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Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Titel: Tempel der Träume - Der Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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heute rauswarf wegen ihrer Frechheit oder in ein paar Monaten, wenn sie ihre Krankheit nicht mehr verheimlichen konnte, was machte das noch aus? Sie hatte eigentlich nichts zu verlieren, und dieser eingebildeten Kundin einmal die Meinung zu sagen, tat unendlich gut.
    „Sie haben es zu verantworten, dass eine junge Frau, die sich ihren Lebensunterhalt schwer erarbeiten muss, auf der Straße steht! Was hat sie Ihnen getan? Sie ist Anfängerin und hat ihre Sache sehr gut gemacht. Ich kann das beurteilen. Sehen Sie sich Ihre Beine an, was gab es an der Behandlung auszusetzen? Warum mussten Sie Kiara Jonas anschwärzen?“
    Stefanie von Herzogenberg war es nicht gewöhnt, angeschnauzt zu werden, und noch nie hatte es jemand gewagt, ihr über den Mund zu fahren, sie nicht zu Wort kommen zu lassen oder ihr Vorwürfe zu machen. Ihre anfängliche Empörung wandelte sich nach und nach in ratlose Verblüffung. Von dem, was ihr die aufgebrachte Frau zuletzt an den Kopf geworfen hatte, fühlte sie sich ein wenig getroffen. Für ihr Geld verlangte sie stets das Beste und Teuerste, egal ob in der Boutique, im Restaurant oder hier im „Pour Elles“. Und das bekam sie auch. So oder so. Über die Folgen ihrer Beschwerden, mit denen sie nicht sparte, hatte sie nie nachgedacht. Gestern hatte sie zum ersten Mal live miterlebt, was normalerweise hinter den Kulissen geschah.
    „Ähh“, sagte sie zunächst etwas ratlos, doch dann fing sie sich wieder. „Die Behandlung war in Ordnung, und dass das Mädchen gleich entlassen wurde, habe ich eigentlich nicht gewollt“, äußerte sie ungewöhnlich zaghaft.
    Myrtel fühlte, wie sie Oberwasser bekam und nutzte das sofort aus. „Dann tun Sie etwas, um Kiara Jonas zu helfen. Sie könnten beim Chef ein gutes Wort für sie einlegen. Ich brauche sie dringend in der Abteilung, um alle Termine einzuhalten. Tun wir das nicht, schadet es dem Ruf des Clubs. Das will er bestimmt nicht. Und außerdem bekommen Sie Ihre Behandlungen nicht“, fügte sie als schlagkräftiges Argument noch hinzu.
    Die Elegante überlegte einen Moment. Wenn es in der Abteilung ohnehin an Personal mangelte, würde Aaron kaum spontan und ohne ersichtlichen Grund eine erfahrene Kraft wie die Abteilungsleiterin rauswerfen. Sich über Myrtel Ragewitz zu beschweren, brachte also vermutlich nichts. Wenn sie dagegen für diese Neue sprach, konnte ihr das nützen, indem sie den geforderten Behandlungstermin bekam. Die Zeit drängte wirklich. Ihr Mann verlor langsam die Geduld mit ihr. Und schlecht war die Behandlung bei Kiara Jonas nun wirklich nicht gewesen. Außerdem – wenn sie wollte, konnte sie sich für die Frechheiten von Myrtel Ragewitz später immer noch revanchieren.
    Sie setzte ein verbindliches Lächeln auf.
    „Gut, ich werde mit Aaron Logan sprechen. Sofort. Ist er im Haus?“
    Myrtel nickte. „Er sitzt in seinem Büro. – Danke!“, rief sie Stefanie von Herzogenberg nach, die sich anschickte, die restlichen Stufen hinaufzusteigen und den Gang entlang zu Aaron Logans Büro zu stöckeln. Doch die reagierte nicht darauf.
    Mit ein wenig Hoffnung sah ihr Myrtel nach, dann begab sie sich mit einem Seufzer in eine der Kabinen, wo der nächste Patient schon ungeduldig auf seine Behandlung wartete.
     
    Eine knappe Stunde später standen Kiara und Myrtel vor Aaron Logan. Der musterte die jüngere von oben bis unten. Er dachte zwar noch immer an die Worte von Josephine, dass die Neue nichts taugte, aber die Aussage eines notorischen Partygirls konnte er als Argument gegen die junge Mitarbeiterin schlecht anbringen.
    „Also gut, Frau Jonas“, knurrte er schließlich. „Ich gebe Ihnen noch eine Chance. Frau von Herzogenberg hat mich darum gebeten. Sie gehört zu den Kundinnen, die für das ‚Pour Elles‘ und seinen Ruf wichtig sind. Ich bin zwar nicht gänzlich überzeugt davon, dass Sie unseren Anforderungen entsprechen, aber das wird sich zeigen. – Frau Ragewitz“, wandte er sich an Myrtel, die mit undurchdringlichem Gesicht neben der Delinquentin stand, „Sie behalten die Neue im Auge und berichten mir, ob sie ihre Aufgaben zur Zufriedenheit der Kunden erfüllt. Sollte es auch nur eine Beschwerde geben, fliegt sie endgültig. Ist das klar?“
    Bevor Myrtel antworten oder auch nur nicken konnte, klingelte das Telefon. Als ob die beiden Frauen Luft für ihn wären, griff Logan danach.
    „Ah, Doktor von Herzogenberg. Schön dass Sie sich noch einmal melden ... Ja, selbstverständlich habe ich Ihrer verehrten Gattin

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