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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hat seinen Brustkorb durchbohrt und ist bis in den Boden gedrungen. Finden Sie es nicht etwas unlogisch, in diesem Fall von einem Unfall auszugehen?«
    »Keineswegs. Sie werden die genauen Umstände sicher klären. Meine Frau fragt sich bestimmt schon, wo ich so lange bleibe. Kommen Sie, Osmond. Hier stehen Sie nur unnötig herum und sind anderen im Weg. Falls Sie beabsichtigen, George und Walter die ganze Nacht auf den Beinen zu halten, Lieutenant, denken Sie bitte freundlicherweise daran, daß den beiden für Überstunden fünfzig Prozent Zuschlag zusteht und ich das Geld aus meiner eigenen Tasche bezahlen muß.«
    »Wie Sie meinen, Mr. Kelling. Ich hoffe doch, daß weder Sie noch Mr. Loveday beabsichtigen, das Haus heute nacht zu verlassen?« Codfin blickte hinüber zu der riesigen architektonischen Scheußlichkeit, in der immer noch etliche Fenster hell erleuchtet waren. »Ich nehme an, Sie haben genug Platz, um Mr. Loveday heute nacht irgendwo unterzubringen?«
    »Für mich steht jederzeit eine Suite bereit«, informierte ihn Loveday mit herablassender Miene. »Zumindest gehe ich davon aus, daß dies immer noch der Fall ist. Ich hatte in letzter Zeit wenig Gelegenheit, sie zu nutzen.«
    »Ich glaube kaum, daß sich jemand an Ihren rosa Schlafanzügen vergriffen hat«, knurrte Dolph. »Nein, Lieutenant, außer in mein Bett gehe ich heute nacht ganz bestimmt nirgendwo mehr hin. Max, ihr übernachtet am besten auch hier. In ihrem Zustand müßte Sarah eigentlich schon im Bett sein.«
    »Du wirst es nicht glauben, aber genau das hat sie vorhin auch getan. Ich muß allerdings noch schnell die jungen Leute nach Boston zurückbringen.«
    »Ach, zum Teufel damit. Wir schicken sie einfach per Taxi nach Hause.«
    »Von welchen jungen Leuten sprechen Sie, Mr. Bittersohn?« fragte Codfin.
    »Von einer Gruppe junger Schauspieler und Schauspielerinnen, die heute abend netterweise bei uns eingesprungen sind. Ich glaube allerdings nicht, daß einer von ihnen das Haus verlassen hat. Sie trugen Kostüme, haben sich unter die Gäste gemischt und Champagner und Snacks serviert. Wahrscheinlich möchten Sie aus Routinegründen gern die Namen wissen, aber die Leute werden Ihnen nicht viel weiterhelfen können.«
    »Haben die jungen Leute etwas mit dem Senior Citizens' Recycling Center zu tun?«
    »Nicht das geringste. Sie wurden speziell für diesen Abend von einem Mann namens Charles C. Charles, der unter anderem auch als Schauspieler arbeitet, engagiert. Charles ist außerdem für die Frau meines Cousins Brooks Kelling tätig und wohnt in Boston, in der Tulip Street 30.«
    »Verstehe. Vielen Dank. Sergeant Mufferty, warum gehen Sie nicht zusammen mit Mr. Kelling und Mr. Loveday ins Haus und versuchen herauszufinden, ob diese Schauspieler nicht vielleicht doch etwas gesehen haben. Und jetzt zurück zu Ihnen, Mr. Burr. Es lag wirklich nicht in meiner Absicht, Sie so lange zu vernachlässigen, aber Sie wissen ja, wie das ist.«
    »Und ob ich das weiß. Also, mein Name ist Harold Eustis Burr. Ich wohne in der Herbei-o-ihr-Gläubigen-Kirche, Amber Street 27 in Boston.«
    »Arbeiten Sie dort als Geistlicher?«
    »Nein, man läßt mich lediglich aus Kollegialität unten im Keller schlafen.«
    »Ich dachte eben schon, daß mir Ihr Name bekannt vorkam. Ich hatte vor langer Zeit die Ehre, Sie verhaften zu dürfen, Mr. Burr, in den sechziger Jahren, als ich noch Streifenpolizist war. Sie nahmen an einem Sitzstreik auf der Kreuzung Boylston Street und Hammond Street teil und hielten ein rotes Schild hoch, auf dem >Gebt dem Frieden eine Chance< stand.«
    »Das ist sehr gut möglich«, sagte Burr. »An den speziellen Zwischenfall kann ich mich nicht erinnern, aber es waren schließlich bewegte Zeiten.«
    »Dann sollte ich Sie korrekterweise mit Reverend Burr anreden, nicht wahr?«
    »Nein, das brauchen Sie nicht. Im Grunde ist Reverend nur ein Adjektiv. Wenn Sie unbedingt wollen, können Sie Reverend Dr. Burr zu mir sagen, aber es ist schon so lange her, daß ich eine eigene Pfarre hatte, daß der Titel heute lächerlich anmaßend klingt. Im Gefängnis nennt man mich schlicht und einfach Harry, und daran habe ich mich inzwischen gewöhnt.«
    Anscheinend war Lieutenant Codfin noch nicht ganz so weit, ihn ebenfalls so zu nennen. Er räusperte sich. »Ich muß Sie leider fragen, ob Sie außer wegen zivilen Ungehorsams noch andere Vorstrafen haben.«
    »Ja, ich habe einmal einen Polizisten angegriffen, weil er auf ein junges Mädchen eingeschlagen

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