Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tea-Bag

Tea-Bag

Titel: Tea-Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
besetzten Raum. Dicht gedrängt saßen dort Menschen aller Altersstufen und jeglichen Aussehens. Es gab sehr alte Menschen und kleine Kinder, die laut schrien. Der Raum war erfüllt von den Düften exotischer Gewürze, die Jesper Humlin nicht kannte.
    Er blieb in der Tür stehen. An einem einsamen Tisch ganz hinten im Raum saß Leyla zusammen mit ihren Freundinnen. Zu seinem großen Erstaunen war eine davon Tea-Bag.
    Er machte auf dem Absatz kehrt. Pelle Törnblom schnitt ihm den Rückzug ab.
    Ihm blieb nur ein Weg.

6
    A n diesem Abend um Viertel vor zehn wurde Jesper Humlin
    von einem hünenhaften finnischen Zigeuner namens Haiman niedergeschlagen. Der Grund war, daß dieser die Art, wie Jesper Humlin seiner Nichte Sacha die Wange tätschelte, als reichlich zudringlich empfunden hatte. Sacha gehörte nicht zu Leylas Freundinnen, und warum Jesper Humlin ihr überhaupt die Wange getätschelt hatte, war nicht gänzlich zu klären. Doch der Schlag, der ihn traf, war hart. Haiman praktizierte seit vielen Jahren in seiner Freizeit mit ein paar Freunden auf einem Feld irgendwo in Frölunda eine Art Rugby mit eigenen Spielregeln. Seine Faust traf den total unvorbereiteten Jesper Humlin an der linken Wange und schickte ihn geradewegs in eine Wand hinein und dann zu Boden. Pelle Törnblom zufolge, der in seinem Leben schon viele Leute hatte zu Boden gehen sehen, war es einer der schönsten Knockouts, der ihm je untergekommen war.
    Als Jesper Humlin ein gute Stunde später aufwachte, befand er sich auf einer Trage in der wie üblich überfüllten Notaufnahme des Sahlgrenska Krankenhauses. Als er die Augen aufschlug, stand Pelle Törnblom an seiner Seite. Es dauerte einige Augenblicke, ehe sich Jesper Humlin nebelhaft an das Vorgefallene erinnern konnte.
    - Der Arzt sagt, daß der Kiefer nicht gebrochen ist. Du hast Glück gehabt.
    - Glück? krächzte Jesper Humlin. Der Schmerz schnitt ihm in die Kehle.
    - Ich verstehe nicht, was du sagst.

Pelle Törnblom kramte ein Stück Papier und einen Stift aus der Tasche und reichte sie Jesper Humlin, der seine Frage aufschrieb.
    Was ist eigentlich passiert?
    - Ein Mißverständnis. Alle sind sehr unglücklich darüber. Draußen warten über zwanzig Personen, um zu erfahren, wie es dir geht. Sie wollen hereinkommen und dich begrüßen. Sie sind sehr besorgt.
    Entsetzt schüttelt Jesper Humlin den Kopf.
    - Sie kommen nicht herein, ehe ich ihnen die Erlaubnis gebe. Es war nur ein Mißverständnis. Eine unbedeutende Kulturkollision.
    Pelle Törnblom sah ihn aufmunternd an und klopfte ihm auf die Schulter. Sofort wuchs der Schmerz in der Wange.
    - Genau die Erlebnisse, die du suchst, indem du den Mädchen das Schreiben beibringst.
    Mit vor Erregung zitternder Hand kritzelte Jesper Humlin:
    Ich will nicht von einem Irren aufs Maul geschlagen werden. - Haiman ist normalerweise ein sehr friedfertiger Mann. Aber er fand, du warst ein bißchen sehr zudringlich. Du solltest den Mädchen nicht die Wange tätscheln. Es kann mißverstanden werden. Aber du hattest Glück. Die Ärzte meinen, du hast nicht einmal eine Gehirnerschütterung davongetragen. Zur Sicherheit wollen sie dich aber bis morgen früh hierbehalten.
    Jesper Humlin schrieb weiter.
    Ich will nach Hause fahren. Ich komme nie wieder hierher zurück.
    - Natürlich kommst du zurück. Du bist nur ein bißchen aufgewühlt. Alle waren von dem Abend begeistert. Du warst brillant. Die ganze Sache wird ein großer Erfolg. Über Jesper Humlins Kopf hing eine starke Lampe, die ihm direkt ins Gesicht schien. Er sah Pelle Törnblom an und schüttelte langsam den Kopf. Wäre er dazu imstande gewesen, hätte er

ihn geschlagen. Wieder schrieb er auf den Zettel und bat ihn, den Wartenden draußen auszurichten, daß er hoffe, er brauche keinen von ihnen je wieder zu sehen. Pelle Törnblom nickte verständnisvoll und verschwand hinter einem Vorhang. Jesper Humlin fuhr mit den Fingerspitzen über seine Wange, die stark geschwollen war. Der Schmerz pochte unter der Haut. Pelle Törnblom kam zurück.
    - Sie sind froh zu hören, daß es dir gutgeht. Sie freuen sich darauf, dich wiederzusehen. Ich habe gesagt, du hättest den Abend sehr gelungen gefunden.
    Wütend schrieb Jesper Humlin auf den Zettel. Hau ab.
    - Ich warte auf Amanda. Sie wird ein paar Stunden bei dir bleiben. Morgen hole ich dich ab und fahre dich zum Bahnhof oder zum Flughafen. Vorher müssen wir festlegen, wann du wieder herkommst.
    Jesper Humlin fluchte still vor sich hin und schloß die

Weitere Kostenlose Bücher