie, das ist das Geheimnis eines guten Kochs. Ich kann es nicht leiden, wenn man sich bis aufs i-Tüpfelchen nach dem Kochbuch richtet. Gut zu Kochen ist eine Kunst und sollte es auch immer bleiben.”
In dieser Hinsicht hatte Jane bisher stets sowohl ihren Chef als auch die Gäste zufriedengestellt. Und das wollte sie zu ihrem Vorteil nutzen.
“Ich glaube, Juanita ist nicht klar, dass ich meine Arbeit hier sehr ernst nehme”, rechtfertigte sie sich. “Sie würde mich nur unnötig aufhalten, wenn sie mich ans Telefon bekäme. Juanita fände kein Ende, und ich würde mit dem Mittagessen nicht fertig. Daher dachte ich, es wäre am besten, mich für diese Zeit zu entschuldigen. Wenn sie will, kann sie ja eine Nachricht für mich hinterlassen, und ich rufe sie dann später, wenn ich mit allem fertig bin, zurück.”
Lady Waters runzelte nachdenklich die Stirn. “Na ja, vielleicht haben Sie recht …”
“Juanita kann einfach nicht begreifen, dass ich zu den ganz normalen Menschen gehöre, die arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten”, fuhr Jane fort. “Ich meine, so wie Juanita arbeiten die meisten ihrer Freunde nicht, und deshalb kann sie nur schwer verstehen, dass ich anders bin. Darum wollte ich auch nicht, dass sie von meiner Arbeit hier erfährt. Aber da sie es ja nun weiß … Na ja, ich dachte, das sei die beste Lösung für uns alle.”
“Nun …” Lady Waters lächelte zögernd. “Wir können sicher nicht zulassen, dass Juanitas wegen das Mittagessen nicht fertig wird”, stimmte sie endlich zu und verließ die Küche.
Jane blieb nachdenklich zurück. Dass Lady Waters die Tarragos nicht verärgern wollte, war ganz offensichtlich. Sir Dick war als tüchtiger Geschäftsmann bekannt. Vielleicht betrieb er wichtige Geschäfte mit den Tarragos. Dass die Interessen und Verbindungen dieser Familie weit über Spaniens Grenzen hinausreichten, war Jane seit Langem bekannt.
Grübelnd nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Es war schon erstaunlich, welche Macht man besaß, wenn man genügend Geld hatte. Zum ersten Mal fragte Jane sich, ob es vielleicht ein Fehler gewesen war, diesen Job anzunehmen. Sie hätte wissen müssen, dass Juanita davon erfahren würde.
Plötzlich kam ihr ein Gedanke, der sie erschreckte und verwirrte zugleich. Eigentlich hatte sie es ja so gewollt – dass Juanita davon erfuhr. Auf diese Weise nämlich konnte sie ihr und ihrem Bruder ein für allemal ihre Unabhängigkeit beweisen. Und dass die Tarragos keine Macht über sie besaßen und noch nie besessen hatten.
Jahrelang hatte Jane darunter gelitten, für Juanita und ihren Bruder nur eine Art Spielzeug gewesen zu sein. Niemals hatte sie jedoch den Mut gefunden, einfach nicht mehr mitzumachen. Als Ausgleich dafür hatte sie auf anderen Gebieten einen geradezu fanatischen Eifer entwickelt, alle Aufgaben allein und ohne fremde Hilfe zu bewältigen.
Am meisten hatte sich Jane über Miguel geärgert. Er hatte sie nicht nur ständig geneckt, sondern sich auch stets mit hübschen Mädchen, meistens Juanitas Freundinnen, umgeben. Manchmal hatte er sich auch mit Schönheiten aus dem Ausland geschmückt, die von seinem Reichtum angezogen wurden. In den letzten fünf Jahren hatte Jane sich immer wieder einzureden versucht, dass Geld das Einzige sei, was diesen Mann anziehend machte.
Ihr war ebenfalls klar geworden, dass die Idee, Juanita ihren Freund auszuspannen, aus dem Wunsch entstanden war, die beiden Tarrago-Geschwister endlich in ihre Schranken zu weisen. Wenn sie ihre Selbstachtung wiederfinden wollte, musste Jane diesen Kampf aufnehmen – mit ihren spärlichen Waffen gegen die riesige Macht des Geldes auf Seiten der Tarragos. Jane wusste, dass Miguel nicht so leicht zu erschüttern war, aber er hatte seine Schwester gern, und das war sein Schwachpunkt und gleichzeitig Janes Trumpf. Nur so konnte sie diesen Mann empfindlich treffen.
Jane stand an der Mole und wartete auf Carlos. Sie war nervös. Juanita könnte jeden Moment auftauchen. Sicher würde sie dann mit dem herrlichen Boot erscheinen, mit dem Miguel gestern gefahren war.
Als Jane endlich Carlos’ Boot, die “Viviana”, in der Ferne erkannte, atmete sie erleichtert auf.
Hans hatte bereits am Morgen bei Jane vorbeigeschaut, um sich für das gestrige Dilemma zu entschuldigen. Sie hatte ihm versichert, dass es nicht seine Schuld gewesen sei, und
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