Tempelhyänen
wegzukommen, wie es mich drängte, ihn loszuwerden. Das Bier schwächte meine Konzentration und machte mich müde. »Viel Glück, Mr. Garrett. Und danke für den Brandy. Er war großartig, auch wenn ich ihn wie einen drittklassigen Fusel hinuntergestürzt habe.«
Ich brachte ihn hinaus, verschloß die Tür und lief zurück ins Arbeitszimmer. Wieviel Taler konnte man in einem Beutel unterbringen, der ein bißchen größer als meine geballte Faust war?
Morpheus tauchte ungebetenerweise auf, als ich gerade angefangen hatte zu zählen. »Was für eine merkwürdige Type war das denn, Garrett?«
»Ein Klient, der lieber ungenannt bleibt.«
Das paßte ihm gar nicht. Wie alle anderen fand auch er, daß ich bei ihm eine Ausnahme machen und seiner Diskretion trauen sollte.
»Ich will nicht unhöflich sein, Morpheus. Aber ich habe in letzter Zeit nicht viel geschlafen.«
»Ich habe schon verstanden, Garrett. Ich will nur dem alten Dean noch Tschüß sagen.«
»Mach nur.«
Als ich eine Minute später meine Silberlinge zum Toten-Mann-Tresor trug, hörte ich, wie Morpheus Dean Ratschläge zu einem Diätplan gab. Für mich! Angeblich wäre ich dann nicht mehr so erschöpft und gereizt.
Der gute alte Morpheus. Da kümmert er sich doch glatt um mein Wohlergehen – und zwar hinter meinem Rücken. Sollte Dean sich jetzt auch noch zum Hirsehahn entwickeln, würde ich beiden Hähnen den Hals umdrehen.
28. Kapitel
Ich schloß die Tür hinter Ahrm, schob die Riegel vor, lehnte mich gegen die Fassung und seufzte. Ab in die Kiste und zurück zu den Träumen von blonden Honigtöpfchen. Ich würde mir eine Weile die Zeit mit ihnen vertreiben. Es war unnötig, sich übermäßig zu beeilen.
Dann fiel mir ein, daß ich ja immer noch nicht mit Tinnie Frieden geschlossen hatte. Je länger ich es aufschob, desto schwieriger würde es werden. Und ich mußte wirklich Maya finden und mich bei ihr entschuldigen.
Der Tag hat nun mal nur vierundzwanzig Stunden.
Es war so leise draußen, daß ich das hohle, schallende Geklapper der Pferdehufe hören konnte, das sich näherte, genauso wie das metallene Scheppern der mit Eisen beschlagenen Räder auf dem Kopfsteinpflaster. Ich lauschte. Nach Einbruch der Dunkelheit herrscht hier nicht mehr viel Kutschverkehr. Wer um diese Zeit herumkutschierte, warb nur dafür, daß er ein lohnendes Objekt für einen Überfall war.
Das Geräusch erstarb.
Scheiße. Es gab keinen ersichtlichen Grund dafür, warum die Kutsche ausgerechnet vor meiner Hütte anhalten sollte.
Ich ging in die Küche, um nachzusehen, ob Dean Hilfe gebrauchen konnte. Vielleicht bin ich ja ein bißchen neurotisch und spürte, daß es sinnlos war, nach oben zu gehen.
Jemand klopfte gegen die Tür. Es war ein entschlossenes Klopfen, als wollte derjenige auf keinen Fall weggehen.
Ich seufzte und ging hin, um nachzusehen, wer da war.
Es war Beutler, der Mann vom Oberboß. Er sah noch häßlicher und gemeiner aus, weil er versuchte, freundlich und höflich rüberzukommen. »Kain sagt, er würde es als großen Gefallen betrachten, wenn du sofort zu ihm nach Hause kämst, Garrett. Wir sollen dir in seinem Namen versichern, daß es wichtig ist und daß du für deine Mühe entschädigt wirst.«
Jeder bot mir irgendwelche Entschädigungen an, ohne daß ich die geringste Ahnung hatte, was eigentlich los war. Wenn die Schwierigkeiten sich nicht bald klärten, würde ich ein reicher Mann sein.
Und der Tote Mann glaubt tatsächlich, ich käme ohne ihn nicht klar.
Ich schickte Beutler nicht weg. Früher oder später würde ich sicher mit seinem Boß aneinandergeraten, aber dann würde es um was Wichtigeres gehen als meinen Schlafmangel.
»Ich ziehe mich eben zu Ende an«, sagte ich. Beutler war mir unheimlich. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so bedrohlich wirkte wie er, abgesehen von seinem siamesischen Zwilling Sattler, dessen Seele aus demselben trüben Mulch kommt.
Fünf Minuten später kletterte ich in Kain Kontamins private Kutsche. Kain saß nicht drin. Aber Morpheus Ahrm. Ich war nicht überrascht. Er sah genauso genervt aus, wie ich mich fühlte.
Viel wurde während des Ausflugs nicht geplaudert. Beutler ist kein Showmann. Er ist ein echter Partykiller.
Kains Besitz liegt ein paar Meilen nördlich von TunFaires nördlichstem Stadttor, in einem Herrenhaus, das einem Herzog alle Ehre machen würde. Der Park, in dem es liegt, ist ausgedehnt und exquisit gepflegt. Den ganzen Besitz umgibt eine Mauer, die
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