Tee und Toast
darin versteckt. Leider ging die Schwellung verhältnismäßig schnell
wieder zurück; ich glaube, wenn sie gestern zufällig eine Verabredung gehabt
hätte, wäre sie nie wieder zurückgekommen — was man ihr nicht einmal hätte
übelnehmen können, denn mit all der Einweckerei und
den Windpocken ist das Haus in einem unbeschreiblichen Zustand. Aber bald haben
wir alles hinter uns. Den Kindern geht es viel besser, und Sam und ich hatten
die Krankheit schon vor Jahrzehnten. Gloria ebenfalls — obwohl ich mich
diebisch gefreut hätte, wenn sie Onkel Richard von oben bis unten getüpfelt
empfangen hätte. Du hast es doch auch gehabt, oder ?«
»Natürlich hatte ich
Windpocken, wie jedes anständig erzogene Kind, aber Paul nicht. Er äußerte sich
über die ganze Sache in sehr überlegenem Ton, und als ich meinte, er solle
wenigstens nicht zu den Kindern hineingehen, antwortete er mir, das sei doch alles
nur Unsinn. Er und Windpocken? Schließlich sei das immer noch eine
Kinderkrankheit. Außerdem sei er schon allen Arten von Infektionen ausgesetzt
gewesen und hätte sich nie angesteckt. Es hinge weitgehend von der geistigen
Einstellung zu Krankheiten überhaupt ab .«
Aber irgend etwas ging schief.
Entweder war Pauls geistige Einstellung falsch, oder er war einem besonders
kräftigen Bazillus zum Opfer gefallen. Jedenfalls, als die Kinder endlich
fieberfrei waren, sah Paul eines Morgens recht scheckig aus. Er wollte es
einfach ignorieren, worauf ich mich aber nicht einließ und zu seinem größten
Zorn Dr. North anrief und ihn bat, auf seinem Weg nach Tiri bei uns
hereinzuschauen. Er schickte Paul einige Tage ins Bett, und ich rief sofort
Larry an, um ihr die Neuigkeit zu berichten. »Du Arme! Es muß doch leichter
gewesen sein, einen Tiger zu bändigen, als deinen lieben Mann im Bett zu
halten, oder ?«
Ich antwortete, daß ich es noch
nie versucht habe, ihr aber sehr dankbar sei, wenn sie am Abend Sam
herüberschicken könne, damit er sich auf Pauls Brust setze. Lind Tim ebenfalls.
Inzwischen, das ist wohl klar, hatte der außergewöhnlich kräftige Bazillus auch
noch Annes Zwillinge angegangen.
Gut, Paul war ein äußerst
schwieriger Patient, aber wir hatten alle unser Teil zu tragen, und vielleicht
war Larry in jenen Wochen des Durcheinanders am schlimmsten dran, denn sie
mußte mit Gloria auskommen.
Als ich ihr das sagte, blickte
sie mich nachdenklich an. »Ich weiß nicht«, meinte sie schließlich. »Paul
möchte ich mir auch nicht gerade gegen Gloria eintauschen. Er hat mir eben fast
den Kopf abgerissen, als ich einen Blick in seinen Käfig warf .«
Zwei Tage lang war Paul
unerträglich, aber mit vereinten Kräften konnten wir ihn zwingen, im Bett zu
bleiben. Dann wurde er langsam wieder normal und verlangte nach seinen
Kleidern. Ich versuchte gerade, ihn zur Vernunft zu bringen, als das Telefon
klingelte und Tantchen sagte: »Hallo, Susan, wie geht’s mit Paul? Mühsam? Das
habe ich mir gedacht. Lydia will euch helfen. Wo soll sie hingehen? Zu dir oder
zu Larry?«
Ich war sprachlos. Wir hatten
Mrs. Forbes vielleicht dreimal gesehen, und obwohl ich sie sehr nett und
sympathisch fand, erstaunte mich dieses Angebot sehr; aber Tantchen ließ mich
gar nicht erst zu Wort kommen. »Hier, sprich selbst mit ihr«, sagte sie, und
dann hörte ich eine tiefe, wohlklingende Stimme fragen: »Mrs. Graham? Gut, dann
Susan — vielen Dank. Hinter Ihrem Rücken nenne ich Sie natürlich sowieso Susan.
Haben Sie nicht Mitleid mit einer arbeitslosen Frau? Dann lassen Sie mich Ihnen
helfen. Ich habe natürlich schon Windpocken gehabt und bin in punkto
Krankenpflege nicht unerfahren. Wer braucht am nötigsten Hilfe? Sie oder Mrs.
Lee?«
Ich zögerte noch eine Sekunde,
dann nahm ich sie beim Wort. »Mein Gott, Paul ist zwar schlimmer als ein Kind,
aber es geht ihm schon viel besser, und er wird bald aufstehen können. Ich
glaube, Larry hat Hilfe nötiger, denn sie hat Gloria auf dem Buckel, und das
ist schlimmer, als Paul zu pflegen. Außerdem habe ich ja den alten Mick, der
mir ganz schön zur Hand geht .«
»Gut, dann werde ich Mrs. Lee
sofort anrufen .«
Und so kam es, daß Lydia Forbes
zu uns aufs Land hinauszog. Schon nach kurzer Zeit war es so weit, daß wir uns
fast um sie stritten.
Einige Tage nach ihrer Ankunft
entdeckte sie die unzähligen unbenützten Nummern der Korrespondenz-Fernschule
und fragte: »Ist das etwa für Christina bestimmt ?«
»Ja, und Christopher. Es sind
die Hefte für beide, aber ich habe
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