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Tea-Bag

Tea-Bag

Titel: Tea-Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Notizen für die Gedichtsammlung über »Qualen und Gegensätze« durchgelesen hatte, die er als nächstes Buch plante, legte er sich aufs Bett und starrte an die Decke. Auch wenn er immer noch zögerte, schien es ihm, als wäre die Idee, die ihm in Göteborg gekommen war, im Moment am tragfähigsten.

Er blieb liegen und drehte und wendete seine Gedanken, bis er sich vom Bett erhob und von seinem Arbeitszimmer aus bei Pelle Törnblom anrief. Dieser war außer Atem, als er nach geraumer Zeit ans Telefon kam.
    - Was machst du gerade?
    - Ein bißchen Boxtraining mit einem Typen aus Pakistan. Was hat Andrea gesagt?
    - Genau das, was ich wußte, daß sie sagen würde. Aber ich habe es überlebt.
    - Gib zu, daß das Fest gelungen war. Die Jungs, die hier boxen, sind sehr stolz.
    - Ich wüßte gern, ob ein iranisches Mädchen, das Leyla heißt, dir ihre Telefonnummer gegeben hat.
    - Ihr Bruder boxt hier. Er hat mir erklärt, worum es geht. Ich finde es eine gute Idee.
    Rasch blätterte Jesper Humlin seinen Tischkalender durch.
    - Sag ihr, daß ich nächsten Mittwoch komme. Können wir bei dir zu Hause eine Unterhaltung führen?
    - Hier im Klub geht es besser. Es gibt ein Zimmer im Erdgeschoß, das mir gehört, das aber ungenutzt ist.
    - Ich hoffe, wir können ungestört sein.
    - Ihr Bruder kommt natürlich mit.
    - Warum soll er dabeisein?
    - Um darauf zu achten, daß alles anständig zugeht. Daß seiner Schwester nichts passiert.
    -Was sollte passieren?
    - Es ist nicht schicklich, daß sie sich allein mit einem fremden Mann trifft. Wir reden hier von kulturellen Unterschieden, die man respektieren muß. Man weiß nie, was passieren kann, wenn ein Mann und eine Frau allein sind.
    - Herrgott! Du hast sie doch gesehen!
    - Sie ist nicht die schönste Frau der Welt. Aber das bedeutet nichts. Ihr Bruder wird nur daneben sitzen und kontrollieren, daß nichts Ungehöriges geschieht.

- Was denkst du eigentlich von mir?
    - Ich finde, es ist eine ausgezeichnete Idee, daß du mit deinen Gedichten aufhörst und statt dessen etwas Vernünftiges schreibst. Das denke ich von dir. Daß du dich verbessern kannst.
    Jesper Humlin wurde wütend. Er fühlte sich gekränkt. Aber er sagte nichts. Und er sah ein, daß er die Anwesenheit von Leylas Bruder akzeptieren mußte.
    Er beendete das Gespräch. Das Telefon klingelte. Er wartete mit dem Abheben, bis er eine Stimme auf dem Anrufbeantworter hörte. Es war ein Journalist von einer der größten Zeitungen im Land. Jesper Humlin nahm den Hörer ab und bemühte sich, beschäftigt zu klingen.
    - Ich hoffe, ich störe nicht?
    Jesper Humlin wünschte sich immer, daß Journalisten, die anriefen, Frauen mit sanfter und angenehmer Stimme wären. Aber dies war ein Mann mit rauher Stimme.
    - Ich arbeite. Aber es ist schon in Ordnung.
    - Ich würde gern ein paar Fragen zu Ihrem neuen Buch stellen.
    Jesper Humlin ging davon aus, daß der Journalist von dem Gedichtband redete, den er vor ein paar Monaten veröffentlicht hatte.
    - Ein kurzes Gespräch ist in Ordnung.
    - Haben Sie was dagegen, daß ich es mitschneide?
    - Nein.
    Jesper Humlin wartete, bis der Journalist, dessen Namen er nicht kannte, das Tonbandgerät eingeschaltet hatte.
    - Ich möchte eigentlich nur fragen, was für ein Gefühl es ist. Der Abend in Mölndal flimmerte in Jesper Humlins Kopf vorbei.
    - Es ist ein gutes Gefühl, ein sehr gutes.
    - Verbirgt sich irgend etwas Besonderes hinter diesem Buch?

Gerade diese Frage beantwortete Jesper Humlin besonders gern. Sie wurde ständig wiederholt. Ein paar Tage zuvor hatte er sich, in der Badewanne liegend, eine neue Antwort ausgedacht.
    - Ich versuche stets, aus meiner gewohnten literarischen Landschaft aufzubrechen und mich auf ungebahnten Pfaden durchzuschlagen. Wäre ich nicht Poet, wäre ich sicher Straßenarbeiter geworden.
    - Können Sie diese seltsame Antwort näher erläutern?
    - Ich kann mir kaum eine wichtigere Tätigkeit vorstellen, als neue Wege für Menschen zu bereiten, die nach mir kommen.
    - Was für Menschen?
    - Neue Generationen. Der Journalist hüstelte.
    - Eine merkwürdige, aber schöne Antwort.
    - Danke.
    - Aber für einen Lyriker muß es doch ein gewaltiger Schritt sein, den Versuch zu unternehmen, einen Kriminalroman mit Bestsellerqualitäten zu schreiben?
    Jesper Humlin erstarrte, und die Knöchel der Hand, die den Telefonhörer umspannte, wurden weiß.
    - Ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen?
    - Wir haben eine Pressemitteilung von Ihrem Verlag erhalten, daß Sie im

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