Tempelhyänen
waren ihm zum Beispiel vollkommen schnuppe gewesen. Er war einfach nur davon ausgegangen, daß sie mich zu dem Tempel führen könnten, der sie in Umlauf gebracht hatte.
»Das haben sie auch«, erklärte ich. »Nur soll diese spezielle Prägung eigentlich seit über zweihundert Jahren aus dem Verkehr gezogen sein. Sie wurde von Brian dem Dritten verboten.« Ich spulte die Story ab. Jetzt hing ich richtig drin. Ich sagte ihnen alles, außer den Namen meines Verbindungsmannes in der Kirche.
»Genau der richtige Moment für eine kleine Erfrischung«, befahl Kain.
Einer seiner Unterleutnants verschwand und kam nach zwei Minuten mit einem Servierwägelchen wieder, das mit Leckereien beladen war. In dem folgenden Schweigen, das Kain zum Nachdenken nutzte, bemerkten wir, wie ein heftiges Gewitter vom Fluß zu uns heraufzog.
Für mich war Bier da. Ich griff zu. Der ganze Ärger sollte sich lohnen. Der Morgen dämmerte schon. Wenn ich nach Hause kam, war es sicher schon so spät, daß es sich nicht mehr lohnte, noch ins Bett zu gehen.
»Dieser Kirchenmann weiß was. Vielleicht sollte ich ihn unter Druck setzen«, ließ Kain sich schließlich vernehmen.
»Das wäre nicht sehr klug.« Ich nannte den Namen.
»Malevecha höchstpersönlich?« fragte Kain. Er war beeindruckt. Es gibt Mächte, die auch er nicht unnötigerweise brüskieren wollte.
»Genau der.« Die Gilde des Oberbosses ist mächtig und tödlich, aber die Kirche ist größer, hat den Himmel auf ihrer Seite und konnte vielleicht auch ohne große Schwierigkeiten die Staatsmacht zu ihrer Unterstützung mobilisieren.
Es donnerte, wie zur Bestätigung.
»Dann ist die Frau der Schlüssel. Mr. Garrett, ich werde mich um diesen Meister kümmern. Ich werde ihn hetzen und jagen und ihn beschäftigen. Ich werde sein schlimmster Alptraum werden. Suchen Sie die Frau.« Die Ehre verdiente ich wohl, weil ich der einzige war, der wußte, wonach er suchen mußte.
Das Leben kann so schön sein, wenn man kein Gewissen, aber die nötige Macht hat, einfach sagen zu können: ›Das will ich haben!‹, und dann Leute springen lassen kann, die sich den Arsch aufreißen, um es einem zu beschaffen.
Morpheus meldete sich zum ersten Mal zu Wort. »Die Götter scheinen da draußen eine Kirmes zu veranstalten.« Das Gewitter war immer heftiger geworden.
Kain machte eine Handbewegung. Sattler fischte zwei Säckchen unter dem Rollstuhl des Oberbosses heraus. Er warf mir eins zu und reichte das größte Morpheus. Vermutlich waren da Morpheus’ zweitausend Silberlinge drin. »Wie ich höre, sieht man dich nicht mehr bei den Wasserspinnenrennen«, meinte Sattler.
Ein Gauner kam rein und flüsterte Beutler etwas zu. Er sah ziemlich aufgeregt aus. »Ich tue mein Bestes«, antwortete Morpheus Sattler.
Sattler sah auf den Sack. Er war sicher, daß Ahrm der Versuchung jetzt nicht mehr widerstehen konnte und glaubte, daß das Geld wieder heim zu Herrchen finden würde.
»Sattler, draußen gibt es Probleme.« Beutler ging raus, und alle anderen, außer Kain und seinem Leibwächter, taperten hinterher.
»Ich bleibe in Verbindung, Mr. Garrett«, sagte Kain. »Benachrichtigen Sie mich, wenn Sie die Frau gefunden haben. Beutler wird Sie nach Hause bringen, wenn er mit dieser Sache fertiggeworden ist, die sich da draußen zusammenbraut.«
Das war eine Verabschiedung. Ich nickte und wandte mich ab.
Er setzte sehr viel Vertrauen in Sattler und Beutler. Allerdings war diese Zuversicht eine der Eigenschaften gewesen, die ihn auf den Gipfel der Unterwelt von TunFaire gebracht hatte.
Morpheus bewegte sich nicht. Anscheinend hatte er ein Zeichen bekommen, daß Kain unter vier Augen mit ihm reden wollte.
Verwirrt ging ich zum Eingang. Ich hatte gerade einen Pakt mit dem Mann geschlossen, der mir von allen Menschen auf der Welt am verhaßtesten war.
Hoffentlich bereute ich es nicht irgendwann.
29. Kapitel
Vor Kains Palast erwartete mich das Unheimlichste, was ich je gesehen hatte.
Beutler, Sattler, ein Dutzend Schläger und eine ganze Herde Donnerechsen hatten sich draußen versammelt. Und alle starrten in den Himmel.
Der Orkan, der diesen Riesenzauber veranstaltete, bedeckte nur ein kleines Fleckchen Himmel. Und er kam direkt auf Kains Bude zu. Ich hatte noch nie einen Sturm so dicht am Boden gesehen.
In den Gewitterwolken hüpften Lichter auf und ab. Drei sahen wächsern aus, wie Kerzen, das vierte glühte bösartig rot. Die Wolke kam über uns zum Stehen, und die gelblichen Lichter
Weitere Kostenlose Bücher