Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
Gesichtsausdruck immer entsetzter. Er war wie alle anderen Freunde immer davon ausgegangen, dass Kiara wusste, wer Leas Vater war und dass sie freiwillig mit ihm mitgegangen war. Von der Vergewaltigung hörte er jetzt zum ersten Mal. Und als sie an ihre Erzählung dran hing, dass sie nur im „Pour Elles“ arbeitete, weil sie den Verdachte hatte, dass der Täter mit diesem Club eng verknüpft war, verlor Holger restlos die Fassung. Jemand hatte seiner Kiara das angetan, und sie wollte sich noch tiefer in Gefahr bringen, um den Täter zu stellen – das konnte er nicht zulassen!
Zornig schüttelte der junge Mann den Kopf. „Du bist verrückt. Du bist komplett verrückt. Wahnsinnig, absolut wahnsinnig. Irre!“
„Nein, ich weiß, was ich tue.“
„Das tust du nicht!“ Holger schrie fast, so dass sich die Gäste in dem Café, in dem sie saßen, irritiert umblickten.
„Holger, beruhige dich“, sagte Kiara leise.
„Nein, ich will mich nicht beruhigen, wenn du so offensichtlich ins Verderben läufst. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das sein muss, wenn man ... wie du ... so etwas erlebt. Das muss furchtbar sein, einfach nur entsetzlich und fürchterlich. Aber noch schlimmer ist es, dass du den Kerl auf eigene Faust ausfindig machen willst. Der Mann ist gefährlich. Ein Verbrecher. Wer weiß, was der inzwischen noch auf dem Kerbholz hat! Und was er tun würde, um sein Geheimnis zu wahren! Du darfst das nicht tun! Hör auf, dort zu arbeiten! Und geh zur Polizei!“
Kiara schüttelte entschieden den Kopf. „Dann habe ich gar keinen Job mehr. Und der Polizei kann ich nichts sagen, ich habe keinerlei Beweise. Die würden nur im Dunkeln tappen und irgendwann die Ermittlung einstellen. Ich versuche, ihn zu finden. Zumindest, ein paar Beweise aufzutreiben. Er wird mir nichts tun, ich werde aufpassen.“
„Oh Gott!“ Holger lehnte sich betroffen zurück. „Das ist wirklich verrückt. Völlig verrückt.“
Kiara nickte. „Aber meine einzige Chance auf Gerechtigkeit. Hilfst du mir nun?“
In Holgers Kopf raste und tobte es. Wenn er ihr half, den Wahnsinn durchzuführen, führte er sie möglicherweise direkt ins Verderben. Wenn er ihr nicht half, würde sie es ohne ihn durchziehen und hätte niemanden, der ihr zur Seite stünde.
Holger überlegte noch einen Augenblick, dann stimmte er zu. Auf diese Weise konnte er ihr wenigstens helfen, wenn sie ihn brauchte. „Ich mache es. Aber nur, wenn du mir wirklich versprichst, vorsichtig zu sein.“
„Das verspreche ich dir.“ Sie lächelte ihn an. Und damit war die Welt von Holger schon fast wieder in Ordnung.
Fast. Sorgenvoll sah er sie an. „Ich habe ein ungutes Gefühl dabei.“
„Es gibt keinen Grund dafür“, beruhigte sie ihn und versuchte dabei, nicht daran zu denken, dass Dirk Nieburg sich möglicherweise an sie erinnerte. „Du erzählst bitte niemandem von meinen Nachforschungen, auch nicht meiner Mutter“, bat sie Holger im Anschluss.
Er nickte widerwillig. „Deine Mutter häutet mich bei lebendigem Leibe, wenn sie erfährt, dass ich dir bei so einem Vorhaben helfe.“
„Das wird sie nicht. Aber vermutlich dürftest du dich eine Weile nicht mehr bei uns sehen lassen.“
„Das ist fast genauso schlimm“, knurrte er.
VIII
Schneller und immer schneller bewegte sich die gläserne Drehtür und zwang den Eingesperrten unbarmherzig, sich ihrem Tempo anzupassen. Dessen Füße liefen automatisch mit, denn der Mann spürte seine Beine nicht mehr. In seinem Kopf herrschte völlige Leere, vor seinen Augen tanzte ein Sternenreigen. ‚Ich muss hier raus!‘, dachte er. Doch es gab kein Entkommen. Die Flügel der Tür, zwischen denen er gefangen war, schienen ihn erdrücken zu wollen. Die Luft wurde knapp. Verzweifelt öffnete er den Mund, um zu schreien. Vergebens, kein Ton entwich seiner Kehle ...
Schweißgebadet und nach Atem ringend fuhr Felix hoch. Er versuchte zu schlucken. Sein Hals war so trocken, dass es schmerzte. Er hatte geträumt – einen furchtbaren Alptraum erlebt. Doch einiges daran kam ihm sehr real vor. Ein Déjà-vu?
Verwirrt sah er sich um und ließ sich dann kraftlos zurücksinken. Um ihn herum war es dunkel und still. Wo befand er sich? In der Notaufnahme des Krankenhauses? Warum kümmerte sich dann niemand um ihn?
Beunruhigt tastete Felix seine Umgebung ab, die weiche Unterlage, auf der er lag, die Daunendecke, mit der er zugedeckt war. Seine Hand fühlte einen Widerstand. Eine Lampe. Als er deren Schalter gefunden
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