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Tender Bar

Tender Bar

Titel: Tender Bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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Karobuben fünfzig Meter hinterher jagte und ihn schnappte, bevor er ins Meer fiel.
     
     
     
13 | PAT
     
     
    An einem ungewöhnlich kühlen Julitag wachte ich auf und der Himmel war dunkel. Kein Gilgo. Ich lag auf dem zweihundertjährigen Sofa und schlug die Minuten-Biografien auf. Als Onkel Charlie allerdings aufstand, sagte er, ich solle mich anziehen. »Gilgo?«, fragte ich.
    »Falsch. Mets, Phillies. Zwei Spiele.«
    Ich war befördert worden.
    Ins Shea Stadium zu gehen war eigentlich schon ziemlich aufregend, doch Onkel Charlie erlaubte mir auch noch, einen seiner Hüte aufzusetzen. Ich wählte ein hellgrünes Teil mit einem karierten Hutband aus, stellte mich vor den Spiegel, bewunderte mich und zog die Krempe hin und her, bis Onkel Charlie sagte, ich solle mich beeilen.
    Zuerst holten wir Joey D ab. Er beglückwünschte mich zu meinem neuen »chapeau«. Dann holten wir einen Schrank von Kerl namens Tommy ab. Er war so kräftig wie Joey D und sah zwar weniger wie ein Muppet aus, aber seine Gesichtszüge schienen genauso planlos und provisorisch angeordnet. Sein Gesicht war massiger und lebhafter als Joey Us, und wenn Tommy die Stirn runzelte, was alle zwei Minuten der Fall war, klappte sein Kiefer nach unten und alles andere ebenfalls – Nase, Mund, Augen und Wangen sackten Richtung Kinn, als würden sie in einen Abfluss gesogen. Tommy beglückwünschte mich ebenfalls zu meinem Hut und sagte dann stirnrunzelnd, bei ihm gäbe es auch was Neues. Er habe einen neuen Job, sagte er.
    »Tommy arbeitet seit kurzem im Shea«, erklärte Onkel Charlie und sah mich im Rückspiegel an. »Chef des Wachpersonals. Schmeißt den Laden. Deshalb der heutige Ausflug. Tommy schleust uns umsonst rein.«
    Am Manhasset Deli hielten wir an, um Eistee und Zigaretten zu kaufen. Aber dann ging es nicht weiter zur Schnellstraße, sondern wir fuhren zurück zum Dickens.
    »Wer kommt noch mit?«, fragte ich, während wir uns alle auf Barhocker an die Theke setzten.
    Onkel Charlie blickte zur Seite. »Pat.«
    »Kenn ich den?«
    »Sie«, korrigierte Onkel Charlie.
    »Pat ist die Freundin deines Onkels«, flüsterte Tommy.
    Wir saßen in der Bar herum und warteten auf diese Pat. Mich störte es, dass eine Frau zu der Gruppe stieß, und dass sie zu spät kam, passte mir schon gar nicht. Schließlich rauschte sie herein, als hätte eine Windbö die Tür geöffnet und sie in ihrem Sog mitgerissen. Sie hatte rotbraunes Haar, hellgrüne Augen und Sommersprossen, die aussahen, als klebten winzige feuchte Blätter auf ihrem Nasenrücken. Sie war genauso schlaksig wie Onkel Charlie, ein Flamingoweibchen, nur noch nervöser. »Tag, die Herren!«, rief sie und knallte ihre Handtasche auf die Theke.
    »Hey, Pat!«
    »Entschuldigt die Verspätung. Der Verkehr war die Hölle.« Sie zündete sich eine Zigarette an und musterte mich von oben bis unten. »Du bist wahrscheinlich JR.«
    »Ja, Ma’am.« Ich hüpfte vom Hocker, nahm den Hut ab und schüttelte ihr die Hand.
    »Meine Güte! Ein echter Gentleman. Was machst du bei diesen Mistkerlen?« Sie sagte, sie wünschte nur, ihr Sohn, der in meinem Alter war, hätte auch so gute Manieren. »Du bist bestimmt der Liebling deiner Mutter.«
    In nur zehn Sekunden hatte sie den direkten Weg in mein Herz gefunden.
    Im Shea saßen wir drei Reihen hinter der Home Plate. Onkel Charlie und die Männer machten sich breit, streckten die Beine aus und freundeten sich mit jedem in der Umgebung an. Onkel Charlie sagte, wenn ich zur Toilette müsse, könne ich jederzeit gehen, »aber merk dir, wo wir sitzen und bleib nicht zu lange weg.« Dann entdeckte er den Biermann und winkte ihn zu sich. »Merken Sie sich, wo wir sitzen«, sagte er zu dem Biermann, »und bleiben Sie nicht zu lange weg.«
    »Wen favorisierst du heute?«, fragte Joey D Onkel Charlie.
    »Bin gespalten. Mein Verstand sagt mir die Mets, mein Portmonee sagt, die Philadelphia Brotherly Lovers. Wen favorisierst du, JR?«
    »Ähm. Die Mets?«
    Onkel Charlie spitzte die Lippen und sah mich an, als hätte ich gerade etwas sehr Vernünftiges gesagt. Als er losging, um seine Wette telefonisch durchzugeben, drehte Pat sich auf ihrem Sitz zu mir um. »Und wie geht’s deiner Mom?«, fragte sie.
    »Gut.«
    »Sie ist in New Mexico, oder?«
    »Arizona.«
    »Bestimmt ist sie sehr einsam ohne dich.«
    »0 Gott, hoffentlich nicht.«
    »Glaub mir. Ich bin eine alleinerziehende Mutter. Sie ist traurig.«
    »Wirklich?«
    »Du hast keine Geschwister, oder?«
    Ich

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