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Techno der Jaguare

Techno der Jaguare

Titel: Techno der Jaguare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manana Tandaschwili , Jost Gippert
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gedacht, wenn ich einen Brand lege, dann überlebt sie. Sie überlebt, weil sie innerlich schon so ausgebrannt ist. So viel Glut, die brodelt und nicht verlöschen will. Zu viel Feuer schadet. Schadet dem Teint, schadet dem Glück. Bringt nichts, du kommst nicht weiter. Kenn ich ja. Ich habe immer gedacht, wenn ich sie mit kaltem Wasser übergieße, dann wird es das Feuer in ihr nicht zum Erlöschen bringen. Es wird es noch mehr entflammen, als würde sich das Wasser in meiner Hand in Benzin verwandeln. Ich habe immer gedacht, wenn ich sie lange genug in den Arm nehme, dann wird es mich verbrennen, mich ausrotten, so viel Selbstverstümmelungspotenzial, was da in ihr drinsteckt. Ich habe immer gedacht, wenn ich es zulasse, ich meine, verstümmelt zu werden, von meiner Tochter und den ganzen Messern und Pinzetten, die in ihr stecken, dann hinterlasse ich eventuell mehr Genugtuung für alle, mehr Erinnerungsvermögen. Habe ich nie getan. Nie so weit gekommen. Mein Leben hat nicht ausgereicht für die eigenen Bedürfnisse. Und dann, bing, macht es in mir. Wie ein Pfeil, der sich in meine Hirnzellen rammt. Und ich blute nicht. Dieser Pfeil ist letztlich das, was mich am Leben hält. Krebs nennt er sich. Ich habe ihn irgendwie erwartet. Die logische Konsequenz für mich. Ich habe irgendwie immer mit ihm geliebäugelt. Der Krebs und ich hatten irgendwie schon immer – einen guten Draht zueinander. Als meine Mutter an Krebs verreckte, da dachte ich auch, logisch ist das, mehr nicht. Logisch, dass der Krebs zu ihr kommt, in ihr Bett kriecht, sie liebkost. Ja. Habe ich irgendwie erwartet. Ich meine, damals nicht, ja, damals dachte ich, ich bin anders, ich bin anders als sie. Um mich wird der Krebs einen großen Bogen machen. Meine Konsequenz wäre ein Herzinfarkt oder so, so ein Leben habe ich mir ausgemalt. Mein Herz hält es nicht mehr aus, so viel Liebe, so viel Glück, so viel Leben, und hört auf zu schlagen. Eine großartige Konsequenz. Eine richtige. Nicht so ein armseliger Krebs, der kommt und einen von innen auffrisst. Da hat man gar keine Bonuspunkte mehr. Alles nach innen. Sogar der Tod, mein Tod. Das ist ungerecht, dachte ich mir immer. Nun ja, dann der Pfeil, und alles kam anders als gedacht. Alles kam anders. Der Pfeil hat in mir Dinge gelockert, ja, ja, genau so. Bin mit dem Auto zurückgefahren, vom Krankenhaus aus, von den vielen, vielen Spezialisten, die ich aufgesucht habe. Und da, im Auto, dachte ich mir, jetzt bist du dran. Jetzt bist du dran, verflucht! Dem Alexander nicht mehr den Thron anbieten, dem Kind nicht mehr den Körper anbieten, den es verstümmeln kann, je nach den Werkzeugen, je nach den Methoden, die es anwendet. Nein, ich, ich, ich, verdammt. Und die Angst, ja, die Angst wurde zu einem kleinen rosa Fuchs, den ich austricksen konnte, der weich und flauschig war. Die Angst, die konnte ich zähmen. Und ich habe sie gezähmt. Wie ich niemals mein Leben habe zähmen können, so habe ich den Tod gezähmt. Habe ihm eine Frist abverlangt, habe die Frist verlängert. Habe mich auf ein Spiel eingelassen. Der Tod war gerechter, im Endeffekt, als das Leben. Nicht dass ich mir das Leben nicht ausgesucht hätte, nein, das nicht. Kann ja keinem einen Vorwurf machen. Was immer ich gewollt habe, habe ich bekommen. Aber ich wusste nicht, dass das, was ich will – eine Falle war. Meine Wünsche haben mir einen Streich gespielt. Jetzt ist alles anders. Der Pfeil, der hat sie aufgespießt, hat sie endlich bezwungen, wie eine Bergspitze. Der Pfeil – mein treuer Gefährte. Der Unsichtbare. Der Holde. Da, im Auto sitzend, habe ich begriffen, ich bin angekommen. Und das Schwein wird verbluten. Die Metallwerkzeuge meiner Tochter werden endlich ausgeräumt, werden weggeschmissen. Das Schwein, die Drecksau, das Miststück der Oberklasse. Das mein Hirn in eine passive Masse verwandelt hat – zwecklos, funktionslos. Das meinen Körper zu einem zwecklosen, verhärteten weißen Sarg umgestaltet hat. Das Arschloch wird bluten. Und das alles durch den Pfeil. Ist das nicht was Feines? So ein Pfeil im Hirn? So eine feine Sache ist das. Jetzt bin ich dran.
    6.
    Da, wo man die Trüffelpasteten und die Soufflés isst, da, wo man die eigenen Wunden immer zugenäht lassen muss.
    lena    Der Junge, der dich gestern heimgefahren hat. Der liebt dich nicht. Der scheißt auf dich.
    agnes  Wie bitte?
    lena    Der ist es nicht. Das wird nichts.
    agnes  Was geht dich das an? Wer fragt dich überhaupt?
    lena    Auf

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