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Techno der Jaguare

Techno der Jaguare

Titel: Techno der Jaguare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manana Tandaschwili , Jost Gippert
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den blinden Bildhauer und seinen eiskalten Agenten um den Finger zu wickeln.«
    Beide lachten, und damit war das Gespräch beendet.
    Lisa hielt ein Taxi an und nannte dem Fahrer Alexanders Adresse.
    ***
    Lisas Schrei war im ganzen Haus zu hören. Vor lauter Schreck war sie zur Seite gesprungen und dabei rücklings mit Alexander zusammengestoßen. Er fing sie mit den Armen auf. In der sonnendurchfluteten Werkstatt hatte es sich eine große Schlange gemütlich gemacht. Alexander tastete nach dem Reptil, hob es empor und setzte es in ein riesiges Terrarium.
    »Keine Angst, das ist nur eine Kollegin von Ihnen. Ich arbeite an einer Schlangenskulptur, deswegen bleibt sie eine Weile hier. Wenn Sie möchten, lasse ich sie nach draußen bringen.«
    »Nein … solange sie in ihrem Terrarium bleibt, ist es kein Problem …« Lisa atmete auf. »Beißt sie denn nicht?«
    »Es ist eine Würgeschlange. Nur bei starkem Alkoholgeruch wird sie aggressiv«, sagte Alexander ruhig. »Bitte setzen Sie sich hier auf den Hocker. Wenn Sie bereit sind, fangen wir an.«
    Lisa warf einen Blick auf den Hocker, der wie die Möbel in Alexanders Büro aus Büchern bestand, und fing an, sich auszuziehen. Ihre Kleider legte sie auf ihre Tasche, die auf dem Boden stand. Zaghaft richtete sie sich auf und schaute hinüber zu Alexander. Der stand regungslos da. In dem großen Terrarium wand sich die Schlange. Auf Zehenspitzen ging Lisa zu dem Hocker aus Büchern. Ihr war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, sich auf Bücher zu setzen. Behutsam nahm sie darauf Platz.
    »Ich bin so weit«, sagte sie leise und atmete tief ein.
    Alexander kam auf sie zu. Jeglicher Ausdruck seines Gesichts war hinter der schwarzen Brille verborgen wie hinter einer Maske. Lisas Herz fing an zu rasen. Noch bevor er nahe genug war, um sie zu berühren, schloss sie die Augen. Der Bildhauer ging um sie herum, blieb hinter ihr stehen und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie zuckte zusammen. Alexanders Hände waren stark, die Handflächen etwas rau. Seine Finger glitten an ihrem Rücken herab bis zum Steißbein. Lisa bekam eine Gänsehaut.
    »Ich habe Sie nicht darum gebeten, sich auszuziehen«, sagte er mit kühler Stimme.
    Lisa erstarrte. Sie wollte aufstehen, aber die Hände des Bildhauers ließen es nicht zu.
    »Bleiben Sie, so sitzen Sie gerade gut. Ich bringe Ihnen etwas zum Anziehen.«
    Alexander kehrte mit einem Morgenmantel aus dünner Seide zurück. Lisa zog ihn an und erstarrte wieder. Sie hörte ihr Herz pochen. Ihre ganze Aufmerksamkeit wurde davon in Anspruch genommen, stillzusitzen und ihre Gefühle zu kontrollieren.
    Die Prozedur erwies sich als weitaus anstrengender, als Lisa geahnt hatte. Immer wieder wurde ihr Körper von Erregung und ungewollter Leidenschaft übermannt. Sie spannte sich an, verkrampfte, dann entspannte sie sich wieder und wurde locker. Sie durfte sich nicht bewegen. Alexander arbeitete hinter ihr. Den großen Tonklumpen, dem er nach und nach immer mehr Form verlieh, konnte Lisa nicht sehen. Jedes Mal, bevor er sie anfasste, tauchte er seine Hände in Wasser.
    Nach vier Stunden Stillsitzen merkte Lisa, dass sie nicht mehr konnte. Die Empfindungen, mit denen sie anfänglich zu kämpfen hatte, die Erregung, die Scham und alles andere war nun dem Schmerz in ihren Knochen gewichen.
    Am Abend fiel Lisa wie ein Stein ins Bett. Am nächsten Morgen nahm sie sich fest vor, dafür zu sorgen, dass ihr Interview während des Treffens nicht wieder zu kurz kam, denn sie hatte schon einen ungeduldigen Anruf aus der Redaktion erhalten.
    »Sie können mir gerne nebenbei Ihre Fragen stellen, das stört mich nicht. Hauptsache, Sie halten still. Wenn Sie auf dem Hocker sitzen, dürfen Sie sich nicht mehr bewegen.«
    »Ich brauche noch das Diktiergerät aus meiner Tasche. Die steht am Fenster, bei meinen Kleidern. Kippen Sie die Tasche einfach aus, dann finden Sie es leichter.«
    Lisa drehte ihren Kopf nach hinten und sah, dass Alexander das Diktiergerät bereits in der Hand hatte.
    »Ja, das ist es«, rief sie munter.
    Der Bildhauer schaltete es ein und legte es auf den Boden. Nun konnte das Interview weitergehen.
    In dieser ungewöhnlichen Situation wurde Lisa klar, wie sehr sie ihren Körper einsetzte, wenn sie sprach. Jetzt, da sie sich nicht bewegen durfte, fiel es ihr viel schwerer, ihre Gedanken in Worte zu fassen. Umso mehr, da sie ihren Gesprächspartner nicht sehen konnte. Mehrmals musste der Bildhauer ihre Haltung korrigieren, ihre Hände, die Schultern

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