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Tea-Bag

Tea-Bag

Titel: Tea-Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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ihn in das Büro, in dem er früher am Abend die Unterredung mit Pelle Törnblom gehabt hatte. Jetzt wollte er, daß Amanda bei ihm blieb. Aber als er plump nach ihr griff und sagte, sie sei schön, errötete sie und beeilte sich, aus dem Zimmer zu kommen und die Tür hinter sich zu schließen.
    Jesper Humlin war von Einsamkeit umschlossen. Die Musik und die aufgekratzten Stimmen drangen zu ihm hinein. Plötzlich, ohne daß er wußte, warum, erinnerte er sich an das Mädchen aus Mölndal, das behauptet hatte, es heiße Tea-Bag. Er schloß die Augen. Keine Gedichte mehr, dachte er plötzlich. Aber ich werde auch nie den Kriminalroman schreiben, den Olof Lundin erwartet. Was ich schreiben werde, und ob ich es überhaupt schaffe, weiß ich nicht.
    Die Tür ging auf. Ein arabisch aussehendes Mädchen sah ihn an.
    - Störe ich?
    Die Welt stört, dachte Jesper Humlin.
    - Überhaupt nicht.
    Das Mädchen sprach unsicher Schwedisch, aber Jesper Humlin hatte keine Schwierigkeiten, sie zu verstehen.
    - Ich will Schriftstellerin werden, sagte sie.
    - Warum?
    Jesper Humlin merkte, daß er zusammenfuhr, als hätte man ihn hinterrücks überfallen. Obwohl er betrunken war, konnte er nicht umhin, der Besorgnis und dem Argwohn anheimzufallen, die ihn jedesmal quälten, wenn ein Mensch vor ihm stand und behauptete, Schriftsteller werden zu wollen. Er stellte sich immer vor, daß die Person, die da stand, sich als eine ihm überlegene Begabung erweisen würde.
    - Ich will meine Geschichte erzählen.
    - Was für eine Geschichte?
    - Meine.

Jesper Humlin betrachtete das Mädchen, das vielleicht achtzehn, neunzehn Jahre alt war. Er war so betrunken, daß das Zimmer schaukelte, aber es gelang ihm, ihre Gestalt mit dem Blick festzuhalten. Er sah, daß sie sehr dick war. Sie war in einen Schal gehüllt, der ihre Umrisse verbarg. Aber er bemerkte trotzdem, daß sie nicht nur übergewichtig war, sondern direkt fett. Ihr Gesicht war voller Pickel und die Haut blank vor Schweiß.
    - Woher kommst du?
    - Iran.
    - Wie heißt du?
    - Leyla.
    - Boxt du?
    - Ich bin hier, weil mein Bruder mich bat mitzukommen. Er boxt hier.
    - Und du willst Schriftstellerin werden.
    - Ich weiß bloß nicht, wie man es macht.
    Jesper Humlin starrte sie an. Woher der Gedanke kam, wußte er nicht. Aber er war ganz klar und deutlich, wie in jenen seltenen Augenblicken, wenn er ein Gedicht in seiner Gesamtheit vor sich sah und dann nie mehr ein einziges Wort hatte ändern müssen. Ich weiß bloß nicht, wie man es macht. Jesper Humlin setzte sich im Stuhl auf. Viktor Leander soll seinen Kriminalroman schreiben, dachte er. Und Olof Lundin soll vergeblich auf meinen warten. Was ich tun werde, ist, diesem Mädchen zu helfen, seine Geschichte zu erzählen. Und sie soll mir ihrerseits helfen, über diese Menschen zu schreiben, die in Stensgården wohnen. Jesper Humlin zog die Flasche zu sich heran, die Amanda hinterlassen hatte, und trank, als hätte ihn ein gewaltiger Durst befallen. Mißbilligend sah Leyla ihm dabei zu.
    - Ich werde dir helfen, sagte Jesper Humlin und stellte die Weinflasche ab. Wenn du mir deine Telefonnummer aufschreibst, werde ich dich anrufen.

Das Mädchen schrak zusammen.
    - Das kann ich nicht.
    - Was kannst du nicht?
    - Meine Telefonnummer herausgeben.
    - Warum nicht?
    - Meine Eltern werden Fragen stellen, wenn ein Mann mich anruft.
    - Du mußt ihnen sagen, wer ich bin. Sie schüttelte den Kopf. - Das geht nicht. Es ist unpassend. Ruf hier an, bei Pelle Törnblom oder Amanda.
    Plötzlich lächelte sie.
    - Willst du mir wirklich helfen?
    - Ich will. Aber ob ich es kann, ist eine andere Sache. Das Mädchen verschwand zur Tür hinaus. Die Musik hatte wieder eingesetzt. Jesper Humlin blieb mit seiner Flasche sitzen und betrachtete die zerfledderten Plakate an der Wand. Auch wenn es sich nur schemenhaft abzeichnete, dämmerte ihm jetzt, was er schreiben würde. Kein Buch wie das, was Viktor Leander plante, keins wie das, was Olof Lundin sich wünschte, sondern etwas ganz anderes.
    Am nächsten Tag fuhr Pelle Törnblom ihn zum Flughafen. Jesper Humlin hatte einen gewaltigen Kater und war nicht ganz sicher, was im weiteren Verlauf des Festes geschehen war. Er war mit heftigen Kopfschmerzen auf einem Teppich vor dem Boxring aufgewacht.
    - Es war ein sehr gelungenes Fest. Ich bin froh, daß du geblieben bist. Andrea wird bestimmt Verständnis haben.
    Jesper Humlin schauderte es bei dem Gedanken daran, was ihn erwartete, wenn er nach Hause kam. Er lechzte nach dem

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