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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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bekommen nicht einmal dreißig Cent für jeden Liter Milch, obwohl mir mindestens vierzig bräuchten, damit’s sich …«
    Â»Aber Herr Nagel, deswegen darf man trotzdem nicht bei anderen Leuten einbrechen«, unterbrach ihn Anne Loop, die diese Milchpreisgeschichte allmählich nicht mehr hören konnte.
    Â»So, ja, meinen Sie, Frau Kommissar? Und was ist dann zum Beispiel mit dem Zumwinkel? Was war der gleich, Chef von der Post, oder nicht? Hat der nicht eine Million Steuern hinterzogen, ist deswegen rausgeflogen und hat dann trotzdem zwanzig Millionen als Rente bekommen – und das auf einen Schlag! Und jetzt hockt der da in seinem Schloss in Südtirol, der Sauhund. Und der Kürschner war doch ganz der Gleiche. Für diese Finanzverbrecher ist eine Million wie für unsereins zehn Euro.«
    Â»Aber nochmals: Herr Zumwinkel und Herr Kürschner sind nicht bei wildfremden Menschen eingebrochen und haben durch ihr Handeln auch keine Todesfälle herbeigeführt«, formulierte Anne etwas kompliziert.
    Doch das ließ der Bauer, der nun richtig in Fahrt gekommen war und dem zudem bewusst wurde, dass er aus diesem Schlamassel nicht mehr so leicht herauskommen würde, nicht gelten. Ob die Frau Kommissar denn glaube, dass man so viel Geld verdienen könne, ohne über Leichen zu gehen?
    Â»Zwanzig Millionen! Ich sag’ euch: Diese Typen bekommen so viel Geld, weil es ihnen wurscht ist, was mit einem Landwirt wie mir oder auch einem von ihren Angestellten passiert. Die vernichten Existenzen, wenn’s sein muss. Die sind knallhart und brutal, das sag’ ich.«
    Nonnenmacher nickte zustimmend, was ihm einen bösen Blick von Anne einbrachte.
    Â»Das Volk muss sich da wehren!«, sagte Nagel abermals. Dann wischte er sich mit einem weißen Taschentuch den Schweiß von der Stirn und griff sich vorsichtig mit der Hand an den Hut, um zu sehen, ob der Gamsbart noch intakt war.
    Dann fragte Anne ihn, wer seine Komplizen gewesen seien.
    Â»Das kann ich nicht sagen«, meinte Nagel zögerlich. »Ehrensache.«
    Wieder nickte Nonnenmacher, es ging hier auch um die Heimat.
    Anne sah das etwas anders: »Herr Nagel, es ist das Beste, wenn Sie die ganze Wahrheit auf den Tisch legen. Das könnte Ihr Strafmaß ganz positiv beeinflussen, glauben Sie mir. Wir haben ohnehin Hinweise, die uns eindeutig belegen, wer Ihnen bei der Tat behilflich war.« Bei diesen Worten war Anne an die Tischkante gerückt und hatte ihren Oberkörper in Richtung Nagel geschoben.
    Â»Und was sollen das für Hinweise sein?«, wollte Nagel nun wissen.
    Â»Herr Nagel«, meldete sich nun Sepp Kastner zu Wort, »mir haben einen Zettel g’funden, auf dem steht was von Kammerjägern. Das sind doch Sie, die Kammerjäger, oder?«
    Â»Wer genau?«, stellte sich Nagel dumm.
    Â»Ach Herr Nagel, jetzt machen’s halt keinen Scheiß«, winkte Kastner ab.
    Â»Herr Nagel«, Anne fixierte den Landwirt mit einem stechenden Blick, »haben Ihnen vielleicht Ihre Stammtischbrüder Klaus Amend und Sebastian Hörwangl bei dem Einbruch in den Grundnerhof geholfen?«
    Nagel wich dem Blick der Polizistin aus, suchte Augenkontakt zu Nonnenmacher, der seine Hände bestaunte, als wären sie seltene Pflanzen, und blieb schließlich mit seinen Augen an dem Kruzifix hängen, das im Eck befestigt war. Dann sagte er einfach nur: »Ja.«
    Nach einer kurzen Pause fügte er verschwitzt, leise, schwach hinzu: »Es ist uns aber immer nur um unser eigenes Geld gegangen. Mir wollten niemand etwas wegnehmen und schon gar niemandem etwas zuleide tun.«
    Â»Gut.« Nonnenmacher atmete nun erleichtert auf. »Dann ist der Fall Kürschner also aufgeklärt. Und zwar ohne dass die Gescheithaferln aus Miesbach groß was getan haben. Sehen Sie, Frau Loop, es ist manchmal gar nicht so verkehrt, wenn man die Sachen vom Tal im Tal klärt.«
    Ohne auf diese kleine Stichelei einzugehen, meinte Anne: »Dann sollten wir jetzt aber schleunigst die Komplizen von Herrn Nagel festnehmen.«
    Pius Nagel schaute empört auf, vermutlich, weil er sich gar nicht recht schuldig fühlte und das Wort »Komplizen« seine Tat in die Nähe eines Verbrechens rückte.
    Doch schon sagte Nonnenmacher, beruhigend, wie zu einem Kind: »Na, Frau Loop, das machen mir gewiss nicht.« Als er Annes fragenden Blick sah, fügte er hinzu: »Ich sehe hier null Fluchtgefahr,

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