Tempus (German Edition)
recht hatte, gleich eine Woche. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Wie es wohl meinen Eltern ging? Ob Erik noch in Rom war und nach mir suchte? Mehrmals hatte ich darüber nachgedacht zu fliehen. Doch die Gefahr, dass mich Kleon dabei erwischte, erschien mir zu groß. Außerdem war ich mir nicht sicher, ob ich die richtige Stelle, den richtigen Baum für die Rückkehr in die Gegenwart, finden würde. Und dann war da noch Marcius. Ich konnte ihn nicht einfach so zurücklassen. Oder doch? Eine Libelle schwirrte dicht an meinem Kopf vorüber.
»Elina, hörst du mir überhaupt zu? Ich habe dich etwas gefragt«, beschwerte sich Filippa.
»Entschuldige, was wolltest du wissen?« Ich beobachtete einen Salamander, der blitzschnell über die Steine huschte und sich unter einem der Zierbüsche verkroch.
»Ich habe gefragt, ob dir bewusst ist, dass im Haus ständig über dich gesprochen wird?« Filippa betonte jedes Wort übermäßig.
»Nein. Was sagen sie denn?«, antwortete ich zerstreut. Ich suchte mit den Augen den Salamander unter dem Busch, konnte ihn aber nirgends entdecken. Nur ein paar Blätter bewegten sich leicht.
»Sie rätseln, wer du bist. Einige meinen, du seiest eine Göttin.«
»Eine Göttin?! Ich?? Ich bin doch keine Göttin! Ich bin ein Mensch wie du«, lachte ich.
»Aber du bist so anders. Du trägst seltsame Kleidung und besitzt Dinge, die wir nicht kennen«, beharrte Filippa.
»Mein Land liegt eben sehr weit von eurem entfernt. Bei uns ist alles etwas anders.« Eine bessere Erklärung fiel mir nicht ein.
»Ist deine Familie reich?«
»Nein, warum?«
»Weil du einen goldenen Ring trägst.«
»Ach, den. Den habe ich vergangenes Jahr von meinen Eltern zum Geburtstag bekommen.« Gedankenverloren drehte ich an dem Ring mit meinen Initialen.
»Wenn dir deine Eltern einen goldenen Ring schenken, müssen sie reich sein.« Filippa konnte fast so hartnäckig sein wie Hedda.
»Na ja, es geht uns recht gut. Aber richtig reich sind wir nicht.«
»Habt ihr Sklaven?«
Die Frage traf mich unerwartet. »Nein, wir haben keine Sklaven«, erwiderte ich und überlegte, ob ich hinzufügen sollte, dass Sklaven bei uns schon lange verboten waren. Aber das ließ ich lieber bleiben.
»Du hast ein Geheimnis vor mir, nicht wahr? Mir könntest du doch wenigstens sagen, wer du wirklich bist.« Filippa klang eher traurig als vorwurfsvoll.
»Du hast auch ein Geheimnis vor mir«, sagte ich schnell, um sie von dem Thema abzulenken.
»Worauf spielst du an?«
»Du hast mir immer noch nicht erzählt, wobei Marcius verwundet wurde.«
»Das weiß ich auch nicht so genau. Gut möglich, dass er in die Hände von bewaffneten Schlägertrupps geraten ist, die nachts Roms Straßen unsicher machen. Wir leben in gefährlichen Zeiten. Kleon meint, uns drohe ein Bürgerkrieg.«
»Ein Bürgerkrieg? – Der mit Cäsar?«, rutschte es mir heraus.
»Du kennst Cäsar?!« Filippa rückte auf der Bank ein Stück von mir weg und beäugte mich misstrauisch.
»Ich habe nur von ihm gehört.«
»Und was hast du von ihm gehört?«
Angestrengt starrte ich auf meine Fußspitzen. Ich musste jetzt genau aufpassen, was ich sagte, damit ich mich nicht verriet. »Nichts Besonderes. Nur dass er eine der verfeindeten Parteien anführt. Mehr nicht«, stotterte ich.
Sie nickte. »Ja, das stimmt. Er ist mit seinen Legionen in Gallien, und dennoch reicht sein Arm bis nach Rom.«
»Er will wieder Konsul werden?«, fragte ich und versuchte, mich daran zu erinnern, was ich über den Bürgerkrieg zu Hause gelesen hatte.
»Das ist das, was ich gehört habe«, erwiderte Filippa langsam, »aber einige Senatoren wollen es verhindern. Mithilfe von Pompeius. Hast du von ihm ebenfalls gehört?«
»Er war – ich meine, er ist ein großer Feldherr, oder?«
»Ja, das ist er. Wenigstens sagen das alle. Ich verstehe nicht so viel davon.«
Ich wartete darauf, dass Filippa mir noch mehr über die Situation in Rom erzählen würde. Als sie keine Anstalten machte, fragte ich so beiläufig wie möglich: »Sind Lucius und Marcius eigentlich für oder gegen Cäsar?«
Filippa schüttelte den Kopf, ohne mich dabei anzusehen. »Ich darf nicht darüber sprechen. Kleon bestraft mich sonst. Und du solltest dich lieber nicht mit solchen Fragen beschäftigen. Das ist gefährlich.« In ihrer Stimme schwang ein leiser Tadel mit.
Ich erhob mich mit dem unguten Gefühl, zu neugierig gewesen zu sein. »Ich werde dann mal nach Marcius sehen«, murmelte ich.
»Ja, mach das. Ich muss
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