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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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Auf den anderen Sessel hob sie ihre Beine drauf. So saß sie mit ihrem Hintern im Rollstuhl, während ihre Beine auf sanft auf dem Polster ruhten.
    „Ist das bequem?“, fragte Esther staunend.
    „Sie spürt ihre Beine ohnehin nicht, deswegen kann sie es nicht beurteilen. Aber die Beine hochzulegen, auch wenn man sie nicht spürt, ist sicherlich nicht verkehrt.“
    Da Esther von gefühllosen Beinen keine Ahnung hatte, widersprach sie nicht. Sie hätte nur bei schmerzenden Beinen mitreden können, und da half Hochlegen durchaus.
     
    Nachdem nun einem scheinbar gemütlichen Nachmittag nichts mehr im Wege stand, schilderte Ingrid van Brekelkam ihre Lebensgeschichte, die ebenso verwunderlich war, wie ihre Sprache.
     
     
     

11
     
     
    Neid und Missgunst schlugen der liebreizenden Maria entgegen, als Bepo Rieder, der Sohn des verstorbenen Großbauern Julius Bepo Rieder, sie auf seinen Hof holte.
    Ausgerechnet eine Fremde, wurde getuschelt, gelästert und geschimpft. Der Julius würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erfahren würde, was sein Sohn da nur trieb. Eine Städterin, eine Zuagroaste, wie sie sie nannten, in ihrem Dorf. Da hörte sich doch alles auf!
    Insbesondere die Frauen des Dorfes waren von Marias großgewachsener Gestalt und den feinen Gesichtszügen wenig angetan. Richtig arbeiten, so wie es von einer Bäuerin verlangt wurde, konnte die doch sicherlich nicht, war man sich ganz sicher. Jeder mit Rang und Namen, und auch die, die nur mit einem Namen gesegnet waren, redeten auf den Bepo ein. So saß er erst bei seiner eifersüchtigen Schwester Kreszentia, kurz Zenzi vor, dann beim Bürgermeister, der eigens für die Wichtigkeit dieser Besprechung seine Amtskette umgelegt hatte. Danach schickte er den uneinsichtigen Bepo zum Chef der freiwilligen Feuerwehr, der ihn weiter zur Inhaberin des Dorfladens und die ihn weiter zum Pfarrer schickte. Dort angekommen, bestellte er gleich das Aufgebot. An diesem Tage nahm das tragische Schicksal seinen Lauf.
     
    Der Tod geschah auf unerklärliche Weise. Bepo Rieder geriet unter die Räder seines eigenen Traktors und erlag seinen Verletzungen ausgerechnet in der Minute, in der die schöne Maria von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Ob und wer hinter diesem plötzlichen Tod steckte, konnte nie aufgeklärt werden. Ohnehin war für die kleine Gemeinde etwas anderes von wesentlicherer Bedeutung. Hatte sich dieses Stadtmädchen doch bereits vor der Hochzeit der Liebe von Bepo Rieder hingegeben.
    „Ein uneheliches Kind, und das in unserer Gemeinschaft!“, wurde hinter vorgehaltener Hand getuschelt.
    „Eine Schande!“, rief die Inhaberin des Dorfladens aus.
    Der Bürgermeister schüttelte darüber den Kopf, und der Pfarrer schlug drei Kreuze.
    Die siebenunddreißig Einwohner, die nach Bepos Tod auf sechsunddreißig geschrumpft waren, waren sich einig: Maria und ihr Balg hatten in dieser Gemeinschaft nichts zu suchen.
    Und wer wusste das schon zu sagen, ging die Inhaberin des Dorfladens ihrer Tratschsucht nach, vielleicht war das Kind auch gar nicht vom Bepo?
    Unter Schimpf und Schande verjagten sie das schöne Mädchen vom Rieder Hof, allen voran seine missgünstige Schwester Kreszentia, kurz Zenzi genannt. So waren´s nur noch fünfunddreißig.
     
    Gedemütigt kehrt Maria in ihr Elternhaus zurück und brachte dort ihren Sohn zur Welt. Das Schicksal meinte es aber weiterhin nicht gut mit ihr, schon bald nach der Geburt warf sich ihr Vater von einer Brücke, und das deswegen, weil er mit der Schande, dass seine Tochter vor der Hochzeit ein Kind empfangen hatte, nicht fertig wurde. So etwas wurde auch in der Stadt nicht gerne gesehen. Bald danach folgte auch ihre Mutter, die über den Tod ihres Mannes nicht hinwegkam.
    Doch Maria war stark, und während sie tagsüber alle Kraft aufbrachte, um sich und ihr Kind über die Runden zu bringen, füllte sie Nacht für Nacht ihr Tagebuch nicht nur mit ihren Gedanken, sondern auch mit den bitteren Tränen ihrer Erinnerungen.
     
    Das Drama, „Tagebuch der Tränen“, das die schöne Ingrid van Brekelkam bereits in ihrer Kindheit geschrieben hatte, wurde 1953 in Hamburg uraufgeführt und machte die damals erst 19-Jährige über Nacht zum Star.
    Groß war sie, blond, und stets lag eine Sehnsucht in ihrem Blick, die scheinbar nie erfüllt wurde. Geboren in den Niederlanden, aufgewachsen in Frankfurt war Ingrid, die Tochter eines Schmiedehandwerkers und einer Hausfrau. Ihr dramaturgisches Talent wurde nur noch von ihrem

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