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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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reagierten. Sie würden wahrscheinlich sogar ihre Freunde mitbringen. Bis jetzt lief alles genau nach Plan.
    Der Ballsaal faßte mühelos zweihundert Stühle, im Notfall sogar noch mehr. Einige Besucher würden früher gehen, andere erst spät erscheinen. Sie brauchten sich keine Sorgen um etwaige Brandschutzvorschriften zu machen, da der Raum an drei Seiten mit hohen Glastüren und zahlreichen Fenstern versehen war. Die drei großen Türen, die den Flügel mit dem Haupthaus verbanden, konnten geöffnet werden, so daß die Leute sich auch auf den riesigen Salon und das angrenzende Eßzimmer verteilen konnten, wo der Champagner ausgeschenkt wurde und sich Schauspieler mit Tabletts unter die Gäste mischten und kleine Snacks anboten. Sehr wahrscheinlich würden sich viele, vor allem die Ehemänner, weit mehr für den Champagner und die jungen Schauspielerinnen in ihren hübschen Kleidern aus den zwanziger Jahren interessieren als für die Auktion.
    Mit Ausnahme des Foyers und der Toiletten im Untergeschoß wollten sie alle übrigen Räume abriegeln. Das Haus war eigens für Veranstaltungen im großen Stil entworfen worden, auch wenn die letzte schon geraume Zeit zurücklag. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, daß Dolph und Mary das Haus nun zwar seiner eigentlichen Bestimmung gemäß nutzten, aber nicht etwa für einen Festball oder einen vornehmen Empfang, sondern nur, um einen Großteil des angesammelten Ballasts loszuwerden, als Einstimmung auf eine neue Ära, in der höchstwahrscheinlich auch das Haus überflüssig sein würde.
    Sie sollten wenigstens ein einziges Mal eine rauschende Ballnacht veranstalten und den Erlös in den Fonds einfließen lassen, fand Sarah. Theonia wäre sicher begeistert. Neulich hatte sie wie eine Königin ausgesehen, als sie hier an dem kerzen- und blumengeschmückten Tisch gesessen hatte, hinter sich auf dem Sideboard das glänzende Silber von Großtante Matilda.
    Später war ihr Theonia bei ihrer kleinen Vorstellung in der Bibliothek in der Tulip Street wie eine völlig andere Art von Königin erschienen. Es hatten eigentlich nur noch romantische Geigen, stampfende Rosse und ein mächtiges Kaminfeuer gefehlt, das wilde Schatten über sie huschen ließ, als sie die alte Porzellantasse gegen die Wand schmetterte und majestätisch in der Dunkelheit verschwand, ohne auch nur ein einziges Wort der Erklärung abzugeben.
    Theonia war alles andere als verrückt oder überdreht. Sie hatte zwar ein ungewöhnliches Leben hinter sich, doch sie hatte ihr Schicksal hervorragend gemeistert. Wie viele Waisen, die sich mit dreizehn Jahren allein, ohne einen Cent in der Tasche und ohne Schuhe an den Füßen in einer fremden Welt wiederfanden, auf die sie nicht vorbereitet waren, hätten sich wohl so gut über Wasser halten können wie sie? Theonia hatte sich allen widrigen Umständen zum Trotz so ehrbar wie möglich durchgeschlagen und sich nach Kräften weitergebildet, bis sie schließlich über die
    Eleganz und die feinen Manieren einer echten Dame verfügte, die sie so gern sein wollte und im Grunde immer gewesen war, auch wenn es ihr nie jemand gesagt hatte.
    Wie man die Sache auch betrachtete, Theonia war eine bewundernswerte Frau und sicher der letzte Mensch in der Welt, der ohne Grund ein kostbares Familienerbstück zerstörte. Aber warum hatte sie dann die Tasse zerbrochen?
    Aber es gab halt Dinge, über die man einfach nicht sprechen konnte. Wenn Theonia es wünschte, würde sie ihnen ihr merkwürdiges Verhalten sicher irgendwann erklären. Sarah schüttelte den Kopf und machte sich wieder daran, bizarre Nippsachen in Tragetaschen zu verstauen.
    Genevieves Abendessen schmeckte hervorragend, doch als sie fertig gegessen hatten, waren sie zu müde, um sich noch zu unterhalten. »Komm, Sarah«, sagte Max, »wir müssen das Baby ins Bett bringen. Wo ist denn Harry Buir abgeblieben, Dolph? Wir könnten ihn im Auto mitnehmen. Er muß doch auch nach Boston.«
    »Ich schau mal nach«, sagte Mary, kehrte jedoch allein zurück. Harry hatte in der Küche zu Abend gegessen und dann verlauten lassen, er müsse fort, weil er mit jemanden verabredet sei. George hatte ihn daraufhin zur Chestnut Hill Station gefahren.
    Sarah fragte sich, ob Harry wohl heute abend wieder im >Broken Zippen hinter dem Tresen stand. Am Dienstag hatte er noch bei Chets Beerdigung gepredigt. Manche Menschen führten ein seltsames Leben.

Kapitel 15

    Eines der Fundstücke, die Max für die großen Auktionshäuser beiseite

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