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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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machen, wobei, da würde ich vielleicht sogar lieber nur Teilzeit arbeiten.«
    Â»Ja, vom Geld her lohnt sich’s ja sowieso nicht, wenn mir Frauen arbeiten, nicht? Tragen die ganze Verantwortung und stehen am End’ allein da.«
    Â»Na ja, ganz so schlimm ist’s auch nicht, aber … wissen Sie, wir müssen schon wieder weiter, weil – unter uns …«, Anne senkte verschwörerisch die Stimme, »… wir machen heute Nachmittag eine Radarfalle.«
    Â»Was? Wo?«, wollte die Kindergärtnerin wissen.
    Â»In Rottach-Egern, auf der Tegernseer Straße, aber das behalten Sie für sich!«
    Â»Ja klar«, raunte die Erzieherin. Als Anne draußen war, rief sie sofort ihren Mann und ihre drei besten Freundinnen an.
    Die Radarfalle war wegen des strahlenden Sonnenscheins ein voller Erfolg. Weil es so oft blitzte, hatte sogar Lisa ihren Spaß dabei. Sie zählte die Geblitzten und kam auf hundertunddrei Autos. Zwischendurch rief Anne mehrmals in Bernhards WG an. Die ersten drei Mal hob niemand ab, dann war eine Frauenstimme am Apparat zu hören, und Anne sagte: »Hier spricht das Arschloch von heute Morgen.«
    Die Frau am anderen Ende: »Waaas?«
    Â»Na, du hast doch vorhin ›Arschloch‹ zu mir gesagt«, antwortete Anne ruhig.
    Â»Hab’ ich das? Äächt?«
    Â»Mhm. War aber auch wirklich ein bisschen früh, mein Anruf«, meinte Anne versöhnlich. »Ist Bernhard da?«
    Â»Nö, der war doch schon seit letzter Woche oder länger nicht mehr da. Warst du da nicht auch dabei, mit deiner Tochter?«
    Anne wurde nervös. »Bernhard war seitdem nicht mehr da?«
    Â»Nö«, sagte die WG -Frau spitz. Auch gestern sei er nicht da gewesen, sie könne aber vorsichtshalber mal in seinem Zimmer nachsehen. Anne hörte ein Klopfen, eine Tür, dann wieder die Stimme am Telefon: Nein, Bernhard sei nicht da, und sein Zimmer sehe auch unberührt aus. »Ruf ihn doch mal auf dem Handy an.«
    Â»Hab’ ich schon, hat er hier liegen gelassen.« Anne hörte Sepp Kastner mit jemandem laut diskutieren und beendete deshalb schnell das Gespräch mit den Worten: »Okay du, danke, ciao.«
    Auch Lisa beobachtete das Geschehen gespannt vom Streifenwagen aus. Offensichtlich war ein Porsche geblitzt worden, nach dem Blitzen aber gleich umgekehrt, und der Fahrer stand nun bei Kastner und Nonnenmacher, um mit ihnen zu diskutieren. Anne näherte sich dem Trio und hörte, wie der Mann sagte: »Binne Arzte, musse zu bekannte Moderatorin Nina, musse untersuchen.«
    Â»Ja und?«, fragte Nonnenmacher grantig.
    Â»Isse meine Patient, Nina von Fernseh, moderierte mal Sendung ›Alles wirde gute‹. Nina fühlt sich nix gut, ich komm’ sofort, muss snell gehe undesoweiterundesoweiter.«
    Â»Auch für einen Arzt gelten unsere Geschwindigkeitsbegrenzungen«, meinte Nonnenmacher und klang dabei wie ein Pfarrer.
    Jetzt warf sich der kleine gebräunte Mann, teure Uhr, lockiges graues Haar, platinfarbener Designeranzug im Mao-Schnitt, vor Anne auf die Knie und faltete die Hände: »Sie habe Verständnisse, Frau Polizist, Sie habe sicher Verständnisse. Sind auch schöne wie Nina. Sag, Kollega Carabiniere, wenn Frau krank, musse Hilfe schnell … iste so?«
    Â»Schon, schon«, beschwichtigte Anne, »aber wir müssen uns ja auch an unsere Vorschriften halten. Und die besagen, dass, wenn jemand zu schnell fährt, er dafür einstehen muss. Jetzt stehen Sie mal wieder auf. Wie viel sind Sie denn zu schnell gefahren?«
    Â»Ach nixe viel, zwanzige, dreißige, weiße nix!« Er griff nach Annes Hand und wollte sie küssen.
    Anne zog die Hand energisch weg. »Nein, nein, das lassen wir jetzt aber schön bleiben. Wir haben ja noch anderes zu tun hier. So wie ich das sehe, müssen Sie, weil Sie in Italien gemeldet sind, jetzt sowieso nur ein Bußgeld zahlen. Und das werden Sie als Arzt von der berühmten Moderatorin Nina ja wohl begleichen können.«
    Â»Genau«, pflichtete Kastner bei und schob sich zwischen den italienischen Prominentenarzt und Anne, um diese vor weiteren Handküssen zu bewahren. Nonnenmacher ging der ganze Promischeiß gewaltig gegen den Strich, weshalb er sich schimpfend zum Streifenwagen zurückzog, in dem Lisa auf Annes iPod mittlerweile »Kalle Blomquist« anhörte. Wie verrückt sein Beruf heutzutage eigentlich sei, dachte

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