Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)
nichts damit anfangen. Mein Gott, seit achtundzwanzig Jahren hatte sie sich allein durchs Leben gekämpft. Warum sollte es die nächsten fünfzig anders sein? Sie verstand ja schon nicht, warum sie so viel für diesen Mann empfinden konnte. Es gab keinen Platz in ihrem Leben für einen Zweimeterhünen mit Ambitionen, die denen eines Raubtiers glichen.
Auf der Gefühlsebene war sie wirklich eine Niete.
Während sie die Stufen zu der Glastür hochgingen, stieg das befremdliche Bedürfnis hoch, sich an Will festzuklammern. Sie konnte sich nicht erinnern, ob sie am Vortag leise gewesen war, als sie mit Will gesprochen hatte und erwartete spartanische Blicke der Mitarbeiter. Als hätte Will ihre Gedanken gelesen, blieb er dicht neben ihr, während sie den Korridor entlang zu Millers Büro gingen. Gott sei Dank verströmte Will jetzt wieder diese Gelassenheit, als könne ihn nichts erschüttern oder aus dem Konzept bringen und das beruhigte sie. Der gewaltige Umbruch in ihrem Leben, seit sie Will kannte, war ihr ein Rätsel. Ihre Instinkte warnten sie, dass ihr alles über den Kopf wachsen und entgleiten würde.
Unwillkürlich musste sie an ihre erste Begegnung denken. Der Sex mit Will war anders gewesen als mit den Männern davor. Sex war für sie immer eine neutrale Angelegenheit gewesen. Ein Zusammenspiel von körperlicher Anziehungskraft und Lust, die sich entluden oder eben nicht. Es musste nichts durchdacht, nichts geregelt werden. Sex war körperlich, geradlinig und die Bedeutung war unmissverständlich. Aber mit Will war etwas Grundlegendes anders gewesen. Sie hatte sich gut aufgehoben gefühlt. Hatte sich in ihrer Leidenschaft, von der sie überrollt worden war, verlieren wollen. Sie wollte nicht nur Haut auf Haut spüren. Sie wollte seine Berührungen in sich aufnehmen, seinen Geruch verinnerlichen, sich an seinen Geschmack erinnern.
Unsanft setzte ihr Verstand wieder ein, worauf sie ihre Erinnerungen schnellstens abschüttelte. Es würde ohnehin zu nichts führen, außer dass sie wieder an dem Punkt angelangte, an dem sie sich vor Augen führen musste, dass sie sich nicht auf einen Mann einlassen konnte. Für eine Beziehung und tiefere Gefühle war sie nicht geschaffen.
Dennoch waren die immer wiederkehrenden Bilder und Sehnsüchte besorgniserregend. Sie erhaschte einen letzten, kurzen Blick auf sein Gesicht und sah, wie er nachdenklich zu Boden blickte. Sie wusste nicht, woran er gerade dachte, aber an seinen grimmigen Zügen erkannte sie, dass ihm etwas gewaltig gegen den Strich ging. Nun, da waren sie schon zu zweit. Sie sollte sich besser auf die derzeitige Mission konzentrieren, die ausschließlich darin bestand, die Datenbanken zu durchforsten und nach weiteren Morden und Übereinstimmungen zu suchen, als auf das Chaos in ihrem Kopf und in ihrem Herzen zu achten.
Endlich erreichten sie Millers Büro. Will klopfte kurz an, öffnete die Tür und ließ Josy den Vortritt. Der ältere Mann mit dem weißen, kurzen Haar sah von seinem Papierstapel auf.
„Hallo Will. Josy. Ich habe euch nicht so früh erwartet“, begrüßte er sie und stand unter quietschendem Protest seines Stuhls auf.
„Wir hatten früher Zeit“, erklärte Will ihren zeitigen Besuch. Es war gerade erst neun Uhr morgens. „Ich möchte ein paar Akten überprüfen. Josy wird in der Zwischenzeit mein Büro und den Computer benutzen.“
Miller ging um seinen Schreibtisch herum. „Ich habe gestern mit der Staatsanwältin gesprochen. Mrs. Stone. Josy, Sie kennen die Dame …“
„Ja. Sie war bei drei meiner Fälle die vorsitzende Staatsanwältin.“
„Sie hält viel von Ihnen und war so frei, mir alle Papiere, Verhörprotokolle und dergleichen zu kopieren. Das Zeug steht in Wills Büro.“
Josy war überrascht. Und Will erging es nicht anders. Sie hatte sich schon darauf vorbereitet, mit den eingescannten Unterlagen vorlieb nehmen zu müssen und dabei hätte es sich nur um das Wichtigste gehandelt. Je mehr Material, desto besser. Manchmal waren es die zuvor als irrelevant geltenden Hinweise, die schlussendlich den brisantesten Tipp lieferten.
„Außerdem möchte sie die Sonderkommission mit unseren Leuten zusammenarbeiten lassen. Ich habe ihr zwei meiner Männer geschickt.“
Das war eine gute Nachricht. So würden sie wenigstens direkt an der Quelle sitzen. Josy ergriff das Wort. „Ich werde mich sofort an die Arbeit machen und die Unterlagen durchsehen. Ich bin gerne bereit, mich als Zeuge zur Verfügung zu stellen. Besser
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