Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teckla

Teckla

Titel: Teckla
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
über mich gewacht hat. Herth mußte Quaysh und alle anderen auf mich angesetzt haben, aber niemand hat mich angegriffen. Ich bin durch mein Gebiet gestürmt, habe mir alle geschlossenen Geschäfte angesehen, mein Büro, in dem ein paar Lichter brannten, den stillgelegten Springbrunnen im Malak-Kreisel, und wurde nicht einmal bedroht. Am Malak-Kreisel blieb ich dann eine Weile sitzen, am Rande des zerbröckelnden Springbrunnens. Loiosh schaute sich besorgt um, in der Erwartung eines Angriffs, dabei fühlte es sich an, als hätten seine Taten überhaupt nichts mit meinen zu tun.
    Während ich da saß, tauchten Gesichter vor mir auf. Cawti schaute mich mitleidig an, als hätte ich mir die Pest eingefangen und würde mich nie wieder erholen. Mein Großvater schaute streng, aber liebevoll drein. Ein alter Freund, Nielar, sah mich gelassen an. Und Franz tauchte auf, so seltsam es war. Er bedachte mich mit einem anschuldigenden Blick. Das war komisch. Warum sollte ich mir ausgerechnet über ihn Gedanken machen? Ich meine, ich habe ihn nicht gekannt, als er am Leben war, und das bißchen, was ich nach seinem Tod erfahren habe, hat mir gezeigt, daß wir nichts gemeinsam haben. Außer der einzigartigen Umstände unseres Treffens hatte er absolut nichts mit mir zu tun.
    Warum glaubte mein Unterbewußtsein, es solle ihn mir zeigen?
    Ich kannte jede Menge Dragaeraner, die anscheinend fanden, die Teckla seien die Teckla, weil es eben so war, und was ihnen auch zustieß, war in Ordnung, und wenn sie sich verbessern wollten, sollten sie doch. Das waren die Landherren, und sie genossen es, solche zu sein, und sie verdienten es, und niemand sonst, Punktum. Schön. Ich konnte diese Einstellung verstehen. Zwar hatte sie nichts mit dem zu tun, wie es bei den Teckla wirklich aussah, aber für die Realität der Dragaeraner ergab das viel Sinn.
    Ich kannte ein paar Dragaeraner, die sich laut über die Misere der Teckla beklagten, oder auch die der Ostländer, und die an Wohltätigkeitsorganisationen für die Armen und Obdachlosen spendeten. Die meisten von denen waren recht betucht, und manchmal fragte ich mich, warum ich sie so verabscheute. Aber irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, daß sie im stillen jene verachteten, denen sie halfen, und so schuldbeladen waren, daß sie sich über die Realität hinwegsetzten, damit sie sich einreden konnten, sie täten Gutes, sie würden wirklich was verändern.
    Und dann gab es noch Kelly und seine Leute; dermaßen versunken darin, wie sie eine Welt retten wollten, in denen alles und jeder ihnen gleichgültig war, außer den kleinen Ideen, die sie in ihren kleinen Köpfen herumschwimmen ließen. Vollkommen und absolut rücksichtslos, aber alles im Namen der Menschlichkeit.
    Das waren die drei Gruppierungen, die ich um mich erkannte, und da wurde mir klar, als ich mir Franz vorstellte, der mich mit einem Gesichtsausdruck ansah, aus dem Ehrlichkeit sickerte wie Eiter aus einer entzündeten Wunde, daß ich mich entscheiden mußte, wohin ich gehörte.
    Na, zu der letzten Gruppe mit Sicherheit nicht. Ich konnte nur Einzelpersonen töten, nicht ganze Gesellschaften. Meine Fähigkeiten schätze ich hoch ein, aber sie sind nicht so stark, daß ich willens wäre, eine gesamte Gesellschaft nur für die Kraft einer Ansicht zu zerstören, noch wäre ich willens, Tausende von Menschen aufzustellen, die hingeschlachtet würden, wenn ich mich irrte. Wenn jemand in mein Leben pfuschte – was zuvor geschehen war und auch wieder passieren wird –, nahm ich es persönlich. Ich war nicht bereit, es auf etwas derart Nebelhaftes wie eine Gesellschaft zu schieben und dann zu versuchen, die Bevölkerung aufzuwiegeln, damit sie sie für mich umstürzte. Ich nahm es, wie es war; als jemanden, der in mein Leben gepfuscht hat und um den ich mich mit einem einfachen, sauberen Dolch kümmern würde. Nein, bei Kellys Gruppe fand ich mich nicht wieder.
    Die zweite Gruppierung? Nein; ich hatte verdient, was ich besaß, und niemand würde mir Schuldgefühle einreden, nicht einmal Franz, den mein Unterbewußtsein in vergeblichem Bemühen, mich zu quälen, hervorgezerrt hatte. Diejenigen, die sich in einer Schuld suhlen, welche ihnen nicht zusteht, verdienen es nicht anders.
    Ich war einmal Mitglied der ersten Gruppe gewesen, und vielleicht war ich es noch, aber inzwischen mochte ich den Gedanken nicht mehr. Die waren es doch, die ich so lange gehaßt habe. Nicht die Dragaeraner, sondern diejenigen, welche über uns anderen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher