Teeblätter und Taschendiebe
Vergünstigungen. Außenstehende wären nur im Wege.«
»Da irrst du dich leider sehr, Liebes. Osmond Loveday meint, das Center brauche dringend einen kultivierenden Einfluß.«
»Da ist der Herr aber völlig falsch gewickelt. Die Mitglieder des Centers brauchen dringend eine Möglichkeit, ihr Selbstbewußtsein zu stärken, indem sie Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen, und genau diese Möglichkeit bekommen sie von Dolph und Mary. Falls Osmond Loveday so scharf darauf ist, sich mit einem Haufen wohlhabender Wohltäter zu umgeben, sollte er sich besser nach einem anderen Job umsehen. Früher oder später werden Dolph und Mary ohnehin merken, daß Osmond im SCRC völlig überflüssig ist, und ihn endlich feuern.«
»Sarah, das ist wirklich nicht nett von dir. Osmond Loveday macht seine Arbeit mit Hingabe.«
»Alles, was Loveday macht, ist, steinreichen Leuten schönzutun und ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen«, gab Sarah zurück. »Hat er dir gegenüber schon eine Bemerkung fallenlassen, wie hilfreich eine kleine Spende wäre?«
»Er hat nur erwähnt, daß bisher leider nur sehr wenige großzügige Gönner gewonnen werden konnten«, mußte Appie zugeben.
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Er hat nicht zufällig auch noch erwähnt, daß es vielleicht daran liegt, daß Dolph und Mary gar nicht beabsichtigen, großzügige Gönner aufzutun? Bisher bestand dazu nämlich gar kein Anlaß. Das Center trägt sich ganz gut selbst, und zwar durch den Verkauf von Recyclingmaterial und den freiwilligen Einsatz der Mitglieder, und genau so soll es ihrer Meinung nach auch in Zukunft bleiben.«
»Sarah, Liebes, ich befürchte, wir kommen vom Thema ab. Soll ich dich lieber für Donnerstag oder für Freitag vormerken?«
»Weder noch. Ich bin bereits mit den Vorbereitungen für die Versteigerung beschäftigt, und Dolph möchte, daß ich bei der Öffentlichkeitsarbeit für das neue Wohnheim mitmache. Max meint, das sei mehr als genug.«
In Wirklichkeit hatte Max nichts dergleichen gesagt, aber Tante Appie hatte sich dreiundvierzig Jahre lang von Onkel Samuel bevormunden lassen und hielt es für gottgegeben, daß alle Gattinnen ihren Gatten bereitwillig als Fußabtreter dienten. »Nun ja, wenn Max den Eindruck hat -«
»Allerdings. Tante Appie, ich wollte dich sowieso anrufen. Wie heißt Tigger eigentlich richtig?«
»Tigger? Was für eine merkwürdige Art, das Thema zu wechseln, Liebes. Wie kommst du denn bloß auf Tigger?«
»War sie es denn etwa nicht, die dir diesen Unsinn mit den freiwilligen Helfern eingetrichtert hat?«
»Eingetrichtert ist wirklich nicht das richtige Wort, Liebes. Nun ja, Tigger ist tatsächlich rein zufällig zum Tee hereingeschneit und hat erwähnt, daß sie den Tag damit verbracht hat, im Center gute Werke zu vollbringen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie überglücklich diese Neuigkeit dein altes Tantchen gemacht hat. Ich habe mir immer soviel Mühe gegeben, das arme kleine Lämmchen auf den richtigen Weg zu führen. Ich habe sie seinerzeit sogar für mehrere sehr interessante Kurse angemeldet, Gregorianische Gesänge und Balinesischen Stoffdruck und die Geschichte der Theologie in Neuengland mit besonderer Berücksichtigung von Cotton Mather -ich war mir so sicher, daß sie sich brennend für Cotton Mather interessieren würde, doch sie hat mir nur einen ihrer Blicke zugeworfen, und damit war die Sache für sie erledigt. Ich mußte die Kurse dann selbst besuchen, sonst hätte ich das Geld ja ganz umsonst ausgegeben, und ich muß zugeben, Cotton Mather war wirklich nicht ganz das, was ich - nun ja. Als Tigger dann gestern abend zu mir kam und mir erzählte, sie habe ehrenamtlich im Center gearbeitet, hat sie damit meine kühnsten Erwartungen übertroffen. Du verstehst doch sicher, daß wir sie jetzt unbedingt bei ihrem guten Werk unterstützen müssen, nicht? Bist du ganz sicher, daß du nicht doch gern am Freitag einspringen möchtest?«
»Ich bin ganz sicher. Du solltest lieber herausfinden, ob Tigger tatsächlich nur ein gutes Werk tun will, bevor du dich Hals über Kopf in die Sache hineinstürzt«, erwiderte Sarah. »Du hast mir immer noch nicht verraten, wie sie richtig heißt, und ich habe für diese Frage gute Gründe. Sie ist nämlich gestern nur im Center gelandet, weil sie mir gefolgt ist, als ich dort die Adressenliste für die Versteigerung abholen wollte. Als ich sie mit Mr. Loveday bekannt machen wollte, wurde mir schlagartig klar, daß ich keine
Weitere Kostenlose Bücher