Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
hatte und das Licht anging, erkannte er, dass er nicht in einem Krankenzimmer erster Klasse lag, sondern in seinem eigenen Bett.
Nach ein paar hastigen Schlucken aus der Wasserflasche, die auf dem Nachttisch stand, versuchte Felix, seine wirren Gedanken zu ordnen. Langsam kehrte die Erinnerung an das Vorgefallene zurück: die Massage von Yvonne, der Akupunktur-Termin bei Dirk Niehaus und das Rückentraining, das er auf einem Spin-Racing-Bike in Bestzeit absolviert hatte.
Auf dem Weg aus dem Club war ihm etwas schwindlig gewesen, die Quittung dafür, dass er das Indoor-Radfahren wohl etwas übertrieben hatte. Oder steckte etwas Schlimmeres dahinter?
Er sah das Geschehen plötzlich ganz deutlich vor sich. Wie er nach Betreten der Drehtür unerklärlicherweise die Orientierung verloren und den Ausgang nicht gefunden hatte. Seine unsinnigen Ehrenrunden, bis er tatsächlich auf der Straße vor dem „Pour Elles“ stand. Die teils erstaunten, teils belustigten Gesichter der Passanten.
Felix griff erneut nach der Flasche.
Nach ein paar Atemzügen im Freien war es ihm besser gegangen, sein Kopf wieder klar gewesen. Trotzdem hatte er sein Auto stehenlassen und sich ein Taxi herangewinkt. In seiner Wohnung hatte er, von wahnsinnigen Kopfschmerzen geplagt, ein Paar Tabletten genommen und – ganz gegen seine Gewohnheit – einen doppelten Cognac getrunken, die Jalousien herabgelassen und sich ein wenig hingelegt. Dann musste er wohl eingeschlafen sein.
Felix schob die Decke weg und sah an sich herunter. Er trug Unterwäsche. Vorsichtig hievte er sich aus dem Bett, trat an das Fenster und zog die Jalousie nach oben. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne drangen in den Raum. Er schaute auf die Uhr. Es war Abend, einundzwanzig Uhr. Er hatte den ganzen Nachmittag verschlafen.
Inzwischen hellwach, besann er sich auf seine Pflichten. Umgehend rief er seinem Altgesellen an, der ihm, etwas grummelnd wegen der späten Störung, versicherte, dass die Versieglungsarbeiten an dem Altarbild in der kleinen Feldsteinkirche abgeschlossen seien. Er hätte alle Materialien und Werkzeuge bereits abtransportieren lassen und den Schlüssel für das Portal wie vereinbart zurückgegeben.
Wenigstens das hatte geklappt. Beruhigt beendete der Restaurator das Gespräch und überlegte, was er jetzt anfangen sollte. Unschlüssig lief er im Wohnzimmer hin und her.
Am liebsten wäre er schnurstracks zum Krankenhaus gefahren, um sich untersuchen zu lassen, denn die Häufung seiner unerklärlichen Anfälle schien ihm überhaupt nicht geheuer. Noch immer konnte er sich nicht von der Befürchtung verabschieden, dass ein drohender Schlaganfall seine Signale vorausschickte. Mochte dieser Wald- und Wiesenarzt im Krankenhaus so oft versichern wie er wollte, dass dem Patienten nichts fehle, er glaubte ihm nicht.
Felix horchte in sich hinein. Außer dem Jucken, das die Stiche der Akupunkturnadeln im Halsbereich verursachten, und dem leichten Ziehen in der Rückengegend, zeigten sich im Augenblick keine bedrohlich erscheinenden Symptome. Wenn dieser Arzt heute Nacht wieder Bereitschaft hatte, würde er ihn erneut wegschicken. Das wollte Felix sich nicht antun. Aber gleich morgen früh würde er im Krankenhaus aufkreuzen und darauf bestehen, dass man ihn gründlich durchcheckte. Verdammt, die hatten einfach die Pflicht, herauszubekommen, was ihm fehlte!
Nach einer unruhigen, aber ohne Alpträume verbrachten Nacht, ließ sich Felix am Morgen zunächst in seine Werkstatt fahren, wo er den Gesellen Anweisungen für die Vorbereitung des neuen Projekts gab, dann warf er dem Praktikanten den Schlüssel seines Wagens mit der Aufforderung zu, das vor dem „Pour Elles“ geparkte Gefährt zu holen und den Meister zum Elisabethkrankenhaus zu fahren.
René machte sich widerspruchslos auf den Weg. Die letzten beiden Tage seines Praktikums würde er auch noch überstehen und für seinen Einsatz hoffentlich eine sehr gute Beurteilung des anerkannten Restaurators dafür bekommen.
Entschlossen, sich dieses Mal nicht so ohne weiteres abwimmeln zu lassen, betrat Felix Altmühl die Notaufnahme des Krankenhauses. Er registrierte, dass es gerade keine akuten Fälle zu geben schien, denn die Schwestern am Empfang schwatzten miteinander, ein Arzt war weit und breit nicht zu sehen.
Felix trat an den Tresen heran.
„Guten Morgen, meine Damen“, grüßte er, um dann sofort mit der Tür ins Haus zu fallen, denn in Anbetracht dessen, was der Arzt feststellen würde,
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