Tee und Toast
Zelte verkrochen. Wir hatten einen wundervollen Tag hinter uns.
Der unbeschreiblich schöne Sonnenuntergang, den wir erlebt hatten, hatte uns
alle in milde, ausgeglichene Stimmung versetzt. Lydia hatte sich während
unseres Spazierganges mit Onkel Richard einigermaßen wieder ausgesöhnt, da er
ihr in ruhigen, vernünftigen Worten auseinandergesetzt hatte, daß der Busch
nicht etwa aus Geldgier geplündert, sondern nach fachmännischer Anleitung
ausgeschlagen werde, was durchaus im Sinne der Natur sei. Sie hatten lange
miteinander diskutiert und das Problem selbst von der staatsökonomischen Seite
betrachtet, bis Lydia schließlich meinte, sie habe in ihrer Liebe zu den Blumen
und Pflanzen dieses Landes vielleicht zu engstirnig und schnell geurteilt, es
täte ihr leid. Onkel Richard war selig, die Mißstimmung beseitigt zu haben, und
Larry hatte mich ebenso selig in den Arm gekniffen.
Als Larry und ich unter unsere
Decken krochen, mußten wir feststellen, daß wir doch nicht so vernachlässigt waren,
wie wir es uns am Vormittag eingebildet hatten. Unsere Männer hatten uns die
bequemsten Lagerstätten gebaut, die man in einem Zelt erwarten kann.
Ich konnte nicht sofort
einschlafen. Alles war irgendwie fremd. Der Busch schien herangerückt zu sein,
der Schrei einer Eule heulte durch die Nacht. Das gleichmäßige Rauschen der
Wellen wurde vom Tosen der Brandung hinter den Felsen begleitet. Doch ich war
sehr zufrieden.
Zumindest eine Stunde lang,
denn dann hörte ich auf einmal ein Summen und Brummen, das nicht vom Meer
herrühren konnte. Eine Invasion von Moskitos! Warum sie mit ihrem Überfall bis
jetzt gewartet hatten, war mir schleierhaft, noch dazu, wo unsere Laternen seit
langem gelöscht waren, aber auf einmal waren sie eben da, und zwar in Scharen.
Ich setzte mich auf. Zum Glück hatte ich mich reichlich mit
Insektenschutzmittel eingedeckt. Ich knipste meine Taschenlampe an und holte
eine Flasche davon aus meiner Reisetasche.
Offensichtlich hatten sie alle
Zelte zur gleichen Zeit angegriffen, denn ich hörte Murmeln und klatschende
Geräusche aus dem »Männerzelt«, in dem Julian, Paul, Sam und Onkel Richard
schliefen. Larry wachte auf, schlug wütend um sich und schimpfte: »Verflucht!
Moskitos. Ich wußte ja, daß es zu schön war, um wahr zu sein .« Aber Gloria mußte natürlich sofort wieder die Nerven verlieren. Sie sprang aus
dem Bett und gebärdete sich wie wild. »Wenn das so weitergeht, werde ich
irrsinnig«, kreischte sie. »Sie schwirren mir im ganzen Gesicht herum. Ich
halte das nicht aus .«
Ich zündete unsere Laterne an.
»Ich habe ein Insektenschutzmittel«, sagte ich. »Das hilft. Ich werde jedem ein
paar Tropfen auf das Kopfkissen schütten .« Alison
streckte ihr attraktives Naschen aus der Decke und bedankte sich, und Larry
meinte: »Du bist unsre Rettung, Susan. Du denkst eben an alles .« Aber Gloria schnüffelte nur einmal an der Flasche und
schüttelte sich vor Ekel. » Ih ! Diesen Geruch ertrage
ich nicht. Wie gräßlich. Auf mein Kopfkissen? Bitte nicht, ich flehe Sie an! Es
könnte in mein Haar kommen .«
»Immer noch besser als Moskitos
in der Frisur«, sagte Larry trocken, aber Gloria stieß wie ein ungezogenes Kind
die Flasche weg. »Warum bin ich nur je in dieses fürchterliche Land gekommen ?« jammerte sie. »Und jetzt auch noch hier sein zu müssen,
von Gott und der Welt verlassen! Womit habe ich das verdient ?«
Ich wollte sie zur Vernunft
bringen, aber sie war so müde und fertig, daß nichts zu machen war. Ich glaube
nicht, daß nur die Moskitos daran schuld waren. Es war einfach das, was man die
»allgemeine Situation« nennen konnte.
Inzwischen drangen wütende
Flüche aus dem Männerzelt, und Christina fing an zu weinen. Es blieb nichts
anderes übrig, als Unmengen von Insektenschutzmittel zu verspritzen. Nach
kurzer Zeit kam Paul mit einer halbleeren Flasche in unser Zelt.
Sein Gesicht war grimmig, sein
rechtes Augenlid rot und schon geschwollen. Ihn hatte es also bereits erwischt.
Er war erleichtert, mit seiner Flasche wieder abziehen zu können, die er uns so
heroisch zur Verfügung stellen wollte.
Allmählich zogen sich die Moskitos
wieder in ihr Lager zurück, und ich war froh, noch eine zweite Flasche davon in
Reserve zu haben. Trotzdem würden wir damit nicht vier Nächte lang auskommen,
aber vielleicht genügten die beiden Flaschen, unsere Kopfkissen und Zelte so zu
verpesten, daß die Moskitos von uns ablassen würden. Jedoch vorerst schien
Gloria den
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