Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)
dich zusammen. Das hast du schon tausendmal gemacht, sagte sie zu sich selbst.
Doch das war nicht irgendjemandes Albtraum. Es war ihr ganz persönlicher.
Sie sog Wills Geruch auf als wäre es ihr Lebenselixier. Dann ließ sie sein T-Shirt los und drehte sich um.
„Du musst dir das nicht antun“, meinte er liebevoll und stellte sich dicht hinter sie. „Du hättest hinter mir bleiben sollen. Niemand hat etwas von Alleingängen gesagt.“
„Er ist tot“, sagte Ray und erhob sich.
Natürlich war Josh tot. Trümmer seiner Schädeldecke und seines Gehirns lagen auf dem glänzenden Boden. Der Kopf der Leiche oder was davon noch übrig war, lag in einer Blutlache. Seine Gliedmaßen waren durch den Sturz auf den Boden verrenkt. Eines seiner Knie angewinkelt. Seine Lippen geöffnet. Ein kleines Rinnsal aus Blut war aus seinem Mund gelaufen, trocknete bereits. Er starrte leer ins Nichts.
Neben der ganzen Sauerei lag eine handliche Schusswaffe. Josy vermied den Anblick seines Gesichts. Jenes Gesicht, das sie jahrelang in ihren Träumen heimgesucht hatte. Stattdessen fixierte sie Will, klammerte sich an ihm fest.
„Niemand hier“, sagte Ian und steckte seine Dolche in Scheiden an seiner Hüfte.
„Haben Sie überall nachgesehen?“, fragte Parker, der inzwischen zu ihnen gestoßen war.
Ian verengte seine Augen zu Schlitzen und ging langsam auf Parker zu. „Natürlich.“
Josy löste sich aus ihrer Starre und sah, wie Ray den weißen Umschlag, den er zuvor neben der Leiche aufgehoben hatte, aufmachte. Laut las er ihn vor. Wie im Dämmerzustand hörte sie zu, während er erklärte, dass Josh seine Taten bereue. In dem Brief eröffnete er, alle Frauen getötet zu haben und legte somit ein umfangreiches Geständnis ab.
„Das alte Herrenhaus am Hügel. Wir haben den Kerl. Selbstmord …“, sagte Parker in sein Handy, nachdem Ray den gesamten Brief vorgelesen hatte.
„Das ist er nicht. Dieser hier hat das alles nicht getan“, flüsterte sie Will zu, der noch immer schützend bei ihr stand.
„Wie kommst du darauf?“
„Ich kann sie spüren, die Aura des wahren Täters. Sie ist hier, die des Toten nicht.“
„Parker hat seinen Täter. Belassen wir es vorerst dabei“, sagte er ebenso leise.
Unverwandt schaute sie ihn an. „Das kannst du nicht machen. Genau das will er doch damit erreichen. Durch dieses Opfer und diesen Brief hat sich dieser Dreckskerl die Hände reingewaschen.“
Wie zur Bestätigung eröffnete Parker, dass dieses Haus Joshs Großeltern gehört hatte. Er hatte es gerade in Erfahrung gebracht. Resigniert ließ sie ihre Schultern hängen.
Will beugte sich näher zu ihr. „Was nicht heißen soll, dass wir uns damit zufriedengeben müssen. Aber wenigstens haben wir Parker nun nicht mehr am Hals.“
Natürlich. Warum war sie nicht selbst auf diese Idee gekommen? Doch schon im selben Moment schlichen sich unangenehme Zweifel ein. Was, wenn der Täter es wirklich genau darauf angelegt hatte? Wenn Parker den Fall abschloss, hatte sich der Mörder alle Hindernisse aus dem Weg geräumt und konnte ungehindert seinen nächsten Mord planen. Wen würde er sich als Nächstes vorknöpfen?
Angespannt legte sie die Hände um ihren Nacken. Sie musste ihm zuvorkommen. Sie musste diese Sache ein für alle Mal beenden. Koste es, was es wolle. Ihr erster Weg würde sie zu Will führen, dem sie alle Fakten auf den Tisch knallen musste.
19
„I
ch weiß nicht, was mich mehr ärgert. Dein Verrat an Josy oder ihrer an mir“, brummte Will und kreuzte die Arme.
„Verrat? Du hast sie wohl nicht alle. Darf ich dich dran erinnern, dass du mich zwischen Türstock und deiner zwei Meter breiten Brust eingeklemmt hast, um ihr Geheimnis aus mir herauszuquetschen?“ Ray kickte ein Papierknäuel und ging um den großen Bibliothekstisch herum. „Du hättest warten müssen, bis sie es dir selbst erzählt.“
„Ich warte schon seit Tagen.“
„Sie wird ihre Gründe dafür haben.“
Will sammelte die Polizeiunterlagen, Ermittlungs- und Autopsieberichte sowie alle Zeitungsausschnitte und Verhörprotokolle zusammen, die er in tagelanger Feinarbeit geordnet und studiert hatte, um auf einen beschissenen Zusammenhang zwischen den Opfern zu stoßen. Derweil lag die Lösung vier Zimmer weiter. Angepisst war nicht das passende Wort, um zu benennen, wie er sich fühlte.
„Wenn sich dieser Ausdruck um deine Mundwinkel schleicht, ist es für mich Zeit, zu gehen“, meinte Ray und verließ mit erhobenen Händen das
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