Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)
sein Fahrzeug neben dem Audi.
In ihr tummelten sich Hunderte Fragen, Tausende Gedanken und Informationen, die ihr quälend ins Fleisch schnitten.
Im Schutz der Bäume und Sträucher näherten sie sich dem Haus. Es war prunkvoll mit dem Efeu, der sich über eine Seite des Hauses bis zum Dach hinaufgeschlängelt hatte. Die Atmosphäre dagegen war düster und unheimlich. Ein leichter Wind wehte durch die Bäume. Getrocknete Blätter, die im Herbst nicht weggeräumt worden waren, raschelten, als der laue Wind über den Boden fegte. Sie umgingen den Kiesweg. Bewegten sich nur auf weichem Untergrund. Eine schwarze Krähe flog über ihre Köpfe hinweg, gab schrille Laute von sich, ehe sie in der Luft drehte und sich auf einen Ast setzte. Wie schwarze Perlen blickten ihre Augen schneidend auf sie herab. Unwillkürlich schüttelte sich Josy und fragte sich, wann genau und wo sie ihre Courage verloren hatte. Vor oder nachdem sie erfahren hatte, dass sie Mittelpunkt dieser Horrorshow war?
„Ich werde vorangehen“, sagte Will hinter ihr und stellte damit klar, dass sie es nicht tun würde. Dagegen hatte sie nichts einzuwenden.
Er und Ian bildeten die Spitze der Gruppe, betraten als erstes die breite Veranda. Nach ihnen gingen Jeff und Ray. Josy und Miller bildeten das Schlusslicht. Parker war bei den Fahrzeugen geblieben. Während sie dem Eingang immer näher kam, versuchte sie verbissen, etwas zu empfinden. Eine Aura. Vielleicht irgendeine Bewegung. Oder sogar ein Geräusch. Doch das Haus, die Umgebung, alles lag in vollkommener Stille. Nur die Krähe krächzte ihr Lied. Eine milde Brise umwehte Josys Gesicht. Ließ ihre Haare tanzen. Sie schauderte. Automatisch beschleunigte sich ihr Atem. Adrenalin schoss wie glühend heiße Lava durch ihre Venen. Ihre Glock fest im Griff, erreichte auch sie den Eingang. Die große Holztür war angelehnt. Nicht verschlossen.
Will stieß die Tür auf. Jeff nickte, als würde er Entwarnung geben. Dann betraten sie das Haus. Will und Ian rannten die Treppe hoch ins Obergeschoss. Ray und Jeff scherten nach links aus. Sie nahm sich die rechte Seite vor. Miller folgte ihr. Das Haus war riesig. Und Miller zu langsam. Nach wenigen Sekunden hatte sie ihn abgehängt.
Sie kam in einen großen Salon. Von der hohen Decke hing ein gigantischer Kronleuchter. Möbel, Besitztümer, das gesamte Inventar war mit weißen Laken bedeckt. Sie rannte an einer Standuhr vorbei und betrat den nächsten Raum, der mit dicken Teppichen ausgelegt war. Außer den anwesenden Personen nahm sie keine andere aktive Aura wahr. Die Stille war ohrenbetäubend. Ihre plötzlich einsetzenden Empfindungen der blanke Horror. Sie fühlte den Tod, der erst vor Kurzem hier entlanggegangen war. Wie er das Holz, das Innenleben dieses Hauses in Grau gehüllt hatte. Wie er den letzten Atemzug aufgesaugt, den letzten Herzschlag gestohlen hatte. Den letzten Funken Existenz mitgenommen und für immer aus dieser Welt verbannt hatte. Er war es auch, der in den Räumen diese düstere Atmosphäre gesät hatte, die unter ihre Haut kroch und sich wie schnell laufende, dünne Spinnenbeine über ihrem Körper verbreitete. Ihr Blut wurde immer rascher durch die Venen gepumpt. Ihre Instinkte warnten sie vor jedem Schritt, der sie näher an das Verderben brachte.
Sie durchquerte eine kleine Bibliothek und gelangte in einen Wintergarten, dessen Glasfront einen breit gefächerten Blick auf die Landschaft bot. Bäume, immergrüne Sträucher, wachsende Blumen. Frieden. Der Tod kam nie in Frieden, auch wenn er selbst friedlich war. Sie hatte ihn oft wahrgenommen, wenn er sie bei ihren Einsätzen begleitete. Er wartete, bis sie den Körper fand, dessen Seele er mit sich nehmen wollte. Zu oft schon hatte sie ihre überempfindlichen Sinne verdammt. Den Tod zu kennen, war schrecklich. Ihn zu fühlen, war grausam. Ihn zu suchen, war erbarmungslos. Zu wissen, dass man Schuld an seinem Hiersein trug, war jedoch zum Verzweifeln.
Sie betrat das Speisezimmer. Dunkles Kirschholz. Rote Sitzbezüge.
Schreie …
Sie durchbrachen die Mark verzehrende Stille und vertrieben das Schweigen. Vertrieben jedoch nicht den Tod. Denn er war unwiderruflich. Es dauerte eine Weile, bis Josy kapierte, dass die Laute, die man Schrei nannte, ihrer eigenen Kehle entsprangen.
„Schöne Bescherung.“ Jeff trat neben sie.
Will drehte Josy von der Leiche weg und nahm sie in den Arm. So fest sie konnte, drückte sie ihre Nägel in seinen breitenRücken. Reiß dich zusammen. Reiß
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