Tempus (German Edition)
auf dem Markt gekauft hatten. Zum Trocknen legte sie es auf weiße Tücher auf einen Tisch. Von dort nahm sich Filippa die Weintrauben, Feigen, Datteln und Quitten und ordnete sie dekorativ auf zwei großen silbernen Schalen an.
»Sieht hübsch aus«, lobte ich sie.
Filippa trat ein paar Schritte zurück und betrachtete kritisch ihr Werk. »Ja, ich denke, so kann es bleiben.« Sie nickte zufrieden, um in letzter Sekunde zwei Quitten weiter in die Mitte des Tellers zu legen. »So, jetzt müssen wir uns aber endlich ums Esszimmer kümmern.« Sie rückte ein letztes Mal die Quitten zurecht. Für meine Begriffe lagen sie nun wieder an ihrem ursprünglichen Platz. Das sagte ich aber nicht, sondern lief mit ihr in den nahe gelegenen Esssaal. Mehrere Sklaven waren dort damit beschäftigt, drei mit elfenbeinfarbenem Stoff bespannte Sofas in Hufeisenform um einen niedrigen Tisch zu stellen.
»Dieses Sofa steht nicht richtig. Es muss mehr nach rechts«, befahl die sonst so ruhige Filippa hektisch. Ich hielt mich aus der Diskussion heraus, die daraufhin entbrannte, und fing an, den Tisch zu decken.
»Wie weit seid ihr? Ist alles fertig vorbereitet?« Kleon hatte den Raum betreten und sah sich prüfend um.
»Ja, fast. Ich wollte nur noch Blumen auf den Tisch stellen«, antwortete Filippa.
»Sehr schön. Danach geht euch waschen und umziehen. Der Senator wird in etwa einer Stunde eintreffen. Ich erwarte, dass ihr besonders höflich und zuvorkommend zu ihm seid.«
»Elina wird auch dabei sein?« Filippas Frage hörte sich mehr wie eine Feststellung an.
»Lucius und der junge Herr wünschen es so.« Kleon kam auf mich zu und sagte: »Du wirst auf einem Stuhl neben den Sofas Platz nehmen.«
»Warum? Ich meine, welche Aufgabe habe ich?« Zum wiederholten Mal an diesem Tag fühlte ich mich überrumpelt.
»Keine, du speist mit. Mehr nicht.«
Unter Beobachtung
Hast du eine Ahnung, was das zu bedeuten hat?«, fragte ich Filippa, die mir in einem bemerkenswerten Tempo die Haare frisierte.
»Sieh nur, Kleon hat mir kürzlich diese Bänder geschenkt. Die werde ich dir ins Haar flechten. Sie passen perfekt zu deiner Tunika, findest du nicht?« Filippa wedelte vor meinen Augen mit zwei schmalen blauen Bändern herum, die mit goldgelben Fäden durchwirkt waren.
»Ja, hübsch. Aber ich habe dich etwas gefragt. Und im Übrigen ist das nicht meine Tunika, sondern deine«, erwiderte ich.
»Nein, es ist deine. Ich habe sie dir geschenkt. Warum bist du so gereizt?«
»Bin ich nicht«, verteidigte ich mich. »Ich wüsste nur gern, warum ich heute Abend mit am Tisch sitzen und essen soll.«
»Weil du Gast des Hauses bist«, entgegnete Filippa.
»Stört dich das nicht?«
»Was?«
»Ich sitze mit am Tisch und du …«, ich sprach nicht zu Ende. Eigentlich hatte ich sagen wollen und du nicht . Aber das kam mir taktlos vor.
Filippa hatte auch so verstanden, was ich meinte. »Warum sollte es mir etwas ausmachen?!« Sie schürzte gleichmütig die Lippen und befestigte eine letzte Locke an meinem Hinterkopf. Fast gleichzeitig ertönte Stimmengewirr. Ich hörte ein Pferd wiehern. Von allen Seiten des Hauses kamen Menschen herbeigelaufen. Stoff raschelte über die Marmorfliesen, jemand klatschte in die Hände.
»Schnell, beeile dich, Senator Gaius Quintus ist da. Wir müssen runter in die Halle«, befahl Filippa. Ich strich meine Tunika glatt, band mir einen Ledergürtel um die Taille und lief mit ihr zur Haustür. Wir kamen gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich ein dicker Mann aus einer Sänfte quälte. Obwohl er keinen Schritt zu Fuß gegangen, sondern die ganze Zeit getragen worden war, standen ihm Schweißtropfen auf der kahlen Stirn. In seinem Gefolge befanden sich neben fünf Sklaven auch drei Reiter.
Senator Gaius Quintus ordnete seine Toga, die ihm beim Aussteigen von der Schulter gerutscht war und sagte mit unangenehm quiekiger Stimme: »Sei gegrüßt, Lucius!«
»Ave, Quintus! Ich schätze mich überaus glücklich, dich in meinem bescheidenen Haus begrüßen zu dürfen«, erwiderte Lucius. Seine Höflichkeit war derart frostig, dass ich mir sicher war, dass er seinen Besucher nicht mochte. »Darf ich dich mit meinem Sohn Marcius und Verus, einem Freund des Hauses, bekannt machen?«
Mit halb geschlossenen Augenlidern nickte Quintus gelangweilt Marcius und Verus zu. Als sein Blick auf mich fiel, kam Leben in ihn. »Ich wusste gar nicht, dass du so eine hübsche Tochter hast. Die wichtigen Dinge enthältst du mir immer
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