Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
Bindegewebsschwächen zu erkennen gewesen. Dennoch wurden ihre Oberschenkel mit einem Präparat eingecremt und danach mit einer Spezialfolie eingewickelt. Kiara hatte es genau nach Myrtels Anleitung getan, danach hatte Frau von Herzogenberg eine Stunde ruhig gelegen, im Anschluss daran eine Lymphdrainage von Kiara erhalten. Ihr wurde sogar die Haut sanft gezupft, um die Durchblutung zu fördern. Kiara erinnerte sich, dass die Frau hinterher eigentlich sehr zufrieden gewirkt hatte.
„Was ist denn passiert?“, fragte Aaron Logan dazwischen. „War die Behandlung nicht korrekt?“
„Sie hat mich in Straßenkleidung behandelt“, fauchte die hagere Dunkelhaarige, an der tatsächlich kein Gramm Fett zu sehen war, geschweige denn Cellulite. „Seit Jahren versuchen mein Mann und ich ein Kind zu bekommen, da ist es wichtig, dass alles stimmt. In der Straßenkleidung können Keime von ihrem Haushalt hier eingeschleppt werden. Ich habe mich erkundigt, es steht in der Hausordnung, dass die Angestellten Arbeitskleidung bei ihrer Tätigkeit zu tragen haben und nicht Jeans und Pullover wie auf der Straße. Da kann ich das bei meinen Behandlungen wohl mit Fug und Recht verlangen!“
Kiara spürte, dass sie vor Ärger rot anlief. Diese Anschuldigung war ja nun wirklich lächerlich. Was waren das für Leute, die sich wegen so einer Lappalie beschwerten?
„Stimmt das?“, fragte Aaron Logan und unterbrach damit ihren Verdruss über die Beschwerde.
Kiara nickte. „Ich musste mich umziehen, weil meine Arbeitskleidung nass geworden war, daher habe ich in meinen normalen Sachen weiter gearbeitet. Ich hatte keine Ahnung, dass das nicht erlaubt ist.“
„Sie sagten, Ihr Name sei Kiara Jonas?“, fragte der Chef. Er erinnerte sich auf einmal vage an die Worte von Josephine, dass er ein Auge auf die Neue haben sollte, weil sie unfähig und dumm sei. Offensichtlich hatte die vollbusige Rothaarige Recht gehabt.
„Ja, die bin ich“, erwiderte Kiara. Langsam verwandelte sich der Ärger in Panik. Erneut begann ihr Herz zu klopfen. Der Gesichtsausdruck des Mannes verhieß nichts Gutes.
„Sie sind hiermit gefeuert“, sagte er kurz und knapp.
Kiara schnappte nach Luft.
Stefanie von Herzogenberg schien dieses Ergebnis ebenfalls nicht erwartet zu haben, denn ihr klappte die Kinnlade herunter, doch sie fing sich schnell und nickte zustimmend. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und stöckelte in hohen Schuhen den Gang hinunter zur Treppe.
„Aber ich ...“ sagte Kiara mit hochrotem Kopf völlig perplex, doch Aaron Logan ließ sie nicht ausreden.
„Meine Entscheidung ist endgültig.“
Dann ging er in sein Büro und zog die Tür hinter sich zu.
XII
Als Samira den Laden, den sie aus „Pretty Women“ so gut kannte, mit einem breiten Lächeln im Gesicht verließ und den Bürgersteig betrat, war es bereits völlig dunkel draußen. Der Rodeo Drive wurde noch immer von den verschiedensten Menschen bevölkert. Musiker sorgten für exotische und rockige Klänge, Touristen spazierten Hand in Hand durch den Abend, Jugendliche rollten auf Skateboards an ihnen vorüber. Auf der vierspurigen Straße zog ununterbrochen der Verkehr vorbei und blendeten die Scheinwerfer der edlen Karossen die Fußgänger.
Samira hatte noch immer nicht genug von dem Getümmel in der Stadt. Sie konnte sich eigentlich Zeit lassen mit der Stadtbesichtigung, immerhin würde sie ein Jahr in Los Angeles bleiben. Aber sie war so gierig auf das Leben in L.A., dürstete so danach, dazuzugehören, dass sie keine Minute mit Schlaf verschwenden wollte. Ein kühler Wind wehte vom Ozean und ließ ihre Haut frösteln, so dass sie beschloss, ein Restaurant aufzusuchen. Außerdem machte sich ihr hungriger Magen schon seit einiger Zeit mit aller Deutlichkeit bemerkbar.
Sie lief ein Weilchen suchend durch die Straßen, bis sie endlich eine Pizzeria fand, in der sie ihren Hunger stillen konnte. Auf einem Fernseher im Restaurant lief ein Spiel irgendeiner Footballmannschaft. Mit den amerikanischen Sportarten würde sie sich auch bei Gelegenheit beschäftigen müssen, wenn sie mitreden wollte. Football und Baseball. Sie hatte es schon einmal versucht, aber die Regeln nicht verstanden. Vielleicht klangen sie logischer, wenn sie von einem Einheimischen und nicht von ihrem Freund erklärt wurden.
Auf einmal fiel ihr ein, dass sie Luca und auch ihre Mutter noch nicht angerufen hatte. Sie sah auf die Uhr. Jetzt war es zu spät dafür.
„Hallo schöne Frau“, grüßte
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