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Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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und flatterte mit Loiosh durch den Raum und erzählte ihm wahrscheinlich, was sie den ganzen Tag so gemacht hatte. Cawti erhob sich und sah mich fragend an. Sie trug eine Hose in Jhereg-Grau, die ohne Bund an der Hüfte saß, dazu ein graues Wams mit schwarzen Stickereien drauf. Zurückhaltend und fragend schaute sie mich an, den Kopf leicht zur Seite gelegt, die Brauen in diesem vollkommenen Gesicht, umrahmt von zauberschwarzem Haar, nach oben gezogen. Mein Pulsschlag beschleunigte sich so, wie ich schon befürchtet hatte, er würde es nicht mehr tun.
    »Ja?« fragte sie.
    »Ich liebe dich.«
    Sie schloß die Augen, wortlos, und öffnete sie wieder. Ich fragte: »Hast du die Waffe?«
    »Waffe?«
    »Der ermordete Ostländer. Wurde die Waffe liegengelassen?«
    »Nun, ja, ich vermute, daß jemand sie hat.«
    »Hol sie.«
    »Warum?«
    »Ich bezweifle, daß der Täter sich mit der Hexenkunst auskennt. Ich möchte wetten, daß ich seine Aura aufnehmen kann.«
    Ihre Augen wurden ganz groß, dann nickte sie. »Ich hol sie«, sagte sie und griff nach ihrem Umhang.
    »Soll ich mit dir kommen?«
    »Nein, ich glaube …« Dann: »Klar, wieso nicht?«
    Loiosh landete auf meiner Schulter und Rocza auf Cawtis, und wir gingen die Treppe hinab in die Nacht von Adrilankha. In gewisser Hinsicht war es besser geworden, aber sie hat sich nicht bei mir eingehakt.
    Schlägt euch das langsam aufs Gemüt? Ha. Gut. Mir nämlich auch. Mit jemandem, den man bloß umbringen muß, kommt man viel leichter zurecht. Als wir mein Gebiet verließen und in eine der ungemütlicheren Gegenden traten, hoffte ich, daß mir jemand auflauern würde, damit ich ein paar meiner Gefühle ausleben könnte.
    Unsere Schritte klackerten in leicht unterschiedlichen Abständen über das Pflaster, gelegentlich überlagerten sie sich, dann wieder gingen sie auseinander. Manchmal versuchte ich, meine Geschwindigkeit der ihren anzupassen, damit wir im Gleichschritt gingen, aber das half auch nicht. Wenn wir liefen, hielten wir uns nun einmal an unseren alten Kompromiß, den wir vor langer Zeit ausgearbeitet hatten zwischen den kürzeren Schritten, die ihr besser lagen, und meinen längeren. Gesprochen haben wir nicht.
    Die Gegend der Ostländer erkennt man zuerst an ihrem Geruch. Tagsüber wimmelt es überall nur so von draußenstehenden Tischen und Stühlen, an denen gegessen und getrunken wird, und die Küchengerüche sind ganz anders als die dragaeranischen. Ganz früh am Morgen fangen die Backstuben ihre Arbeit an; die Aromen von frischem ostländischen Brot ranken sich durch die Luft und überlagern allmählich die Dünste der Nacht. Diese Dünste der Nacht jedoch, wenn die Tische und Stühle draußen leer sind und die Backstuben noch nicht angefangen haben, sind jene von verrottendem Essen und den Kloaken von Menschen und Tieren. Nachts weht der Wind über die Gegend in Richtung Meer, und meistens kommt er von den Schlachthöfen im Nordwesten der Stadt her. So als könnte das wahre Gesicht der Stadt nur in der Nacht erwachen.
    Die Gebäude sind dann beinahe unsichtbar. Nur wenige Lampen und Kerzen, die in einigen Fenstern brennen, erzeugen Licht, so daß das Wesen der Formen um einen herum verborgen bleibt, dabei sind die Straßen so schmal, daß man sich mancherorts zwischen zwei Häusern kaum bewegen kann. Beizeiten hat man das Gefühl, man würde durch eine Höhle oder einen Urwald laufen, und die Stiefel treten häufiger in herumliegenden Müll als auf die dreckige, festgetrampelte Oberfläche der Straße.
    Wieder dort hinzugehen ist komisch. Einerseits hasse ich es. Dort ist alles, was ich unbedingt hinter mir lassen wollte. Andererseits spüre ich, umgeben von Ostländern, wie mich eine Anspannung verläßt, die mir erst dann auffällt, wenn sie verschwunden ist; und wieder trifft es mich wie ein Schlag, daß ich für einen Dragaeraner etwas anderes bin.
    Nach Mitternacht kamen wir dann zum ostländischen Teil der Stadt. Zu jener Stunde waren nur noch die Verwahrlosten wach und solche, die den Verwahrlosten auflauern. Beide Gruppen gingen uns aus dem Weg, womit sie uns den Respekt zuerkannten, der jedem geboten wird, der sich durch ein gefährliches Gebiet bewegt, als könnten Dolche ihm nichts tun. Ich würde lügen, würde ich behaupten, daß es mir keine Freude bereitete.
    Wir kamen zu einem Haus, dessen Eingang Cawti kannte. Die »Tür« war ein Bogen, vor dem ein Vorhang hing. Drinnen konnte ich nichts erkennen, aber ich hatte das Gefühl, in einer engen

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