Tegernseer Seilschaften
bitte nicht so laut. Man könntâ uns hören.«
»Ich glaubâ, ihr habtâs nicht mehr alle. Ich gehâ.« GroÃmann drehte sich um und wollte wieder nach Galaun hinabsteigen, denn für solche Kindereien hatte er nun beileibe keine Zeit â die Arbeit, die anspruchsvolle Gattin, das Solarium.
»Halt, bleib da!«, rief Hörwangl im Aufspringen und bekam GroÃmann an der Schulter zu fassen. Der riss sich aber los und ging zügig ein paar Schritte weiter in Richtung Tal. Hörwangl eilte ihm hinterher und stellte sich ihm in den Weg, wobei er beinahe über eine Baumwurzel gestolpert wäre. »Jetzt bleib halt da! Um den Kürschner gehtâs, den Sauhund!«
Fiel der Name Kürschner am Tegernsee, verfehlte das nie seine Wirkung, und so blieb auch GroÃmann stehen und fragte neugierig, was denn bitte mit dem Kürschner sei und warum Hörwangl diesen einen Sauhund nenne.
»Jetzt kommst erst einmal zurück, dann erklären wirâs dir«, erwiderte Hörwangl und schob GroÃmann zurück zu den Stufen der Riedersteinkapelle. Dort drückte er den Installateur auf den obersten Absatz nieder, zog einen Flachmann aus der gestrickten Joppe, schraubte ihn auf, nahm einen Schluck, gab das Fläschchen an die anderen weiter und holte zu einer umfassenden Erklärung aus: Der Milliardär Kürschner, der Heuschreck, der dreckige, habe nämlich im Prinzip nicht nur ihrer dreier Leben verpfuscht, sondern auch das des Fichtner Ferdl. Der habe sich nämlich nur dem Kürschner seinen Machenschaften wegen umgebracht. GroÃmann guckte zweifelnd, doch Hörwangl lieà sich jetzt nicht mehr verunsichern, der Zug rollte: Der Kürschner habe nämlich eine Bank. Und diese Bank habe einen Aktienfonds gegründet.
»Aufgelegt, heiÃt das«, warf Amend ein.
»Ja, halt gemacht hat er einen«, so Hörwangl. »Und der Josef Bichler, der für den sauhundigen Kürschner als Finanzberater, also als berufsmäÃiger Lügner arbeitet, hat uns, also den Nagel Pius, den Amend Klaus, den Fichtner Ferdl und meine Wenigkeit in diesen ganz und gar niederträchtigen Betrugsfonds hineingeredet, was zur Folge hat, dass wir vier zusammen jetzt eine Million verloren haben.«
»Was?«, staunte GroÃmann. »Eine Million Euro?« Diese Zahl war auch für ihn, der in den Häusern der Reichen und Schönen des Tegernseer Tals ein und aus ging, groÃ, und er brauchte eine kurze Weile, um sich die vielen Nullen vorzustellen. Dann sagte er: »Ja, wo habtâs denn ihr so viel Geld her?«
»Na ja«, erklärte Hörwangl, »eine Million geteilt durch vier macht nach Adam Riese Zweihundertfünfzigtausend. Jeder von uns hat halt alles, was er gehabt hat, dem Bichler, also dem Kürschner, in den Rachen geworfen. AuÃerdem haben mir teilweise Wald verpfändet, Schulden aufs Haus aufgenommen und und und.« Beim letzten »und« pfefferte Hörwangl einen Tannenzapfen, den er, ohne es zu bemerken, schon die ganze Zeit in seiner Hand gewälzt hatte, gegen eine ein paar Meter entfernt stehende Fichte. Das Tal steckte in dichtem Nebel. Irgendwo im Wald knatterte eine Motorsäge, dann war das Krachen zu hören, als der Baum fiel.
»Aber wennâs ein Betrug ist, dann könntâs doch den Bichler und den Kürschner verklagen«, entgegnete GroÃmann, der schon einmal wegen einer geschäftlichen Schadensersatzsache vor dem Amtsgericht Miesbach eine Aussage gemacht hatte und sich daher auskannte.
»Einen ScheiÃdreck können wir«, fluchte Nagel. »Weil es offiziell nicht als Betrug gilt, was die Haderlumpen gemacht haben. Die sagen, dass die verreckte Finanzkrise daran schuld ist, wie der Fonds sich entwickelt hat.« Dabei sprach Nagel das »Fonds« nicht französisch aus, sondern so, wie man es schreibt.
»Vielleicht ist das ja auch so«, wandte GroÃmann ein.
»Gleich wie«, bügelte Nagel den Einwand nieder. »Der Kürschner hat mit seinem ScheiÃfonds unser Geld verkuhwedelt. Aber selber muss er noch eins haben, er ist ja schlieÃlich Milliardär. Und deswegen wollen wir von ihm jetzt die Million zurück, persönlich!«
»Aber warum habtâs denn überhaupts mitgemacht bei dem Fonds?«
»Weil â¦Â«, Nagel dachte nach, suchte den Blick der anderen, zuckte die Schultern, schaute zu der Muttergottes mit dem blauen Umhang,
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