Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)
nicht, dass du eine Schwester hast.“ Die junge Frau erhielt von Bernadette jene Antwort, die ihrer Schwester anscheinend ganz locker auf der Zunge lag, als hätte sie das, was nun kam, schon tausendmal ausgesprochen. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass Josephine schon seit vielen Jahren nicht mehr zu unserer Familie gehört.“
„Wie kann eine Schwester nicht zur Familie gehören?“
Auf diese Antwort war Josy genauso gespannt wie Blondi.
„Meine Schwester war eben schon immer etwas seltsam. Sie hat unsere Familie in Schwierigkeiten gebracht.“ Bernadette zuckte mit ihren schmächtigen Schultern, als könnte sie mit Unwissenheit rechtfertigen, was sie zu sagen hatte. „Von uns wusste damals keiner, wie man mit einem geistig zurückgebliebenen Kind umgehen sollte. Es war wirklich sehr hart mit ihr. Deswegen war es für uns alle besser, sie in einen Käfig voller Narren zu stecken. In diesem Internat war sie unter Gleichgesinnten. Alles durchgeknallte Psychos. Seitdem hat sie den Kontakt mit uns verweigert, aber wer wollte den schon haben.“
Warum verblüffte Josy ihre offene Feindseligkeit? Blondi saß ebenso überrascht und mit offenem Mund da. Wills Ausdruck hatte auch auf Erstaunen umgeschaltet. Nur Bernadette schien zufrieden. Sie hatte nicht einmal versucht, mit ihrer Abscheu hinter dem Berg zu halten. Auf derart großen Hass war Josy nicht eingestellt gewesen. In all den Jahren hatte sich also nichts geändert. Ihre Familie hielt sie noch immer für eine Bedrohung. Für einen geistigen Krüppel. Für eine Missgeburt, die ihr Leben zerstört hatte. Dass sie Josys ruiniert haben könnten, daran dachte niemand.
Will rückte näher und begann sanft, über ihren Arm zu streicheln. Am liebsten hätte sie sich verkrochen. Oder wäre aufgestanden und hätte ihrer Schwester für die Frechheit, sie so ungeniert zu demütigen, eine geschossen, nur um den stechenden Schmerz in ihrer Brust zu dämpfen.
Mein Gott, selbst nach so vielen Jahren taten solche Worte noch höllisch weh. War da etwa ein kleiner Funken Hoffnung geblieben, dass ihre Familie eingesehen hatte, was sie ihr angetan hatten?
„Für ein durchgeknalltes Kind hat sie sich aber ganz wacker geschlagen, möchte ich meinen“, warf Will locker in die Runde und schwenkte den Inhalt seines Weinglases.
„Und Sie sind?“, fragte Bernadette.
„Josys Freund.“
„Mein Vorgesetzter.“ Josy warf Will einen entschuldigenden Blick zu. Unbeirrt streichelte er weiterhin ihren Arm.
„Hm. Du bist also Fitnesstrainerin“, schlussfolgerte Bernadette nach einem prüfenden Blick auf Wills Oberarm.
Warum in Herrgotts Namen tat sie sich das überhaupt an? Warum suchte sie nicht das Weite? War sie masochistisch veranlagt? Anders konnte sie sich nicht erklären, wieso sie sitzen blieb.
„Josephine ist Kriminalbeamtin“, antwortete Will gelassen und sah ihre Schwester abfällig an. Sein Gesichtsausdruck so kalt wie der Winter in Sibirien.
„Lass gut sein, Will.“ Es gefiel Josy ganz und gar nicht, wie seine Augen bereits leuchteten. Sie erwartete, dass er ihre Schwester mit Haut und Haaren auffraß.
Der Kellner kam mit einer Platte voller Meeresfrüchte und unterbrach das Wortgefecht. Die kleinen Augen der Minitintenfische glotzten Josy an. Irgendwie hatte sie keinen Hunger mehr.
„Ach, du bist Polizistin geworden. Wie interessant. Dann kannst du mir ja ein paar Strafzettel löschen.“ Bernadette lächelte affektiert. Blondi tat es ihr nach.
„Irrtum, Bernadette“, sagte Will. „Josy ist keine Verkehrspolizistin. Sie war lange im Morddezernat tätig. Danach leitete sie ein SWAT-Kommando und nun arbeitet sie für mich und das FBI.“
Bernadette runzelte die Stirn. Das war wohl nicht das, was sie hören wollte. Dementsprechend musste sie ihre Taktik neu überdenken. Und zu ihrem nächsten Kinnhaken ansetzen. „Wow, Josy. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Ich freue mich für dich.“
Die Lüge klang grauenhaft. Schlichte Berechnung. Damit hatte sie es schon wieder geschafft, Josy eine mentale Ohrfeige zu verpassen. Natürlich hatte sie ihr das nicht zugetraut. Um ihre Hände zu beschäftigen, nahm Josy ein paar Muscheln auf ihren Teller.
„Hast du die Schlagzeilen eigentlich schon gelesen?“, fragte Blondi und sah Bernadette an, die sich endlich zu ihr an den Tisch gesetzt hatte. „Waren Sie bei den Ermittlungen dabei?“, richtete sie sich dann an Josy, nachdem Bernadette nicht antworten wollte.
„Ja. Ich war an den Ermittlungen
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