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Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Titel: Tempel der Träume - Der Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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Freund erhalten, einem Sportler mit schwersten Verletzungen nach einem Sturz beim Skispringen. Alle hatten ihn abgeschrieben, nur Benoit hatte ihm helfen können, so dass er in diesem Jahr wieder erfolgreich an den olympischen Winterspielen teilnehmen konnte. Das bedeutete: Wenn Benoit Jack aufgab, würden es alle anderen Ärzte erst recht tun.
    „Jack, hörst du mich?“, fragte Lothar irritiert nach, weil sein Gesprächspartner noch nicht geantwortet hatte.
    „Ja, ich bin noch am Apparat“, erwiderte Jack mit heiserer Stimme. Lothar wusste noch nichts von der Diagnose, weder von der von Dr. Gold noch von Benoit. Er war der Meinung, Jack würde in Kürze wieder mit dem Training beginnen. „Sag ihnen, ich bin im Urlaub. Oder im Trainingscamp. Oder auf dem Mond, irgendwo. Sie sollen mich in Ruhe lassen.“
    „Was ist los, Jack? Gab es Ärger bei den Franzosen mit der Werbefirma? Oder zicken die Frauen vom Magazin?“ Er lachte leise in sich hinein, doch Jack verstand keinen Spaß. Nicht an diesem Tag.
    „Der Typ hat mir gesagt, dass ich nie wieder Sport machen werde“, rief er entnervt in das neue Telefon, auf dessen Display noch die Folie klebte. „Sag das den Leuten von der Presse! Es ist vorbei. Du musst dir einen anderen Job suchen, ich muss mir einen anderen Job suchen. Und jeder kann mir mal kreuzweise den Buckel runterrutschen!!!“
    Nut mit Mühe widerstand er der Versuchung, auch dieses Handy an eine Wand zu schleudern. Seine Hand umklammerte das Gerät, so dass der Knochen weiß hervortrat.
    „Wer sagt was?“ Lothars Stimme klang auf einmal sachlich und nüchtern. „Wovon sprichst du? Bist du noch in Paris?“
    Jack versuchte, sich zu fangen. „Ja, ich bin noch in Paris“, antwortete er etwas ruhiger, doch seine Hand zitterte. „Mein Berliner Arzt sagte neulich, dass es Komplikationen mit meinem Bein gibt, dass er denkt, es ist vorbei mit der Karriere. Daher bin ich hier zu einem Spezialisten gegangen. Er sagt dasselbe. Der Spitzensport ist für mich Geschichte.“ Die letzten Worte sprach er so leise, dass er sie im Straßenlärm selbst kaum hören konnte. Er nahm nur die Hoffnungslosigkeit wahr, die in diesen Worten mitschwang.
    „Jack, das werde ich der Presse nicht mitteilen.“ Die Stimme des PR-Agenten klang mahnend. „Und du auch nicht. Wir werden weiterhin verkünden, dass du auf dem Wege der Besserung bist und demnächst mit dem Training beginnst. Es hängt zu viel daran. Ich habe noch einige Werbeverträge für dich in der Pipeline, die Unternehmen würden alle zurückziehen, wenn dein Zustand bekannt würde. Also halte dich zurück mit deinen Äußerungen, egal, wem gegenüber. Hast du mich verstanden?“
    Jack nickte. „Ja. Wie lange soll ich die Farce aufrechterhalten?“
    „Bis ich weiß, wie wir alles regeln. Und vielleicht findet sich ja doch noch ein Spezialist, der dich wieder zusammenflickt, so dass es weitergeht."
    Jack schnaubte verächtlich. „Das denke ich nicht. Aber wer weiß. Ich halte jedenfalls vorerst dicht.“
    „Gut. Warte einen Moment ... ich bekomme gerade einen weiteren Anruf ...“ Der PR-Mann verschwand für einen Augenblick aus der Leitung.
    Jack betrachtete in der Zwischenzeit seine Schuhspitze, dann einen Kieselstein, der danebenlag, und eine vertrocknete Blume, die gezeichnet von vielen Tritten und Reifenspuren im Rinnstein klemmte.
    „Jack“, ertönte die Stimme von Lothar Richardson erneut. „Diggleston rief an. In London stehen die Journalisten Schlange vor dem Club in der Hoffnung, dich zu erwischen. Die Sache mit dem Parfüm scheint auf einmal auf dem Prüfstand zu stehen. Verdammt!“ Er hängte noch ein paar kräftige Flüche hintendran.
    Stella, dachte Jack. Hatte Stella etwa geplaudert? War sie diejenige, die seinen Zustand an die Presse durchsickern ließ? Sie war die Einzige, der er davon erzählt hatte.
    „Dann werde ich London meiden“, erwiderte er kühl. Irgendwie fühlte er sich zu kraftlos und erschöpft, um darüber in Panik zu geraten. „Ich bin in Paris im Marriott, falls noch was ist.“
    „Okay, Jack. Wir sprechen uns.“
    Als Jack auflegte, fiel ihm wieder ein, dass er eigentlich alle Termine absagen lassen wollte, aber das wäre wohl ohnehin äußerst unklug. Das würde zu viel Aufsehen erregen.
    Er lief die paar Schritte, die zu seinem Hotel führten und ließ sich vom Pagen die Tür öffnen. Als er die mondäne Lobby betrat, in der auf grauen Sofas unter edlen Lüstern mehrere Menschen saßen, stockte sein Schritt.

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