Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)
Bilder! Warte mal, ich habe noch mehr“, wandte sie sich eifrig an den Gast und war blitzschnell in ihrem Zimmer verschwunden.
„Hören Sie, Holger“, ergriff Franziska Jonas die Gelegenheit, „ich mag diese Ballereien nicht. Können Sie nichts Besseres finden? Für Kinder ist das gar nicht gut. Früher haben wir Karten gespielt, drei Generationen am Tisch und heute ...“ Sie seufzte. „Lea ist ein Wildfang, die typischen Mädchenspiele sind ihr oft viel zu brav. Kiara hat deshalb ein paar Sachen mit mehr Action für sie besorgt oder wie man das nennt. Wenn Sie mit ihr spielen, nehmen Sie was Gemäßigtes. Bitte!“
Obwohl Holger die Meinung von Leas Großmutter nicht teilte, nickte er. „Keine Sorge, sie wird schon was Passendes dabeihaben“, beruhigte er sie. Er wollte nicht prahlen, aber er war nahezu Spezialist in Sachen Computerspiele. Er würde mit Sicherheit etwas für das Mädchen finden.
Wenig später beobachtete Franziska Jonas, wie einfühlsam der junge Mann mit dem Kind umging und tatsächlich etwas Geeignetes ausgesucht hatte. Beide saßen über die Konsole gebeugt. „Tor!“, brüllte die Kleine begeistert, „zwei zu null für mich! Du verlierst!“
„Das werden wir erst noch sehen. – Tor! Zwei zu eins!“, revanchierte er sich.
Lea war beschäftigt. Da konnte sich die Großmutter endlich der Arbeit widmen, die sie sich aus der Redaktion mit nach Hause genommen hatte. Franziska Jonas ließ sich in ihren Lieblingssessel am Fenster nieder, zog ein Manuskript aus ihrer Tasche, doch mit dem Korrigieren begann sie nicht.
In Erinnerung an die Szene, die ihr der Chef heute Mittag gemacht hatte, kniff sie die Lippen zu einem Strich zusammen. Nur weil sie eine der Meldungen aus dem Ticker nicht sofort auf seinen Tisch gelegt hatte, war sie wie ein dummes Schulmädchen von ihm abgekanzelt worden. Woher hatte sie wissen sollen, dass die Agenturmeldung über den Spitzensportler Jack Logan so überaus wichtig war? Oft genug hatte er sich eine Störung wegen des „unwichtigen Zeugs“, das sie anbrachte, verbeten.
Franziska starrte auf das Manuskript, ohne etwas vom Inhalt wahrzunehmen. Schon seit längerer Zeit hatte sie das Gefühl, dass sie dem selbstgefälligen jungen Mann, der die Mittvierzigerin bereits zum alten Eisen zählte, nichts recht machen konnte. Mit den Hilfsarbeiten, für die sie deutlich überqualifiziert war, konnte sie sich Kiaras und Leas wegen noch abfinden, aber wie er sie als Mensch behandelte ... Heute hatte sie es hingenommen, doch – sie kannte sich – lange würde sie seine Arroganz und sein Benehmen nicht mehr schlucken, sondern ihm den Plunder vor die Füße werfen und gehen. Nicht ohne ihm vorher gründlich die Meinung gesagt zu haben.
Nach einem Blick zu Holger und Lea, die ganz in ihr Spiel vertieft schienen, versuchte sie erneut, sich auf das Korrekturlesen zu konzentrieren.
„Sag mal, magst du eigentlich meine Mama?“ Leas Frage klang ganz unschuldig, doch Holger fiel bei der unvermutet gestellten Erkundigung das Steuerteil aus der Hand. Geschickt nutzt Lea sein Aufschrecken und platzierte einen Schuss.
„Toooor“, rief sie. „Du hast nicht aufgepasst! Drei zu eins für meine Mannschaft.“ Neugierig sah sie den jungen Mann an. „Also, sag schon.“
„Wie kommst du denn darauf? Ich habe mit deiner Mama zusammen im Krankenhaus gearbeitet, das weißt du doch. Ich bin ein guter Freund für sie und auch für dich“, erwiderte Holger rasch, wobei sich eine verräterische Röte auf seinem Gesicht ausbreitete. Wie kam die Kleine nur darauf? Wenn das Kiaras Mutter gehört hatte. Er warf einen Blick zum Fenster, wo Frau Jonas in einem Sessel in ihre Arbeit vertieft schien und keine Miene verzog.
Lea sah ihn ernsthaft an. „Stimmt das wirklich?“
Holger nickte. „Ich bin dein Freund. Ganz bestimmt.“
„Weißt du, ich finde dich echt cool. Ich fände es super, wenn du immer hier wärst. So wie ein Vati.“
Holger schluckte erschrocken über die Worte. „Das geht leider nicht so einfach. Da hat deine Mama ein großes Wörtchen mitzureden.“
„Was meinst du, soll ich sie fragen, ob du vielleicht so was wie mein Papa sein kannst? In meiner Klasse haben alle einen. Außer Tina, die ist ein Scheidungskind, hat sie gesagt.“ Leas Gesicht verzog sich, hellte sich aber sofort wieder auf. „Vielleicht könntest du bei uns wohnen ... Das wäre so toll! Wenn Mama arbeiten muss, spielen wir beide immer Computerspiele, oder du gehst mit mir schwimmen oder
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