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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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halten, schließlich können Sie froh sein, dass …«
    Â»Dass was?«, fragte Anne scharf.
    Â»Dass er Sie … er ist immerhin aus gutem, ich meine adeligem, tadellosem …«
    Â»Jetzt geh, Hans«, versuchte die Alte ihren Mann zu bremsen, »das haben wir doch gesagt, dass uns das nichts angeht.«
    Doch Schimmler hatte Fahrt aufgenommen. »… und Sie, Sie sind alleinstehend, uneheliches Kind, oder? Früher hat man da … also uns geht’s ja nix an, aber …«
    Â»Hans, jetzt reicht’s aber«, verbot Frau Schimmler dem Mann das Wort.
    Anne fühlte sich hin- und hergerissen zwischen der Peinlichkeit dieses lächerlichen Auftritts und riesiger Wut. Doch dann beschloss sie, das dumme, beleidigende Gerede einfach zu übergehen, und sagte ruhig: »Ich weiß nicht, ob Sie davon schon gehört haben, aber Bernhard leidet an einer Krankheit, die sich Hypochondrie nennt.«
    Â»Kenn’ ich, kenn’ ich«, Schimmler nickte, »die eingebildete Krankheit, nicht?«
    Â»Genau.«
    Â»Dann hat er also gar keinen Gehirntumor, der Bernhard, und scheucht uns so im Viereck!«, schimpfte Schimmler nun. So plötzlich konnten Stimmungen wechseln.
    Â»Nein, einen Tumor hat er wahrscheinlich nicht«, erwiderte Anne, nun doch hilflos, »aber krank ist er trotzdem. Er hat halt Angst um sein Leben.«
    Â»Wer hat das nicht«, sagte Schimmler nun mit ernstem Blick und rückte Anne so nahe, dass sie den Mundgeruch des alten Mannes riechen konnte. »Die Rumänenbanden kommen immer öfter hierher für ihre Überfälle. Zuerst die Banküberfälle in Gmund, und jetzt auch noch der Kürschner. Der Iwan wird uns noch umbringen!«
    Anne nickte, aber eigentlich wollte sie nur noch raus, weg, mit Lisa nach Hause. Bernhard, dieser Idiot.
    Als Anne am nächsten Morgen um kurz vor sieben die Tür öffnete und Hans Schimmler vor ihr stand, bekam sie einen gehörigen Schreck. In T -Shirt und Slip stand sie vor dem alten Mann, der ein kurzes »Oha!« ausstieß und sich die linke Hand vor die Augen hielt – die rechte konnte er nicht nehmen, denn in dieser trug er eine Plastiktüte. Mit der Hand vor den Augen teilte er Anne mit, dass er gerade vom Fischen komme, vier Renken und zwei Saiblinge. Und da er so viel nicht essen könne, auch zusammen mit seiner Frau nicht, die allerdings schon ziemlich viel esse, habe er sich gedacht, Anne könne ja zwei Fische haben, gratis, das versteht sich. Ob Anne sich vielleicht etwas anziehen könne, weil dann könne er die Hand von den Augen nehmen und ihr die Fische überreichen, sie seien in der Plastiktüte. Anne meinte, dass er ruhig schauen könne, schließlich sei sie nicht nackt.
    Ob der Herr von Rothbach noch nach Hause gekommen sei, heute Nacht, wollte Schimmler nun, da er die Tüte überreicht hatte, wissen. Nein, meinte Anne, leider nein. Dass sie ihn am Vorabend auch telefonisch nicht erreichen hatte können, behielt sie lieber für sich.
    Â»Vielen Dank für die Fische«, fügte sie noch hinzu.
    Â»Sperren Sie eigentlich Ihre Haustür zu, nachts? Das würde ich Ihnen schon empfehlen, auch in Tegernsee gibt’s allerhand Gesindel, und mir wohnen hier ja schon in feiner Gegend, gell, das zieht das Gesindel ja geradezu magisch an. Und Sie, als Frau, allein, nur mit Kind«, er blickte auf Annes schlanke Beine, »da sind Sie ganz besonders gefährdet.«
    Â»Ja, also vielen Dank für die Fische, darf ich Ihnen die wirklich nicht bezahlen?« Doch Schimmler winkte ab.
    Â»Also dann.« Und weg war er.
    Anne schob die Fische in die Tiefkühltruhe und rief erneut in Bernhards WG an. Als sie am Vorabend die Nummer seines Mobiltelefons gewählt hatte, hatte es in seinem Arbeitszimmer geklingelt. Wieder hatte er sich nicht an ihre Bitte gehalten, das Telefon mitzunehmen! Warum liebte sie diesen Typen eigentlich? Ehe sie den Gedanken weiterspinnen konnte, hörte sie, wie am anderen Ende der Leitung der Hörer abgenommen wurde, eine verschlafene Frauenstimme »Arschloch, es ist Nacht« sagte und wieder auflegte.
    Â»Fuck«, fluchte Anne, was Lisa hörte und umgehend mit einem »Das sagt man nicht, Mama« verurteilte.
    Â»Okay, Entschuldigung. Was magst du frühstücken?«
    Anstatt die Frage zu beantworten, stellte Lisa fest, dass sie heute nicht in den Kindergarten wolle. Sie habe keine

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