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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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zuzischte, konnte aber wegen des bajuwarischen Geräuschpegels nicht verstehen, was es war. Als Anne an den Tisch trat, schaute keiner der drei sie direkt an, alle konzentrierten sich auf ihr Bierglas, als schwämme darin eine unbekannte Fischart.
    Â»Guten Morgen, die Herren«, sprach Anne sie an.
    Â»Grüß Gott«, kam es im Chor zurück. Die Blicke blieben allerdings gesenkt.
    Â»Das ist mein Kollege Sepp Kastner«, stellte Anne ihren Kollegen vor. »Den kennen Sie, glaube ich, noch nicht.« Keine Antwort. »Gibt’s irgendein Problem?«
    Die Männer schüttelten schweigend den Kopf. Anne erschloss sich das seltsame Gebaren der drei Stammtischbrüder in keinster Weise. Dies war aber auch nicht weiter verwunderlich, schließlich wusste sie nicht, dass Fichtners Freunde damit rechneten, hier und jetzt wegen Mordes am Milliardär Kürschner festgenommen zu werden. Dass Anne gekommen war, um mit ihnen über das geheime Sexleben von Ferdl Fichtner zu reden, ahnten die Alt-Tegernseer nicht. Sie dachten nur an die jahrelange Gefängnisstrafe, die sie nun erwartete.
    Â»Dürfen wir uns setzen?«, fragte sie etwas genervt, weil die drei sich gar so ablehnend verhielten. Die Männer zuckten mit den Schultern, und Anne setzte sich. Auch Sepp Kastner nahm nach einem schüchternen »Grüß Gott« Platz.
    Â»Wir sind gekommen, um mit Ihnen noch einmal über den Tod Ihres Freundes Ferdinand Fichtner zu sprechen«, begann Anne vorsichtig das Gespräch und war überrascht, weil die drei plötzlich wie ausgetauscht wirkten.
    Â»Ach so, bloß dem Ferdl wegen sind Sie da?« Hörwangl schnaufte erleichtert. »Was wollen’s denn wissen?«
    Â»Nun, heute geht es um etwas sehr Privates.«
    Â»Ja, was denn?«, fragte Amend so verdächtig kooperativ, dass Anne ihn misstrauisch anblickte.
    Â»Wollen Sie auch ein Helles?«, so Hörwangl, fast schon unterwürfig. Anne nickte. »Reserl, ein Helles für die Dame – und für den Herrn auch eines, das geht auf meinen Deckel.«
    Â»Ich mag ein Spezi«, sagte Sepp Kastner, was aber übergangen wurde.
    Â»Können Sie uns«, Anne fixierte die drei der Reihe nach, »etwas über die sexuellen Vorlieben Ihres Freundes Ferdinand Fichtner sagen, was wir nicht wissen?«
    Der Satz schlug am Stammtisch ein wie ein Meteorit. Erneut hingen die eben noch so freien Blicke im Bierglas fest, Fischforschung.
    Â»Würde mir jetzt vielleicht mal jemand antworten?«, fragte Anne ungeduldig, war doch das Theater mit Toni und den Junggesellen nicht spurlos an ihr vorübergegangen.
    Â»Was …«, übernahm Hörwangl vorsichtig das Wort, »… an was hätten Sie denn da so gedacht?«
    Â»Hat der Ferdinand Ihnen je davon erzählt, dass er mit seiner Frau schläft?«
    Die drei rissen die Augen auf, Amend nahm sein Glas und trank es in einem Zug leer, Nagel klopfte sich hastig die halbe Schachtel Zigaretten aus dem Karton. Dass man im Bräustüberl wegen der neuen Gesetze nicht mehr rauchen durfte, hatte er völlig vergessen. So eine Frage hatten sie von einer Frau noch nie gestellt bekommen, und schon gar nicht von einer Polizistin, die aussah wie ein Filmstar.
    Als wieder keine Antwort kam, flippte Anne aus. »Ja verdammte Scheiße, sprechen Sie denn an diesem Scheißstammtisch niemals über Sex oder was? Da sitzen Sie fast jeden Tag zusammen und reden nie darüber, wie es mit der Frau zu Hause klappt, oder wie? Das gibt’s doch gar nicht, das kann doch überhaupt nicht sein!«
    Jetzt schauten die drei sie an, betreten, wie Schüler, die von ihrer Lehrerin aufgefordert worden waren, sich frei zu machen.
    Â»Nein, ja, nein«, kam Hörwangls zögerliche Antwort, während sich Nagel eine Zigarette nahm und meinte: »Ich geh’ mal kurz eine rauchen.«
    Â»Einen Scheiß tun Sie«, schrie Anne ihn an. »Sie bleiben jetzt sitzen, verdammt, das ist ein Verhör!«
    Plötzlich waren alle Gespräche an den Tischen ringsum verstummt. Alle blickten zu der schönen Frau, die nun derart vulgäre Wörter verwendete. War das die echte Angelina Jolie? Konnte die Deutsch? Wurde hier ein Film gedreht, ohne dass man etwas gesagt hatte? Und schon wurde überall getuschelt.
    Anne, die sich etwas beruhigt hatte, fuhr nun leiser fort: »Denken Sie nach, bitte, es geht um den Tod Ihres Freundes. Wir müssen

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