Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
hineingefallen, und wir beide sind hinterhergesprungen, um es zu bergen. Ganz einfach.“
„Das muss aber etwas Wertvolles gewesen sein.“ Er schien noch immer nicht zufrieden mit der Erklärung.
„Ja, meine Uhr. Ein altes Erbstück. Bitte lass mich jetzt in Ruhe, ich habe es eilig.“
Er nickte und wandte sich zum Gehen. Doch dann drehte er sich noch einmal zu ihr um. „Diese Folter musst du bei Gelegenheit wieder gutmachen, vielleicht mit einem Drink?“
„Vielleicht.“ Dann knallte sie die Tür zu, um in Ruhe die Sachen für Myrtel zu suchen.
II
Jack hörte das Rascheln des Papiers in seiner Jacke, das seine Rettung bedeuten sollte. Die Adresse eines Spezialisten auf dem Gebiet der Verbesserung von Bewegungseinschränkungen.
Er blickte durch die beschlagene Scheibe des Flugzeugfensters hinunter auf die Stadt, aus der der Eiffelturm als Wahrzeichen aus dem Häusermeer herausragte. Die Seine schlängelte sich glitzernd zwischen den Gebäuden hindurch, wie ein Spinnennetz durchzogen die Straßen, Gassen und Alleen die Metropole.
Zum wiederholten Male tastete seine Hand nach dem Zettel mit der Anschrift, um sich zu vergewissern, dass er sich noch dort befand, wo er ihn hingesteckt hatte. Es war schon fast wie ein Zwang. Doch noch konnte er den Mann nicht aufsuchen, obwohl er das am liebsten sofort getan hätte. Zuvor hatte er eine andere Aufgabe zu lösen. Er musste die Quizshow einer französischen Frauenzeitschrift über sich ergehen lassen, die ins Internet übertragen wurde. Das konnte eine recht knifflige Angelegenheit werden.
Das Studio sah aus wie ein überdimensioniertes Mädchenzimmer. Rosa Tapeten schmückten die Wände, Poster von halbnackten Männern hingen daran. Blümchengardinen umrahmten zwei Fenster, hinter denen ein Panorama von Paris aufgestellt war. Auf einem riesigen Bett lagen mehrere Plüschtiere, aber auch eine Männerpuppe aus Plastik mit erigiertem Penis räkelte sich in den Kissen.
An einem Tisch, der wie ein Esstisch dekoriert war und auf dem mehrere Schüsseln mit Früchten und Knabbereien standen, saßen vier Frauen. Bei ihnen handelte es sich um zwei französische Schauspielerinnen, die Moderatorin der Show und eine Leserin der Frauenzeitschrift „Grisette“. In ihrer Mitte befand sich wie ein exotisches Wesen Jack. Über dem Tisch mitsamt der Gruppe hingen zahlreiche Scheinwerfer, um die Stargäste der Show ins rechte Licht zu rücken.
Jack lächelte und versuchte, wie immer in der Öffentlichkeit, strahlend und charismatisch zu wirken und souverän in die zahlreichen Kameras zu blicken, die rund um den Tisch aufgestellt waren. Es gelang ihm jedoch nicht sonderlich gut.
„Beginnen wir nun mit unserem Quiz“, sagte die Moderatorin, eine wunderschöne Dunkelblonde mit einem charmanten Lächeln, die Ähnlichkeit mit Brigitte Bardot hatte, im Plauderton. „Jack, ich hoffe, Sie können damit umgehen, dass wir französischen Frauen sehr offen über alles sprechen. Aber ich denke, Sie sind aufgeklärt genug.“
Jack nickte. „Ich denke, ich weiß Bescheid, wie das mit den Bienen und Blumen funktioniert.“
Die Frauen lachten, die Moderatorin warf einen fragenden Blick zum Regisseur, um sich zu vergewissern, dass sie bereits auf Sendung waren. Als der den Daumen hob, ging es los.
„Ich begrüße alle Leserinnen der Zeitschrift ‚Grisette‘, die uns seit Jahren die Treue halten, und natürlich unser Publikum im Internet, für die dieses heutige Interview mit zahlreichen hochdotierten Gästen aufgezeichnet wird. Ich begrüße außerdem heute bei mir im Studio Anou, die viele unter euch aus der Telenovela ‚Unser bester Freund‘ kennen.“
Sie deutete auf eine hübsche, kurzhaarige Brünette, die aufstand und sich amüsiert vor dem unsichtbaren Publikum verbeugte.
„Außerdem sitzt heute hier Jean Poirot“, fuhr sie fort, „bekannt aus zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen.“
Jetzt erhob sich eine attraktive kleine junge Frau mit lila Haaren und verbeugte sich ebenfalls mit einem strahlenden Lächeln.
„Darüber hinaus habe ich Jack Logan eingeladen, den Leichtathletikstar mit englischen Wurzeln, der in Berlin, Paris und London zu Hause ist.“
Nur war Jack an der Reihe, den Online-Zuschauern seine Referenz zu erweisen. Er erhob sich, wobei er sich ein leises Ächzen verkniff, schmunzelte und setzte zu einem tiefen Diener an, der einem Musketier alle Ehre gemacht hätte, wobei er sogar einen imaginären Dreispitz schwenkte, bevor er sich wieder
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