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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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fragte Kastner verdutzt den Chef: »Wen meint die mit ›Freund‹?«
    Â»Ja, wachst du jetzt endlich auf, du Träumer? Das ist doch klar, dass die einen Freund hat, oder? Von der Optik her könnt’ die ja grad’ die Miss Germany sein. Und so eine wird dann keinen Freund haben, ganz klar, du Hirsch!«
    Als Kastner dann noch meinte, dass es ja vielleicht wirklich nur ein »guter Freund« sei, schüttelte Nonnenmacher verständnislos den Kopf und vergrub sich hinter der »Tegernseer Zeitung«. Immerhin stand hier, dass die Anzahl der Straftaten, die im Landkreis Miesbach verübt worden waren, um 0,8   Prozent niedriger liege als im Vorjahr. Wer, wenn nicht vor allem ihre außerordentlich effektiv und modern arbeitende Dienststelle, durfte sich das auf die Kappe schreiben?, dachte sich Nonnenmacher und ließ die Fliege, die sich auf genau diesem Zeitungsartikel niedergelassen hatte, fürs Erste weiterleben.
    Als Anne das Türchen zu ihrem Garten öffnete, sprach sie jemand von hinten an: Ob sie die neue Frau von Rothbach sei, fragte der bartlose Mann, der einen Tegernseer Hut und eine hellgraue Trachtenjoppe zur dunkelgrauen Hose und blank geputzten Haferlschuhen trug. »Ja, sozusagen«, erwiderte Anne, sie heiße allerdings Loop und sei nicht mit Bernhard verheiratet.
    Â»Soso«, sagte der Mann, er habe sie und das kleine Mädchen und den Bernhard schon beobachtet in den vergangenen Tagen. »Sie haben ja nicht gerade viele Möbel mitgebracht bei Ihrem Umzug, und auch nur vierzehn Umzugskisten, nicht wahr? Das ist doch für so ein hübsches junges Fräulein, wie Sie sind, mit, ich sage mal, Kind und Kegel, nicht sehr viel, oder?«
    Anne fand es höchst merkwürdig, dass der Mann genauer über den Umfang ihres Hausrats Bescheid wusste als sie selbst, und sie hatte eigentlich auch keine Lust auf ein längeres Gespräch, weil drinnen die kranke Lisa und der angeschlagene Bernhard warteten. Allerdings hatte ihr Bernhard empfohlen, sich, wann immer möglich, die Zeit für einen kleinen nachbarschaftlichen Plausch zu nehmen. Denn das sei hier so üblich und auch ungeheuer wichtig, um von den Einheimischen akzeptiert zu werden. Für ein Gespräch unter Nachbarn habe man am Tegernsee einfach Zeit. Und wenn man darin ein bisschen Übung habe, dann mache das sogar Spaß. Außerdem könne man bei diesen Gelegenheiten viel über die Natur, den See, die Bergwelt und das Brauchtum lernen. Also antwortete Anne dem Mann: »Wenn Sie die Familie Rothbach kennen, dann wissen Sie wahrscheinlich auch, dass in dem Haus noch die Möbel von Bernhards Eltern stehen. Also, das Haus ist ja praktisch schon möbliert. Deswegen haben wir nicht mehr viele weitere Möbel reinstellen können.«
    Â»Soso«, sagte der Mann. »Und, gefällt’s Ihnen am Tegernsee?«
    Â»Ja, sehr«, erwiderte Anne mit ehrlicher Begeisterung. »Die Berge, die frische Luft, der See, das ist schon was anderes als in München, wo wir mitten in der Stadt gewohnt haben.«
    Â»Ja, laut ist es hier halt, an der Schwaighofstraße, gell?«
    Â»Na, da müssten Sie mal nach München zum Stachus kommen, wie laut es da ist. Also für mich ist das hier Idylle pur.«
    Â»Soso, dann gefällt’s Ihnen hier also, soweit man das nach ein paar Tagen sagen kann, nicht?« Der Mann zögerte und sagte dann: »Was ich Ihnen noch sagen wollte: Sie müssen sich so eine Rolle für die Zeitung besorgen, weil die wird sonst nass, wenn’s regnet oder wenn’s schneit.«
    Â»Ah ja, vielen Dank für den Tipp, Herr …, ach, jetzt habe ich Ihren Namen vergessen«, log Anne, denn der Mann hatte sich ihr gar nicht vorgestellt.
    Â»â€¦Â Schimmler.« Er reichte Anne die Hand. »Soso, dann …«
    Ehe er weitersprechen konnte, unterbrach Anne ihn und sagte: »Ich muss jetzt leider schnell rein, weil meine Tochter und Bernhard krank sind.«
    Â»Ach deshalb. Ich hab’ mich schon gewundert, dass Sie am helllichten Tag daheim sind. Urlaub werden’s ja keinen haben, hab’ ich mir gedacht, wenn’s erst gerade angefangen haben bei der Polizei in Wiessee. Da arbeiten Sie doch, nicht?«
    Â»Ja, da arbeite ich«, antwortete Anne, die sich immer mehr wunderte, wie viel der Mann über sie wusste. »Also dann, Herr Schimmler, auf gute Nachbarschaft!«
    Â»Jaja, man wird sehen«, sagte

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