Tegernseer Seilschaften
sollten, dann wäre mir das eine riesengroÃe Hilfe.«
Elisabeth Gsell nickte eifrig: »Ja klar, ich schauâ gleich noch einmal nach. Vielleicht findâ ich ja was.«
Nach einem Telefonat mit dem Labor in Kempten war klar, dass Anne übers Wochenende würde warten müssen, bis die Ergebnisse vorlägen. Als sie den Hörer aufgelegt hatte, stellte sie erschrocken fest, dass es bereits ein Uhr war und nur sie Lisa vom Kindergarten abholen konnte, weil Bernhard ja nach wie vor verschollen war.
»Sepp, ich muss schnell Lisa abholen. Liegt heute Nachmittag sonst noch etwas an?«
»Ja, der Kurt hat gâmeint, mir machen heut eine Geschwindigkeitskontrolle.«
»Ach, da kann ich die Lisa ja vielleicht mitnehmen.«
»Ist dein ⦠äh ⦠Freund schon wieder weg?«
»Ja, zur Recherche«, log Anne hastig.
Obwohl Kastner spürte, dass das nicht stimmte, sagte er nichts. Als Anne weg war, ging er zu Nonnenmacher und erzählte ihm, dass die Frau Loop ihn gerade gefragt habe, ob sie ihre Tochter mit zur Radarkontrolle nehmen könne.
Was denn mit der los sei, dass da am Nachmittag niemand auf das Kind aufpassen könne?, so der Chef.
Kastner erklärte ihm, dass, soweit er das verstanden habe, der sogenannte Lebensgefährte von der Anne nachmittags auf das Mädchen aufpassen müsse, dass der aber wohl ein bisschen ballaballa sei und deswegen oft nicht könne.
Ob der nichts arbeiten müsse, wollte Nonnenmacher wissen, und Kastner erläuterte, dass der sogenannte Lebensgefährte an seiner Doktorarbeit schreibe.
»Also Arbeit in Anführungszeichen«, stellte Nonnenmacher fest.
»Halt ein adeliger Gâstudierter«, fügte Kastner hinzu.
»Und sie, sie muss dann aber unbedingt ganztags arbeiten?«, fragte Nonnenmacher.
Kastner, vorsichtig: Von irgendwas müssten die Frau Loop und ihre Tochter ja auch leben. Und wenn kein Ernährer da sei, dann müsse das halt sie machen.
»Und Unterhalt kriegtâs keinen?«
Kastner zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.«
»Wer ist denn der Kindsvater?«
»Den hat sie bis jetzt nie erwähnt.«
Nonnenmacher schüttelte den Kopf. »Das ist doch eine ScheiÃzeit, oder? Es gibt keine Ehepaare mehr; die woâs noch gibt, die lassen sich scheiden; um die Kinder kümmert sich keiner, weil auf einmal jeder arbeiten muss. Dann sollâs das Kind halt einer Kindsmagd geben.«
»Meine Mutter tätâs ja machen, sogar umsonst«, sagte Kastner hilflos, »aber die Anne willâs ja nicht.«
»Besser istâs natürlich, wenn die Mutter sich drum kümmert.«
»Schon«, meinte Kastner. »Aber das will ja nicht einmal unsere Regierung.«
Nonnenmacher schaute ihn erstaunt an. Kastner erklärte: »Wennâst du schaust, was da jetzt familienpolitisch alles geplant wird, dann ist doch klar, was die Regierung will: dass die Erwachsenen alle arbeiten und die Kinder von wildfremden Leuten in irgendwelchen Horten aufgezogen werden. Darauf lauftâs raus. Und warum will die Regierung das?«
Nonnenmacher zog die Mundwinkel nach unten und zuckte mit den Schultern.
Kastner brauste auf: »Weil, je mehr Leutâ arbeiten, umso mehr Leutâ zahlen Steuern. Das ist der Grund. Mehr Kühe zum Melken, mehr Milch. Hast du schon gebrotzeitet?«
Jetzt hätte sie bald die Polizei gerufen, meinte die Erzieherin aufgebracht, als Anne völlig auÃer Atem die Tür zum Kindergarten aufstieÃ.
Dann fiel der Kindergärtnerin aber wieder ein, dass Frau Loop ja selbst Polizistin war. »Frau Loop, ich muss Sie bitten, in Zukunft pünktlicher zu sein, sonst bekommen wir da ein Problem.«
»Ich weiÃ, ich weiÃ, es tut mir leid«, sagte Anne ehrlich bedauernd. »Aber wir hatten heute Morgen eine wichtige Hausdurchsuchung, und mein Freund konnte nicht.«
Sie habe es ihr aber schon einmal gesagt, erwiderte die Erzieherin angesäuert, dass sie auch eine Familie zu Hause habe und man nicht von ihr erwarten könne, dass sie immer die mangelnde Organisation anderer ausbade. Anne sah die Erzieherin ernst an, nickte, beschloss, nichts mehr zu sagen.
»Habenâs denn keine GroÃeltern, die auf die Lisa aufpassen können?«
Anne schüttelte den Kopf.
»Und wenn Sieâs vielleicht mal mit einer Tagesmutter probieren?«
»Ja, wenn das mit meinem Freund so weitergeht, müssen wir das
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