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Tea-Bag

Tea-Bag

Titel: Tea-Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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des Schiffs. Ich winkte, obwohl ich keinen Menschen sehen konnte.«
    Abrupt brach Tea-Bag ab, als reute sie das Gesagte plötzlich, als hätte sie sich selbst und ihre Geheimnisse verraten. Jesper Humlin wartete auf eine Fortsetzung, die jedoch nicht kam. Sie zog den Reißverschluß ihrer Jacke hoch und drückte das Kinn tief auf den Hals hinunter.
    - Was ist dann passiert? Sie schüttelte den Kopf.
    - Ich will nichts mehr erzählen. Nicht jetzt.
    - Wie wirst du nach Göteborg zurückkommen? Wo wirst du wohnen? Hier kannst du nicht bleiben. Hast du Geld?
    Sie antwortete nicht.

- Ich weiß nicht, wie du heißt, sagte er langsam. Vielleicht heißt du wirklich Tea-Bag. Ich weiß auch nicht, wo du wohnst. Ich weiß nicht, warum du hergekommen bist. Aber ich habe den Verdacht, daß du dich ohne Aufenthaltsgenehmigung hier im Land befindest. Wie du zurechtkommst, ahne ich nicht.
    Sie antwortete nicht.
    - Übermorgen fahre ich wieder nach Göteborg, fuhr er fort. Dort treffe ich Leyla und Tanja und hoffe, daß auch du dasein wirst. Begleite mich doch, wenn du nicht schon eher zurückfährst. Im Zug kannst du mir erzählen, warum du eigentlich hergekommen bist. Und du kannst die Geschichte zu Ende bringen, die so plötzlich damit endete, daß du einer Wäscheleine mit flatternden Hemden zugewinkt hast. Wir treffen uns übermorgen um Viertel vor zwei im Hauptbahnhof in der großen Halle. Wenn du nicht kommst, kommst du nicht. Aber wenn du kommst, zahle ich deine Fahrkarte. Verstehst du, was ich sage?
    - Ich verstehe.
    - Jetzt mußt du gehen.
    - Ja.
    - Hast du einen Ort, wo du bleiben kannst?
    Sie antwortete nicht. Er gab ihr zwei Hundertkronenscheine, die sie in die Tasche steckte, ohne sie anzusehen.
    - Bevor du gehst, würde ich gern wissen, wie du wirklich heißt.
    - Tea-Bag.
    Zum ersten Mal, seit sie aus dem Schlafzimmer gekommen war, lächelte sie. Jesper Humlin brachte sie zur Tür.
    - Du darfst nicht hier auf der Treppe schlafen.
    - Nein, antwortete sie. Ich werde nicht hier schlafen. Ich werde meinen Affen besuchen.
    Er sah, wie sie, plötzlich voller Energie, die Treppe hinuntertanzte und weg war. Während er die Laken im

Schlafzimmer glättete und sich vergewisserte, daß sie keine Spuren hinterlassen hatte, dachte er nur an eine einzige Sache. Hemden an einer Wäscheleine.
    Ein Ruderboot, aus dem ein Mädchen mit schwarzer Haut Menschen zuwinkt, die nicht da sind.

8
    A ls Jesper Humlin am folgenden Tag aufwachte, fühlte er
    sich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit ausgeruht. Es war, als hätte die Begegnung mit dem Mädchen, das Tea-Bag oder vielleicht Florence hieß, ungeahnte Energiereserven in ihm freigesetzt. Er stand sofort auf, faulenzte nicht wie üblich lange im Bett herum und beschloß, noch an diesem Tag das schwierige Gespräch mit seiner Mutter hinter sich zu bringen, das ihm bevorstand. Aber zuvor war er fest entschlossen, seinen Börsenmakler zu erreichen.
    Es ging leichter als erwartet.
    - Buren.
    - Hast du eine Ahnung, wie viele Male ich in der letzten Woche versucht habe, dich zu erreichen?
    - Neunzehnmal, glaube ich.
    - Warum rufst du nicht zurück?
    - Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, meine Klienten nicht unnötig zu belästigen.
    - Aber ich habe doch nach dir gesucht, um mit dir zu sprechen?
    - Jetzt sprichst du mit mir.
    - In einer halben Stunde bin ich in deinem Büro.
    - Du bist willkommen, falls ich da bin.
    - Was heißt das?
    - Ich bin hier, wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt.
    Jesper Humlin rief ein Taxi, da er argwöhnte, daß eine Verspätung von nur einer Minute Buren die Möglichkeit geben würde, in eins der unüberschaubaren Labyrinthe der

Finanzwelt zu verschwinden, wo es unmöglich sein würde, ihn zu erwischen.
    Der Taxifahrer trug einen Turban und ließ das Radio in voller Lautstärke Reggae spielen. Burens Büro lag am Strandvägen, und die Adresse machte dem Fahrer keine Probleme. Während der Fahrt saß Jesper Humlin da und ärgerte sich über die laute Musik. Aber noch mehr ärgerte er sich darüber, daß er es nicht schaffte, den Fahrer zu bitten, die Musik leiser zu stellen. Warum sage ich ihm nicht Bescheid? dachte er. Habe ich Angst, als Rassist zu gelten, weil ich bei einer Autofahrt, für die ich selber zahle, um eine etwas geringere Musiklautstärke bitte? Als das Taxi hielt, war er immer noch verärgert. Um zu zeigen, wie großzügig er war, gab er dem Fahrer ein viel zu hohes Trinkgeld.
    Immer, wenn er Anders Burens Büro betrat, fühlte sich

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