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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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schauspielerischen Talent übertroffen. Ingrid van Brekelkam verkörperte die Maria mit einer solchen Hingabe, dass es dem Zuschauer jedes Mal aufs Neue die Tränen in die Augen trieb.
    Das Stück ließ Ingrid van Brekelkam in den folgenden Jahren, die sie damit von Stadt zu Stadt und von Land zu Land zog, zu einer welterfahrenen Frau heranwachsen. Dass ihr jedoch ein ähnliches hartes Schicksal blühte, hätte sie damals gewiss nicht gedacht.
    Als es geschah, wurde das Stück bereits sechs Jahre erfolgreich aufgeführt. Das Siebte sollte bald folgen.
     
    Auf unendlich vielen Brettern dieser Welt habe sie gestanden, erzählte Ingrid van Brekelkam ungezwungen. Standing Ovations waren keine Seltenheit; von der damaligen Presse wurde sie als strahlender Stern gefeiert.
    Esther Friedrichsen war schwer beeindruckt und gratulierte Ingrid van Brekelkam zu ihrem Erfolg.
    Doch wie es das Schicksal manchmal so will, führte Ingrid ihre Erzählung fort, hatten diese Bretter, die sie immer so stark getragen hatten, just am ersten Tage des siebten Jahres einfach nachgegeben. Tief sei sie gefallen, seufzte Ingrid auf, dem Bühnentechniker direkt vor die Füße. Um ein Haar hätte sie ihn erschlagen. Von diesem Tage an war sie an den Rollstuhl gefesselt.
    Aus dem erfolgreichen Bühnendrama wurde Ingrids ureigenstes Drama. Die lebenslange Rente, die Ingrid bekommen sollte, war nichts im Vergleich zu dem, was sie dafür aufgeben musste.
    Wie Maria war aber auch Ingrid van Brekelkam eine starke Frau. Sie meisterte ihr Verhängnis auf kreative Weise und schrieb weiterhin Stücke. Doch den Erfolg von „Tagebuch der Tränen“ erreichte sie nie mehr.
    Ein Jahr später, als das Schicksal eine Pause einlegte, fand sie einen Mann und bekam ein Jahr später sogar eine Tochter. Von nun an schenkte Ingrid van Brekelkam all ihre Liebe und Aufmerksamkeit ihrer Familie. Gemeinsam zogen sie nach Bayern, genauer gesagt ins Pullacher Grün. Nähe der Isar lebten sie ein beschauliches, angenehmes Leben, als ein erneuter Schicksalsschlag das Glück zerstörte. Just in dem Moment, als sie von ihrem Arzt erfuhr, dass sie ein weiteres Kind erwarten würde, verstarb ihr Mann auf unerklärliche mysteriöse Weise. Unter die Räder seines eigenen Wagens sollte er geraten sein.
     
    Esther war von dem Leid, das Ingrid widerfahren war, sehr betroffen. Doch dass die Geschichte noch lange kein Ende nehmen sollte, erfuhr Esther beim nächsten Kümmelschnaps.
     
    Die Trauer um ihren Mann hielt Ingrid lange fest. Vielleicht war es Trotz, vielleicht aber auch, weil sie das Schicksal nicht annehmen wollte. Von heute auf morgen verkaufte sie die Rechte von „Tagebuch der Tränen“ − und das für eine ziemlich stolze Summe. Mit dem Lebenswerk, das ihr bisher nur Kummer gebracht hatte, wollte sie nichts mehr zu tun haben. Sie gebar einen Sohn und lebte zurückgezogen auf dem Lande. Ein kleiner Hof in Pöcking, idyllisch gelegen und weit ab von den Niederlanden, Frankfurt, Pullach und dem Rest ihres vorherigen Lebens sollte ihr einen Neuanfang ermöglichen. Dort fand sie auch bald wieder ins Leben zurück. Doch die Tinte, mit dem sie das Drama geschrieben hatte, schien wie Pech an ihren Fingern zu haften.
    Frühzeitig verließ die Erstgeborene das Haus und zog in die Welt hinaus. Mit den Ambitionen ihrer Tochter, Schauspielerin zu werden, war Ingrid van Brekelkam logischerweise nicht einverstanden. Und so überwarfen sich Mutter und Tochter. Wie in ihrem Drama blieb sie mit ihrem Sohn allein zurück. Wieder hatte sie den Kummer verarbeitet, als eine weitere Tragödie, sie herausforderte.
    Kurz vor seiner Hochzeit, genauer gesagt, drei Tage vorher, ereilte ihren Sohn dasselbe Schicksal wie sein Vater. Sein Tod trat just in dem Moment ein, als seine Zukünftige von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Es war ein Jammer!
    Zutiefst berührt, saß Esther einfach da. Sie zollte Ingrid van Brekelkam tiefsten Respekt. Wer so ein Schicksal trug und dennoch das Leben aufrecht meisterte, der hatte alle Hochachtung verdient. Esthers Stimme klang traurig und erschüttert, als sie wissen wollte, ob sie deswegen von sich selbst in der dritten Person sprechen würde.
    Ingrid nickte bestätigend. Sie würde gerne präzisieren, wie es ihr gelungen war, mit einer anderen Sprache das ihr vorgegebene Schicksal auszutricksen und damit das Leben ihres Enkels zu retten.
    Gespannt wartete Esther, bis Ingrid ihre Geschichte fortsetzte.
     
    Das Schicksal hatte die Spielkarten ausgeteilt. Ingrid

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