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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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dann auch endlich, warum es gerade so ist, wie es ist«, bemerkte ich spitz. Marcius sah mich irritiert an. Ich ließ mich davon nicht beirren und entfernte die restlichen Fäden.
    »Danke«, presste er zwischen den Zähnen hervor und zog das Bein weg, als ich fertig war.
    »Ich wollte eigentlich noch dies draufkleben.« Ich hielt ihm ein großes Pflaster unter die Nase, obwohl ich ahnte, dass ich ihn damit erneut misstrauisch machen würde.
    »Was ist das?«, fragte er prompt.
    »Etwas, um die Wunde abzudecken. Damit kein Schmutz hineingelangt.«
    »Du hast viele Geheimnisse, Elina. Du sagst, du kommst aus dem Norden. Du siehst auch so aus. Andererseits hast du einen, wie du es zu nennen beliebst, Freund in Afrika. Du behauptest außerdem, für vieles zu jung zu sein. Gleichwohl kannst und weißt du Dinge, die für uns völlig neu sind. Du besitzt seltsame Instrumente und Sachen, die wir noch nie gesehen haben. Meinst du nicht, du bist mir eine Erklärung schuldig?«
    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Also zuckte ich nur hilflos mit den Schultern und presste die Lippen zusammen, damit ich nicht wieder etwas Unüberlegtes sagte.
    Marcius rückte von mir ab. »Du kannst jetzt gehen. Das da brauche ich nicht.« Er zeigte auf das Pflaster.
    »Wie du meinst.« Ich packte meine Sachen zusammen und wandte mich mit dem unguten Gefühl ab, ihn enttäuscht zu haben.
    »Elina!« Seine Stimme klang heiser. Ich drehte mich um und sah direkt in seine Steppenaugen. Sie hatten einen eigentümlichen Glanz.
    »Liebst du ihn noch?« Er stieß die Frage förmlich hervor.
    »Wen? – Harry?« Ich blieb wie angewurzelt stehen. »Ich, ich weiß es nicht. Ich habe darüber noch nicht nachgedacht«, stotterte ich.
    Über Marcius’ Gesicht wanderte ein Schatten. »Geh jetzt«, sagte er in einem Ton, den ich nicht deuten konnte.

Kleons System

    Gedankenverloren streifte ich durch den Säulengang, der um den größeren der beiden gartenähnlichen Innenhöfe führte. Niemand außer mir war hier. Ich seufzte laut. Ich musste an Marcius’ Augen denken, die fast schon einen fiebrigen Glanz gehabt hatten, als er mich gefragt hatte, ob ich Harry noch liebte. Und ich musste daran denken, dass er mir niemals trauen würde. Selbst wenn ich ihm die Wahrheit sagte. Mein Leben war seit einem Jahr eine einzige Katastrophe. Warum musste das ausgerechnet alles mir passieren? Wieso ich? Was hatte ich getan, dass die ganze Welt gegen mich war?
    »Hier steckst du also. Ich habe gehört, du bist mit dem Fädenziehen fertig. Das ist gut, ich brauche unbedingt deine Hilfe.« Filippa hatte sich mir leise von hinten genähert.
    Ich fuhr zu ihr herum. »Ja, ich bin fertig, und ...«, ich überlegte, was sauer auf Lateinisch hieß. Da mir nichts Besseres einfiel, sagte ich: »Und ich bin sehr verärgert über dich.«
    »Elina, ich habe jetzt keine Zeit ...«
    »Das glaube ich dir aufs Wort. Es macht bestimmt viel Arbeit, alles auszuplaudern, was ich dir anvertraue«, unterbrach ich sie bissig.
    Filippa wurde rot. Es dauerte eine Minute, bis sie sich gefangen hatte. »Wie kommst du darauf?«
    »Marcius hat mich nach Harry gefragt. Er schien gut informiert zu sein.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Elina, du verstehst das nicht. Kleon zwingt mich, alles zu erzählen, was im Haus vor sich geht. Es tut mir leid. Aber ich muss gehorchen.«
    »Musst du gar nicht. Du könntest ihm einfach irgendwas sagen. Wie will er das überprüfen?«, widersprach ich.
    »Du hast keine Ahnung.« Sie knetete ihre Finger. »Er befragt jeden Sklaven im Haus. Wenn ihm nur einer etwas verrät, was ich ihm nicht erzählt habe, forscht er nach. Und wenn er herausfindet, dass ich ihm bewusst etwas verschwiegen habe, droht mir eine Strafe.«
    Ich merkte, wie mein Ärger verflog und sich Mitleid in mir regte. Immer vergaß ich, dass Filippa eine Sklavin war und tun musste, was man ihr befahl. An ihrer Stelle hätte ich vermutlich auch nicht gewagt, mich zu widersetzen. Meine Heldennatur hielt sich meistens ziemlich in Grenzen.
    »Ist schon gut. Ich bin dir nicht mehr böse«, sagte ich.
    »Wirklich nicht?«
    »Wirklich nicht!«
    »Kommst du mit und hilfst mir bei den Vorbereitungen?«
    »Natürlich!«
    Gemeinsam begaben wir uns in den Westflügel des Hauses, wo sich die Küche befand. Dort roch es nach Braten, Minze, Honig und heiler Welt. Während ich Teller, Becher und Silber aus einem Regal nahm und polierte, wusch Lea, die Köchin, das Obst, das wir vormittags

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