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Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
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und jetzt stiegen überall Dampfwolken auf. Es roch nach verbranntem Gummi, Fäulnis und Heizöl.
    Vor uns tauchten, dicht nebeneinanderstehend, große Kartons mit schief ausgeschnittenen Fensterchen auf. Ihre Dachflächen waren mit von Teer und Maschinenöl geschwärzten Lumpen eingedeckt – so wie man früher alte Bauernhäuser mit Stroh gedeckt hatte. Die letzte Kiste hatte keine Seitenwand und neben ihr saß im Schneidersitz auf einem Stück Weißblech ein halb nackter, abgerissener Typ. Über seinen verfilzten Haaren schwebte summend ein Schwarm Fliegen in der Luft.
    »Wir gehen einfach weiter«, sagte Juna. »Achte nicht auf diesen Abschaum.«
    »Ich seh schon, dein Herz ist voller Mitgefühl für deine Mitmenschen.«
    Der Kerl blickte uns mit trüben Augen an. Als wir ihn erreicht hatten, erhob er sich etwas und streckte seinen Arm in unsere Richtung aus, als wollte er uns vor irgendetwas warnen. Aber er sagte nichts und plumpste zurück auf das Blech. Dann kroch er auf allen vieren in sein Kartonhaus zurück.
    Hinter einem Wall Betontrümmer brannte ein Feuer. Zu beiden Seiten steckten zweispitzige Spieße in der Erde, die durch einen quer liegenden Spieß miteinander verbunden waren; an diesem hing eine dicke verrostete Feder, die vom Gewicht eines riesigen offenen Kessels auseinandergezogen wurde. Im Kessel blubberte etwas offenbar Essbares vor sich hin. Jedenfalls roch es entsprechend, allerdings hätte ich nur sehr ungern davon probiert. Rund um das Feuer saßen auf umgedrehten Eimern, auf Steinen oder direkt auf dem Boden Menschen, die sich kaum von jener zerlumpten Gestalt unterschieden, der wir kurz zuvor begegnet waren. Eine Frau mit rußverschmiertem Gesicht stand auf einem Haufen kaputter Ziegelsteine, schöpfte mit einer großen Kelle Flüssigkeit aus dem Kessel und schnupperte geräuschvoll daran.
    Als wir auftauchten, drehten sich alle Köpfe zu uns; die Frau wäre beinahe von ihrem Ziegelhaufen gestürzt, und während sie versuchte, ihr Gleichgewicht zu halten, fiel die Schöpfkelle platschend in den Kessel. Fluchend sprang sie auf den Boden, wandte sich uns zu und starrte uns an, die Hände in die Seiten gestemmt. Sie trug einen kurzen Kittel und wattierte Hosen und aus ihrem Gürtel ragte ein mit einem Lumpen umwickelter Griff.
    »He, ihr da!«, rief sie heiser, zog ihr Fleischerbeil hervor und schüttelte es.
    »Geh schon, geh«, sagte Juna drängend. »Beachte sie nicht.«
    »Bleibt stehen!« Wieder erklang eine Stimme hinter uns, aber Juna drehte sich nicht um.
    Die Menschen starrten uns hinterher, bis wir das Gerippe eines Baggers umrundet hatten, in dessen Kabine ein Mensch schlief. Dann waren wir aus ihrem Blickfeld verschwunden. Als Nächstes passierten wir eine Reihe Pkws ohne Räder, die auf Ziegeln aufgebockt waren. Dahinter zwischen den Hügeln der Halde erstreckten sich Gärten. Auf schiefen Beeten grünten kleine Büsche und schwächliche Sprösslinge, die mit Stoffstreifen und Draht an Stöckchen angebunden waren.
    Hinter dem nächsten Hügel öffnete sich ein weiter Platz. An seinem Rand erhob sich die einzige Behausung, die entfernte Ähnlichkeit mit einem normalen Gebäude hatte. Das Erdgeschoss bestand aus einer Art Gerüst aus zusammengeschweißten Rohren und Gittern als Wänden, der erste Stock war aus Brettern zusammengezimmert, aus denen schiefe Fenster herausgesägt waren, und es gab einen Balkon. Auf diesem Balkon saß auf einem hohen Hocker ein Mann mit einem breitrandigen Hut und einem Gewehr in der Hand.
    Wahrscheinlich war dies das Zentrum von Grauer Brand und diente den Bewohnern als Versammlungsplatz. Neben dem Haus standen mehrere offene Geländewagen, und dazwischen gingen Typen in blassrötlicher Lederkleidung und mit Bandanas um den Kopf auf und ab. Nicht weit von uns befand sich ein Wasserhydrant, der von einem gusseisernen Zaun umgeben war. Zu dem Hydranten gelangte man durch eine Pforte im Zaun, die nur noch lose in einer Türangel hing.
    Nach einem prüfenden Blick rund um den Platz begann Juna ihn mit entschlossenem Schritt zu überqueren. Ich sagte:
    »Bleib stehen.«
    »Vielleicht lässt sich hier was aushandeln, dass sie uns hinbringen …«
    »Warte!«
    Sie ging zügig weiter, ohne sich umzusehen.
    Ich machte einige Schritte, dann blieb ich stehen und wiederholte:
    »Halt, Juna.«
    Starrköpfig ging sie weiter auf das Gebäude zu. Der Mann auf dem Balkon richtete sich zur vollen Größe auf – er war ein Riese von einem Kerl – und schüttelte sein

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