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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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sicher sein konnte, dass Frau Gsell außer Hörweite war, fragte sie Sepp Kastner, was er meine, was mit Nonnenmacher sei.
    Â»Was soll mit dem sein?« Kastner schaute sie verständnislos an.
    Â»Na ja«, meinte Anne, »der sitzt seit einer halben Stunde oder länger am Pool und ist wie gelähmt.«
    Â»Der wird halt nachdenken, wer so eine Sautat begangen haben kann, hier am Tegernsee. So was gibt’s ja wohl überhaupts gar nicht, dass hier der …«, Kastner suchte nach dem richtigen Wort, »… der Wohltäter des Tals von wem umgebracht wird! Wer soll denn das gewesen sein? Und vor allem: Warum? Und was soll das mit der Milch?«
    Â»Hast du die Gsell gefragt, ob sie den Eindruck hat, dass irgendetwas fehlt?«
    Â»Ja! Fehlt nix. Die sind wahrscheinlich überrascht worden.«
    Â»Hast du gesehen, dass da draußen im Garten Spuren eines Fahrzeugs sind?«
    Kastner nickte. »Traktor. Das sind Bulldogspuren. Die waren mit dem Bulldog da. Und ich glaube auch, dass hinten ein Anhänger dran war. Vermutlich, um das Diebesgut, das sie mitnehmen wollten, aufzuladen.« Er spielte mit einigen Beuteln englischen Tees, die auf dem Tischchen vor ihm standen. »Schon komisch, wie manche Leut’ versuchen reich zum werden.«
    Â»Wie meinst du das?« Anne schaute ihn irritiert an.
    Â»Der normale Weg wär’ halt, dass man was arbeitet. Oder dass man eine Idee oder Glück hat und berühmt wird im Fernseh’n oder wo. Aber dass man wo einbricht und einen anderen tötet, bloß damit man selber reich wird, das ist schon was, was ich nicht … nachvollziehen kann.« Er schüttelte den Kopf und fuhr fort: »Aber die Bande, die erwischen mir, da bin ich mir sicher. Die wandern hinter Gitter! Den Kürschner umbringen! Die sind ja wahnsinnig! Da haben die aber das ganze Tal gegen sich. Wenn einer von den Einheimischen was weiß, dann wird er das sagen. Den Mörder vom Kürschner bringen mir zur Strecke. Das geb’ ich dir schriftlich.«
    Als die beiden wieder in die Schwimmhalle traten, sahen sie Nonnenmacher draußen stehen und auf den See hinunterschauen. Es war jetzt fast dunkel, die Bewohner des Seeufers, die Hotels und Restaurants, die Boote und Almhütten hatten ihre Lichter angeknipst. Nachts sah der See kleiner aus als am Tag. Anne stellte sich rechts neben Nonnenmacher, Kastner links von ihm.
    Â»Was denkst’n, Kurt?«, fragte Kastner.
    Â»Nix«, bollerte Nonnenmacher zurück.
    Â»Na klar denkst du was, Kurti!« Kastners Tonfall war kumpelhaft. »Willst nix mit der Kripo Miesbach zum tun haben, oder?«
    Nonnenmacher nickte. Kastner schwieg kurz, dann meinte er: »Ich ja auch nicht, aber ich hab’ da eine Idee, wie mir das machen: Sollen die doch jetzt gleich hier ihre Spuren sichern und alle aufscheuchen und wahnsinnig machen mit ihrem Aktionismus – und dann soll’n’s einfach wieder heimfahren. Und mir kümmern uns dann um den Rest. Mir werden es sein, die den Mord am Kürschner aufklären, nicht die. Den Spurensicherungsbericht brauchen mir natürlich schon, könnte weiterhelfen.«
    Nonnenmacher zeigte keine Regung. Außer einem grummelnden Magen herrschte Stille. Alle drei blickten weiter zum See hinunter, über den gerade eines der Boote der Bayerischen Seenschifffahrt schipperte.
    Kastner ergriff noch einmal das Wort: »Die wo das gemacht haben, die sind ganz sicher nicht von hier, da nehm’ ich Gift drauf. Das sind so tamilische oder rumänische Banden.«
    Â»Und warum haben die tamilischen Banden«, so Anne, »warum haben die gar nichts mitgenommen? Ist das nicht komisch? Und wie kommen die überhaupt wieder nach Hause? Meines Wissens leben die Tamilen in Sri Lanka.«
    Â»Und Sri Lanka ist vom Tegernsee per Traktor relativ ungünstig zu erreichen«, lachte Nonnenmacher plötzlich los. Ein bisschen verrückt klang es schon. Und Sepp Kastner war zwar beleidigt, sagte aber nichts, weil er froh war, dass der Chef endlich aus seinem merkwürdigen Koma erwacht war. Eine vorwitzige Mücke, die sich auf Nonnenmachers Wange niedergelassen hatte, überlebte dessen plötzliche Lebendigkeit allerdings nicht. Auf eine Leiche mehr oder weniger kam es nun auch nicht mehr an.
    Dann kam die Spurensicherung. Binnen weniger Minuten verwandelten die Experten aus Miesbach mit ihrer Emsigkeit den Grundnerhof in einen Ameisenhaufen. Bald lagen

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